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Zarina Schloh (links) ist im Vorstand des Vereins von Copernicus. Hier ist sie mit der Stipendiatin Masha auf dem Isemarkt unterwegs. Foto: Rainer Wiemers
Zarina Schloh (links) ist im Vorstand des Vereins von Copernicus. Hier ist sie mit der Stipendiatin Masha auf dem Isemarkt unterwegs. Foto: Rainer Wiemers
Magazin #41

Ohne Grenzen

Minsk oder Marseille – was liegt näher an Hamburg? Geografisch herrscht Gleichstand. Gefühlsmäßig sieht es oft anders aus. Noch immer. Ein Eimsbütteler Verein will das seit über 30 Jahren ändern – und sucht dafür Unterstützerinnen und Unterstützer.

Von Julia Haas

Als im Dezember 1991 die Sowjetunion zerbrach und der Eiserne Vorhang fiel, lag Aufbruch in der Luft. Auch in Hamburg. Hier schlossen sich einige Studierende zusammen, um die alten Grenzen zwischen Ost und West endgültig zu überwinden. Sie gründeten einen Verein, der jungen Menschen aus Osteuropa die Möglichkeit geben sollte, nach Hamburg zu kommen – zum Lernen, zum Austausch, zum gegenseitigen Verstehen.

Die Idee von Copernicus

Über drei Jahrzehnte später gibt es das Stipendien­programm von Copernicus noch immer. Doch während es mithilfe von Stiftungen und Spenden weiter Brücken baut, scheint sich der Vorhang, den einst so viele überwunden glaubten, langsam wieder zu schließen.

In den 90er Jahren ermöglichte der Verein bis zu 20 Studierenden pro Semester einen Aufenthalt in Hamburg – heute sind es durchschnittlich drei. „Früher gab es viele Hamburgerinnen und Hamburger, die Gaststudierende aufnahmen“, sagt Zarina Schloh. Sie kam vor einigen Jahren selbst als Copernicus-Stipendiatin nach Hamburg – heute lebt sie im Grindel und leitet den Verein. „Man wollte sich kennenlernen“, ergänzt sie. Heute sei diese Aufbruchsstimmung vielerorts verflogen. Was den Verein besonders hemmt, ist der Mangel an Gastfamilien.

Zu viel Betreuung? Zu große Sprachbarrieren?

Es war der Herbst 2013, als Schloh in Kasachstan in den Flieger Richtung Hamburg stieg. Nach ihrer Ankunft warteten kein leeres Zimmer und kein anonymer Schlüsselbund, sondern ein gedeckter Kaffeetisch und zwei neugierige Gesichter. „Meine Mutter machte sich Sorgen, weil ich mich nach der Ankunft nicht meldete“, erzählt Schloh. Sie habe sich beim Kaffee mit ihren Gasteltern verquatscht. Die Fremde war ihr sofort vertraut, weil da Menschen waren, die sich interessierten.

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Heute sei es schwer, neue Gastfamilien zu finden. Manche fürchten, die Betreuung sei zu aufwendig oder die Sprachbarriere zu groß. Schloh sagt, der Verein wähle die Stipendiaten sorgfältig aus: Alle haben fortgeschrittene Deutschkenntnisse, engagieren sich in ihrer Heimat ehrenamtlich und bringen Offenheit und Eigenständigkeit mit. Das Programm richtet sich an Studierende aus Ost-, Mittel- und Südosteuropa, Zentralasien sowie Nordafrika, die sich einen Auslandsaufenthalt sonst nicht leisten könnten.

„Verzettel dich nicht”

Alles, was es als Gastfamilie brauche, sei ein freies Zimmer – und die Offenheit, einen neuen Menschen kennenzulernen. „Ich hatte damals viele Fragen, aber auch jeden Tag neue Geschichten zu erzählen“, erinnert sich Schloh. Ihre Gasteltern – deren eigene Kinder schon ausgezogen waren – hörten zu.

Bis heute zehrt Schloh von den Erfahrungen mit ihrer Gastfamilie. Damals, ganz am Anfang, wollte Schloh am liebsten alles auf einmal machen. Ihre Gastmutter sagte zu ihr: „Verzettel dich nicht.” Ein Satz, den sie zunächst nicht verstand, der sie aber bis heute begleitet. Wenn alles zu viel wird, ist da die Stimme im Ohr.

Über zehn Jahre später steht Schloh noch immer in Kontakt mit ihrem Gastvater – ihre Gastmutter ist inzwischen verstorben. Sie sagt: „Ich habe zwei Familien.” Eine in Kasachstan und eine in Hamburg.

Für das Wintersemester 2025/26 ist Masha (rechts) mit einem Copernicus-Stipendium nach Hamburg gekommen. Im Herbst erkundete sie mit ihrer Gastmutter Maria Hemmersmeier (links) den Isemarkt. Foto: Rainer Wiemers

Maria Hemmersmeier und ihr Mann Rainer Wiemers sind bereits zum vierten Mal als Copernicus-Gasteltern dabei – Erfahrungen, die sie nicht missen wollen: „Unsere Gaststudentinnen und -studenten bereichern unser Leben. Wir lernen fremde Kulturen und Lebensweisen kennen. Die jungen Menschen haben viele Ideen, Neugierde und Lebenslust – es macht Freude, mit ihnen auf Zeit zusammenzuleben.“

Neben Masha ist auch Shakhzoda (rechts) Copernicus-Stipendiatin. Foto: Rainer Wiemers

Bisher hat Copernicus über 400 Studierenden einen Auslandsaufenthalt in Hamburg ermöglicht. Weitere sollen folgen. Mehr Informationen für potenzielle Gasteltern gibt es online oder telefonisch unter 0176 24762693.


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