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Das Café „Knopf und Krümel“. Foto: Rainer Wiemers
Das Café „Knopf und Krümel“ hat im Frühjahr in der Eichenstraße 85 eröffnet. Foto: Rainer Wiemers
Magazin #39

„Knopf und Krümel“: Ein Café fürs Selbstvertrauen

Im neuen Ladencafé „Knopf und Krümel“ in der Eichenstraße können Jugendliche zur Schule gehen, die es in der Regelschule schwer haben.

Von Gast

Bei einer ihrer Schülerinnen habe man die Entwicklung förmlich an ihrer Körperhaltung sehen können, erzählt Ina Koch vom Café Knopf und Krümel. „Als sie hier ankam, hat sie die Schultern hängen lassen und auf den Boden geschaut“, erinnert sich die Betriebsleiterin. „Wenn sie jetzt morgens reinkommt, läuft sie gerade und mit erhobenem Kopf.“

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Vorne Café, hinten Unterricht

Jugendlichen wieder Selbstvertrauen zu schenken, sie zu motivieren und in ihren Fähigkeiten zu fördern, ist eine der wichtigsten Aufgaben des Teams im Knopf und Krümel. In diesem Café und Laden in der Eichenstraße gibt es nicht nur Kaffee, Kuchen und selbstgenähte Kleidung – hier gehen aktuell auch sechs Jugendliche zur Schule. Vormittags haben sie im Hinterzimmer zwei Stunden Unterricht bei einer fest angestellten Lehrkraft, anschließend machen sie vorne im Café Cappuccino, bedienen die Gäste oder verkaufen Kleidung und Taschen.

Das Knopf und Krümel ist Teil der Produktionsschule Eimsbüttel. „Zu uns kommen Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren, die schulmüde sind, die sehr viel gefehlt haben, die in den Stadtteilschulen nicht mehr richtig klargekommen sind“, erzählt Produktionsschulleiterin Christin Nothdurft. Durch die Schulschließungen in der Corona-Pandemie hätten sich viele Probleme noch verschärft: Viele Schüler hätten den Schulbesuch regelrecht „verlernt“, seien in ­ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung zurückgeblieben, sagt Nothdurft.

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Im Café lernen

In der Produktionsschule können sie in kleinen Gruppen mit individueller Betreuung ihre Schulpflicht erfüllen und neben dem Unterricht vor allem praktische Erfahrung sammeln.

Neben dem Knopf und Krümel, das im Januar 2025 eröffnet hat, betreibt die Produktionsschule Eimsbüttel die Mensa der Beruflichen Schule für Wirtschaft, eine Fahrradwerkstatt und eine Schneiderei, wo Jugendliche die Kleidung und Taschen nähen, die im Knopf und Krümel verkauft werden.

Ein Nachmittag im Knopf und Krümel

An einem Aprilnachmittag sitzen Jaafar und Dennis, beide 16 Jahre alt, in einem Raum hinter dem Café. Vor Jaafar liegen ein englisches Wörterbuch und Arbeitsblätter. „Die Schultage in meiner alten Klasse waren zu lang für mich“, sagt er. Sich zu konzentrieren, falle ihm schwer. Im Knopf und Krümel unterrichtet ihn der Lehrer täglich in Deutsch, Mathematik und Englisch, damit Jaafar im kommenden Jahr den ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (ESA) schafft. Später möchte er eine Ausbildung machen, vielleicht im Einzelhandel.

Dennis und Jaafar lernen gemeinsam im Hinterraum des Cafés. Foto: Rainer Wiemers
Dennis und Jaafar lernen gemeinsam im Hinterraum des Cafés. Foto: Rainer Wiemers

Auch Dennis interessiert sich für eine Ausbildung im Einzelhandel oder im Bereich Lagerlogistik. Er hat den ESA bereits in der Tasche und schaut jetzt nach Ausbildungsstellen oder Praktika. Bis es so weit ist, kann er im Knopf und Krümel seine restliche Schulpflicht erfüllen und bekommt Unterstützung beim Schreiben der Bewerbungen. „Ich finde es gut, dass man hier so indivi­duell betreut wird“, sagt er.

„Die blühen richtig auf“

Es sei toll zu sehen, wie die Jugendlichen sich freuen, wenn sie etwas richtig gemacht haben und dafür eine positive Rückmeldung bekommen – wenn zum Beispiel der Kaffee schmeckt oder der Service gut ist, erzählt Ina Koch. „Das saugen die auf wie ein Schwamm, die blühen richtig auf.“ Man merke, dass manche von ihnen in ihrer bisherigen Schullaufbahn kaum Lob bekommen hätten.

Lifeskills und Dreisatz

Im Café müssen die Jugendlichen mit anpacken, dürfen aber auch Fehler machen, sagt Fred Guiot, der neben Ina Koch ebenfalls als Anleiter arbeitet. Jeder müsse aus seiner persönlichen Komfortzone gehen und sich neuen Herausforderungen stellen – etwa, alleine einzukaufen oder mit Gästen zu sprechen.

Jaafar sammelt im Café erste gastronomische Erfahrungen. Foto: Rainer Wiemers
Jaafar sammelt im Café erste gastronomische Erfahrungen. Foto: Rainer Wiemers

Neben gastronomietypischen Tätigkeiten – Wie trage ich drei Teller auf einmal? Wie ­reinige ich eine Siebträgermaschine? – lernen die Schülerinnen und Schüler im Café auch „Lifeskills“: einen Besen in die Hand zu nehmen, die Waschmaschine zu bedienen oder die Uhr zu lesen. Und auch den Dreisatz erklärt Guiot ihnen nebenbei.

Ein Gewinn in vielerlei Hinsicht

Am Ende der Zeit im Knopf und Krümel bekommen die Jugendlichen ein Arbeitszeugnis, das ihnen hilft, sich für eine Ausbildung zu bewerben – zum Beispiel in der Gastronomie, wo die Personalnot groß ist. Falls sie noch nicht so weit sind, werden sie in eine weitere Unterstützungsmaßnahme vermittelt. „Wir begleiten die Jugendlichen bis in den nächsten Schritt wie Praktikum, Arbeit oder Ausbildung“, sagt Produktionsschulleiterin Nothdurft.

Christin Nothdurft, Fred Guiot und Ina Koch (v.l.n.r.) vom Café "Knopf und Krümel". Foto: Rainer Wiemers
Christin Nothdurft, Fred Guiot und Ina Koch (v.l.n.r.) vom Café „Knopf und Krümel“. Foto: Rainer Wiemers

Das Knopf und Krümel ist also in vielerlei Hinsicht ein Gewinn: Jugendliche mit Schulschwierigkeiten werden in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung unterstützt, dem Arbeitsmarkt gehen weniger Arbeitskräfte verloren, weil die Jugendlichen gezielt aufs Berufsleben vorbereitet werden – und Eimsbüttel hat ein schönes Ladencafé bekommen, mit hochwertiger Kleidung und leckerem Kaffee. „Und der Rüblikuchen ist schon in ganz Hamburg bekannt“, sagt Ina Koch stolz.

Text: Imke Plesch


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