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Jens Wawrczeck, Die drei Fragezeichen
Jens Wawrczeck vor dem Funk-Eck an der Rothenbaumchaussee. Foto: Fabian Hennig
Magazin #12

Zwischen Hitchcock und den drei Fragezeichen

Viele kennen Jens Wawrczeck aus der Hörspielserie “Die drei ???”, bei der er den zweiten Detektiv „Peter Shaw“ spricht. Dass er viel mehr Talente besitzt, wissen die wenigsten. Ein Grund, das aufzuklären.

Von Fabian Hennig

Herr Wawrczeck, erzählen Sie doch mal von Ihrer Veranstaltungsreihe in den Kammerspielen und dem Abaton-Kino.
Mit der Veranstaltung „Hitch und ich“ liefere ich eine Hommage an Hitchcock. Man könnte nun denken, dass ich die Drehbücher lesen würde oder den Film erzähle. Ich gehe aber zurück auf die literarische Vorlage, ich spiele sozusagen das Buch. Dazu wird sorgfältig bis auf eine Ausnahme die Originalmusik eingebaut. Es findet eine Komposition aus Sprache und Musik statt.

Und wie reagiert das Publikum auf solch eine szenische Lesung?
Zu 95 Prozent sagen die Zuschauer, dass sie den Film vor sich sehen. Selbst wenn sie ihn nicht kennen. Vorher wissen viele gar nicht, was sie erwartet. Das freut mich total, weil ich sie in einen Kosmos ziehen kann, den sie vorher nicht erwartet haben.

Wie bereitet man sich auf die Lesung vor?
Ich möchte den Leuten keine Häppchen präsentieren, es soll eine komplett abgeschlossene Geschichte erzählt werden. Die Bühnenfassung ist somit das Kondensat des Buches. „Marnie“ zum Beispiel dauert als Hörbuch-Fassung 13 Stunden. Eine Kollegin hat daraus eine eineinhalb Stunden lange Fassung gemacht. Man muss sich gut überlegen, was schmeißt man raus und was lässt man drin. Sehr vieles kann erzählt werden, indem man es nicht erzählt. Auf der Bühne sind einige Erklärungen gar nicht notwendig. Entweder durch Musik, Ortswechsel oder Stimmungswechsel. Und natürlich die Darstellung auf der Bühne.

Wie hat sich die Reihe entwickelt?
Im Laufe der Zeit bin ich viel mutiger geworden und vertraue meiner Einschätzung, was möglich und unmöglich ist. Für mich ist das ein ganz großes Geschenk, weil ich viel gelernt habe. Außerdem singe ich bei jeder Vorstellung am Ende einen Bonussong aus einem Hitchcock-Film. Mein nächstes großes Projekt ist auch ein Musik-Album, „Lost in Filmsongs“, auf dem ich Filmsongs singe, die zwischen 1949 und 1976 komponiert wurden. Damit möchte ich nächstes Jahr auf Tour gehen.

Sie haben wirklich viel gemacht, aber wenig gesungen bislang.
Obwohl mir das immer am allerwichtigsten war, habe ich das lange versteckt – auch weil es am persönlichsten ist. Ich musste so alt werden, um den Mut zu finden, das zu präsentieren. Vielleicht hält man Persönliches auch lange zurück. Eigentlich bin ich ein schüchterner Mensch. Mittlerweile habe ich nicht mehr so viel Angst, etwas falsch zu machen. Umso besser bereite ich mich aber vor, ich bin ein sehr sorgfältiger Mensch. Auf der Bühne möchte ich mich voll auf den Moment einlassen und ihn nicht mathematisch kalkulieren, sondern eher intuitiv.

Noch mal zurück zur Veranstaltung, wie stehen die Bücher den Filmen gegenüber?
Die literarischen Vorlagen unterscheiden sich sehr oft vom Film. Zum Beispiel der Film „Spellbound“, zu Deutsch „Ich kämpfe um dich“, mit Ingrid Bergmann und Gregory Peck. Das Einzige, was Film und Buch miteinander vereint, ist der Ort, an dem es spielt. Das ist das Spannende für die Zuschauer, die den Film und das Buch kennen und entdecken, was Hitchcock aus der Vorlage gemacht hat. Da fühle ich mich wie ein literarisches Trüffelschwein, für mich ist es spannend, immer neue Vorlagen zu entdecken. Teilweise ist das wirklich sehr abenteuerlich, wenn ich mich durch Antiquariate suche.

Was ist besser, Buch oder Film?
Die beiden können nebeneinander gut bestehen. Die Literaten sind teilweise auf dem gleichen Niveau, dann nur eben anders. Es ist nicht so, dass man den Roman liest und die ganze Zeit darauf schaut, was Hitchcock daraus gemacht hat. Die Interpretation mit dem Film zu vergleichen, finde ich spannend.

Würden Sie gerne selbst einen Film drehen?
Ja, mein Interesse ist da. Aber ich habe einen Höllenrespekt davor. Was meine musikalischen Projekte angeht, würde ich gerne Videoclips drehen, die eine ähnliche Form haben. Generell hat man aber ein Problem, wenn man seine Götter hat. Es ist natürlich schwierig, wenn der Eindruck entsteht, dass man etwas kopieren würde. Man muss seinen eigenen Ausdruck finden und bei sich anfangen. Wenn man authentisch ist, tolles Wort (lacht), und etwas mit einem gewissen Können präsentiert, kann man Menschen gut erreichen. Die Arbeit an Hörbüchern und Hörspielen ist genauso interessant – und sehr anstrengend. Das Mikrofon hört jeden falschen Ton, weswegen man aufpassen muss, was man ins Mikrofon spricht und singt.

Noch mal zurück zu Hitchcock, woher kommt das brennende Interesse an ihm?
Als Jugendlicher habe ich seine Filme im Dritten Programm gesehen. Zeitgleich habe ich das Buch „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ von François Truffaut geschenkt bekommen. Das ist wirklich großartig und eine Bibel, wenn man sich mit ihm beschäftigt. Auch wenn ich die Filme noch gar nicht gesehen hatte, hatte ich beim Lesen die Bilder im Kopf. Zudem habe ich mich als Kind für alles interessiert, was mit Darstellen und Spielen zu tun hat, habe Geschichten geschrieben und wollte Sänger werden. Mein Interessensgebiet lag sowieso in der Richtung.

Welche Filme haben Sie zuerst gesehen?
Der erste war „Bei Anruf Mord“. „Psycho“ habe ich danach gesehen. Eigentlich mag ich gar keine Brutalität, nur bei diesen Filmen ist es so, dass sie eine sehr moralische Substanz haben. Das sind Filme, die ganz klar auf der Seite der Opfer sind. Man leidet mit den Leuten in Bodega Bay, die von den Vögeln attackiert werden. Wie im Märchen geht man durch ein Tal, es gibt eine Katharsis, die man durchläuft. Das ist eine noble Angst, die auch gesund ist. Und die viel mit dem Leben zu tun hat. Der Spaß am Zeigen von Widerlichkeiten ist bei Hitchcock nicht vorhanden. Die Position von Hitchcock ist ganz klar: Sie ist nicht zynisch. Bei Hitchcock ist man in guten Händen, was gut und böse bedeutet. Persönlich brauche ich ein Extra, eine Art von Vision, die der Regisseur hat. Die muss nicht im Realismus verankert sein, sondern in der Fantasie.

Das erinnert mich an „Die drei ???“. Da geht es auch viel um Drachen, Geister und Übersinnliches. Figuren wie Loch Ness oder der Yeti haben früher mehr Menschen fasziniert. Leben wir in einer entzauberten Welt?
„Die drei ???“ haben immer noch diesen Erfolg, weil sie so etwas noch erlauben. Bei allen Zickereien sind die Drei sehr anständige Jungs, die sehr moralisch sind. Ganz platt könnte man sagen, das Herz schlägt auf dem rechten Fleck. Die Hörer spüren das. Klar, es gibt Folgen, die sind schlechter und besser, das ist nicht zu vermeiden. Aber im Kern funktioniert es immer noch sehr gut. Wenn dieser Zauber nicht mehr möglich ist, würden wir das auch nicht mehr machen. Das ist ein Kosmos für sich. Und lustigerweise ist das ursprünglich ja Alfred Hitchcock.

Wie sind sie zu den „drei ???“ gekommen?
1976 habe ich das Buch „Das Gespensterschloss“ bekommen und ich fand es toll, dass ich ein Buch hatte, dass durch den Namen Hitchcock in die Erwachsenenecke reinrutschte. Die Cover waren schwarz und hatten diese tollen Zeichnungen vorne drauf, das war kein normales Kinderbuch. Den für mich damals empfundenen Glamour, den die Bücher hatten, hatten dann auch die Hörspiele. Und das haben sie hoffentlich auch heute noch.

Immerhin läuft das schon seit 39 Jahren.
Ja, nächstes Jahr haben wir das 40-jährige Jubiläum.

Wo werden „Die drei ???“ aufgenommen?
Das wird hier an der Rothenbaum­chaussee produziert. Mit Oliver Rohrbeck und Andreas Fröhlich sitze ich zur Produktion oft hier gegenüber im Café Funkeck und wir essen immer das gleiche: Speckpfannkuchen. Manchmal esse ich Labskaus. Nach 39 Jahren habe ich die Zwei langsam in die Hamburger Küche eingeführt. Wir sind ja auch eher langsam zusammengewachsen, wir waren am Anfang nicht so eng.

Entweder man wächst zusammen oder streitet sich nach so langer Zeit.
Dafür sehen wir uns zu wenig (lacht). Jetzt sind wir wie eine Familie, lassen uns aber auch in Ruhe. Jeder lebt sein Leben. Und wir freuen uns, wenn wir uns wiedersehen.

Wie oft werden die Folgen aufgenommen?
Drei Mal im Jahr. Und dann immer zwei, drei Folgen. Insgesamt sind das rund acht Folgen pro Jahr. Das wird natürlich immer weit im Voraus geplant. Ob ein Spezial zum Jubiläum kommt, weiß ich allerdings nicht. Ob wir das 50-Jährige schaffen, weiß ich auch nicht. Ich bin jetzt 54 Jahre alt und irgendwann ist dann auch mal gut.

Was würde denn zum Ende führen?
Es würde gar keinen richtigen Auslöser geben, vielleicht geht irgendwann einfach eine Art Flamme aus.

Sie standen als Kind im Jahr 1976 auf der Bühne der Kammerspiele, das ist ganz schön früh.

Ja. Danach habe ich ewig nicht an den Kammerspielen gespielt, erst 2011 wieder. Es war lustig, dass die Garderoben wie damals aussahen – nur mit anderen Dimensionen. Für Kinder ist immer alles größer.

Sie haben auf dem Bismarck-Gymnasium, dem heutigen Helene-Lange-Gymnasium, an der Bogenstraße Abitur gemacht, stimmt das?
Ja, das stimmt. Aufgewachsen bin ich im Generalsviertel. Bis zu meinem 5. Lebensjahr haben wir in Altona gewohnt, danach sind wir in die Gneisenaustraße gezogen. Jetzt wohne ich in Rotherbaum.

Was erinnern Sie aus Eimsbüttel?
Meine Mutter hatte von 1973 bis 1995 ein Lebensmittelgeschäft im Stellinger Weg an der Ecke Heußweg. Direkt neben dem La Paz. Eimsbüttel mag ich immer noch gerne, weil die Gegend eine gewisse Normalität ausstrahlt. Auch wenn es sehr hip geworden ist. Die vielen idyllischen Flecken gefallen mir sehr gut, wie zum Beispiel an der Apostelkirche. In Eimsbüttel habe ich wirklich gerne gewohnt.

Vielen Dank für das Interview.

Jens Wawrczeck wurde am 1963 in Dänemark geboren und absolvierte eine Schauspielausbildung in Hamburg, Wien und New York. Heute ist er Schauspieler, Synchronsprecher, Hörspielsprecher, Hörbuchinterpret und Sänger. 

Die nächste Vorstellung von „Hitch und ich“ ist am 23. Dezember 2018 um 19 Uhr

Das Interview erschien in unserem Magazin #12. Ab kommenden Donnerstag ist Magazin #13 im Handel erhältlich. 

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