
Mieter sollen besser geschützt werden
Der Senat prüft eine Soziale Erhaltungsverordnung für Eimsbüttel, Hoheluft-West und Stellingen-Süd. Damit will er angestammte und einkommensschwache Anwohner vor Verdrängung schützen.
Von Lea Z. FreistEimsbüttel verändert sich seit Jahren: Mehr und mehr wohlhabende Menschen ziehen in den Bezirk, während gleichzeitig immer mehr Wohnungen gewerblich als Arztpraxen oder Kanzleien genutzt werden. Die Nähe zur Innenstadt, die gute Anbindung, die vielen Cafés und Bistros machen den Stadtteil so attraktiv. Der Druck auf den lokalen Wohnungsmarkt steigt dabei und verdrängt Geringverdiener und Alteingesessene.
Die Mietpreise steigen seit Jahren
Schon jetzt liegen Preise für Eigentumswohnungen über dem Hamburger Schnitt von 3600 Euro. In Eimsbüttel kostet der Quadratmeter durchschnittlich 4100 Euro. Im Vergleich zu 2008 ist das eine Preissteigerung um knapp 90 Prozent.
Dem will der Senat einen Riegel vorschieben.
Mietwohnungen bleiben Mietwohnungen
Am Dienstag kündigte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) zusammen mit Bezirkschef Torsten Sevecke (SPD) im Rathaus an, für Eimsbüttel, Hoheluft-West und Stellingen-Süd eine sogenannte Soziale Erhaltungsverordnung zu prüfen. Luxusmodernisierungen, Abriss von Wohngebäuden sowie die – auch spekulative – Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sollen damit verhindert werden. Angestammte Bewohner sollen bleiben, die Sozialstruktur sich nicht weiter verändern.
Schutz vor Luxussanierung
Mit der Sozialen Erhaltungsverordnung kann das Bezirksamt Eimsbüttel prüfen, welche Auswirkungen geplante Bauanträge auf die Sozialstruktur haben und diese gegebenenfalls ablehnen. Für Eigentümer, deren Gebäude in sozialen Erhaltungsgebieten liegen, bedeutet das, dass sie keine Baugenehmigung erteilt bekommen, wenn das Bezirksamt zu dem Schluss kommt, dass sich die Modernisierung nachteilig auf die Sozialstruktur auswirkt.
„Gute Erfahrungen in Hamburg gemacht“
Senatorin Stapelfeldt sagte am Dienstag, dass der Senat bereits gute Erfahrung mit der Maßnahme für Hamburg gemacht habe. 1995 wurde die südliche Neustadt zum ersten Erhaltungsgebiet erklärt. Hier sei die Bewohnerstruktur stabil geblieben und seit zehn Jahren keine Wohnung mehr in Eigentum umgewandelt. 2012 folgten St. Georg und St. Pauli, ein Jahr später die Sternschanze und das Osterkirchenviertel. 2014 wurden Altona-Altstadt sowie Eimsbüttel-Süd zum Sozialen Erhaltungsgebiet erklärt und seit März dieses Jahres gehört Ottensen dazu.

Eimsbüttel wäre somit das neunte Gebiet und kann laut Stapelfeldt das größte Erhaltungsgebiet Hamburgs werden. In Eimsbüttel, Hoheluft-West und Stellingen-Süd leben zusammen über 63.000 Menschen in knapp 37.000 Wohnungen und in mehr als 3600 Häusern.
Soziale Gerechtigkeit
Torsten Sevecke, der im Herbst das Bezirksamt verlassen wird, freute sich: Es sei längst überfällig so eine „Vollbremsung hinzulegen“. Er weiß um den Konflikt, zwischen dem Ziel mehr Wohnungen zu schaffen und dem Wunsch, den Charme des Stadtteils zu erhalten. Es gebe ein berechtigtes Investoreninteresse, aber der Staat müsse lenken, um soziale Gerechtigkeit zu wahren.

Die Erhaltungsverordnung umfasse eine „beeindruckendes großes Gebiet“, ob das am Ende der Prüfung so groß bleibe, sei nicht klar, meinte Sevecke zweifelnd.
Haushaltsbefragung als Entscheidungsgrundlage
Eine repräsentative Untersuchung soll Klarheit darüber schaffen, ob die Gefahr einer Verdrängung tatsächlich in Eimsbüttel besteht. Während der Untersuchung kann das Bezirksamt Anträge auf Bauvorhaben ein Jahr lang zurückstellen.
Im Herbst dieses Jahres sollen die Interviews beginnen, die Teilnahme ist freiwillig. 1800 Haushalte im gesamten Gebiet sollen nach Aussage von Klaus Dobbrodt, Referent für integrierte Stadtteilentwicklung, per Zufall angeschrieben werden. Wenn sie der Teilnahme zustimmen, kommt ein Interviewer mit einem Fragebogen vorbei. Ein Ergebnis der Umfrage soll im Sommer 2017 vorliegen. Sollte das Gutachten einen Erlass der Sozialen Erhaltungsverordnung für die drei Quartiere in Eimsbüttel empfehlen, kann im Herbst damit begonnen werden.
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