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Dennis Müller aus Lokstedt hat letztes Jahr gelesen, dass Schöffen gesucht werden. Foto: Julia Haas
Dennis Müller aus Lokstedt hat letztes Jahr gelesen, dass Schöffen gesucht werden. Foto: Julia Haas
Magazin #35

Ehrenamt reloaded: Dennis ist Schöffe

Dennis Müller aus Lokstedt hat sich für ein Ehrenamt verpflichtet, das sich nicht mal eben in den Kalender schieben lässt: Fünf Jahre lang wird der ­41-Jährige als Schöffe beim Amtsgericht an Gerichts­urteilen mitwirken. Ein Protokoll.

Von Julia Haas

Sich ehrenamtlich zu engagieren, kann unterschiedlich aussehen. Dennis Müller erzählt hier von seinem Schöffenamt:

„Letztes Jahr habe ich den Aufruf gelesen, dass Schöffen gesucht werden. Ich fand das spannend, auch um ein besseres Verständnis für unser Rechtssystem zu bekommen. Und weil ich gerne mitrede.

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Im Privaten diskutiere ich viel über Alltägliches und versuche dabei einen differenzierten Blick einzubringen, also nicht zu pauschalisieren. Das wollte ich auch vor Gericht machen und im Dreiergespann – ein Richter, zwei Schöffen – herausfinden, ob jemand schuldig ist oder nicht, und welches Strafmaß gerecht ist.

Der Gesellschaft etwas zurückgeben

Nach der Schule habe ich Zivildienst im Altenheim gemacht. Etwas Soziales zu machen, finde ich wichtig, es hat mir auch bei der persönlichen Entwicklung geholfen. Wegen der anstrengenden Arbeitsbedingungen und ­mangelnden Gehaltsentwicklung wollte ich das aber nicht auf Dauer machen.

Jetzt arbeite ich im Controlling. Das macht mir Spaß, aber ich gebe der Gesellschaft damit nichts wirklich zurück. Deswegen hatte ich immer das Bedürfnis, neben der Arbeit noch etwas anderes zu machen.

In der Vergangenheit hatte ich einige Ehrenämter, oft nebenbei. Ich habe zum Beispiel im Altenheim ausgeholfen. Über einige Jahre habe ich bei Joblinge Jugendlichen geholfen, eine Ausbildung zu finden, und war Ansprechpartner für alltägliche Probleme. Während der damaligen Flüchtlingskrise habe ich auch einen Geflüchteten aus Eritrea unterstützt.

Als Schöffe im Amtsgericht

Jetzt bin ich bei einem Arbeitgeber, bei dem ich das Gefühl habe, auch ein langfristiges Ehrenamt gut mit dem Job kombinieren zu können.

Viele Schöffen werden ausgelost und bekommen plötzlich Post, dass sie dabei sind. Man kann sich aber auch auf eine Liste setzen lassen. Also habe ich mein Glück versucht. Im Herbst kam die Nachricht, dass ich ab diesem Jahr Schöffe beim Amtsgericht bin.

Ich bin froh, nicht am Landgericht zu starten. Das bedeutet, die Fälle sind etwas kleiner und die Verhandlungen dauern nicht mehrere Tage.

Ich höre den Podcast „Zeit Verbrechen”, letzten Winter gab es einige Fälle vom Amtsgericht. Das hat geholfen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was einen erwartet. Außerdem wird man mit einem freiwilligen VHS-Kurs auf das Schöffenamt vorbereitet. Dabei werden Ablauf und Beispielfälle erläutert. Es kann ein Strafmaß von bis zu vier Jahren ausgesprochen werden. Da werden die Fälle doch wieder größer.

Vor dem ersten Fall

Insgesamt wurde ich für 13 Verhandlungstermine in diesem Jahr geblockt. Wenn ich zum Beispiel an einem dieser Tage in den Urlaub fahre, muss ich das rechtzeitig anmelden und genehmigen lassen. Kurzfristig ist es eigentlich nicht möglich, einen Termin abzusagen.

Meine ersten drei Termine sind ausgefallen, deswegen bin ich gespannt, wann es endlich losgeht. Ich habe mir vorgenommen, bei meinem ersten Termin frühzeitig am Gericht zu sein, weil ich noch nicht weiß, wo alles ist oder wie die Sicherheitskontrolle beim Eingang abläuft.

Gleiches Stimmrecht wie Berufsrichter

Für die Verhandlungen selbst kann ich mich nicht vorbereiten, man weiß nicht, was einen erwartet, geht ganz unvoreingenommen rein – das finde ich einen großen Vorteil.

Wenn ich vorher in die Unterlagen schauen könnte, würde mir das mehr Druck machen. Ich würde mich viel damit beschäftigen, um alles richtigzumachen. So kann ich einfach zuhören und mich im Anschluss mit dem anderen Schöffen und dem Richter beraten. Theoretisch kann ich auch während der Verhandlung Fragen stellen. Das finde ich toll, sich wirklich einbringen zu dürfen.

Am Ende habe ich das gleiche Stimmrecht wie der Richter – und ich weiß, das ist eine große Verantwortung.“

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Was bedeutet ein Schöffenamt?

Schöffen und Schöffinnen sind ehrenamtliche Richter, die bei Verhandlungen zu Strafsachen und bei der anschließenden Urteilsfindung am Land- und Amtsgericht mitwirken. Sie müssen über keine juristische Vorbildung verfügen, tragen aber die gleiche Verantwortung für Entscheidungen wie Berufsrichter.
Alle Gruppen der Bevölkerung – also hinsichtlich Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung – sollen im Schöffenamt gleichmäßig vertreten sein. Dadurch sollen unterschiedliche Lebens- und Berufserfahrungen in die Gerichtsverhandlungen und Urteile einfließen.

Sich ehrenamtlich zu engagieren, kann unterschiedlich aussehen:


lokal. unabhängig. unbestechlich.

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