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Passivhaus in der Wiesenstraße 7 in Eimsbüttel. Foto: Jörn Hustedt, Architekturfotografie HUSTEDTnetwork

Sieht aus wie ein Altbau, ist es aber nicht!

Anlässlich der Tage des Passivhauses im November hat das Haus Winter in Eimsbüttel seine Türen für Besucher geöffnet. Ein Blick in Deutschlands ersten Passivhaus-Neubau im gründerzeitlichen Stil.

Von Tanja Schreiner
Das "Haus Winter" in der Wiesenstraße. Foto: Jörn Hustedt
Das „Haus Winter“ in der Wiesenstraße. Foto: Jörn Hustedt

Eine kleine Runde von Interessierten hat sich vor dem fünfstöckigen Mehrfamilienhaus in der Wiesenstraße um Architekt Jakob Siemonsen geschart. Eine ruhige Nachbarschaft, die durch den Stil der gründerzeitlichen Architektur auffällt: Schmuckfassaden, hohe Räume, Stuckverzierungen. Lange Zeit war an der Hausnummer sieben eine große Baulücke. Doch diese füllt seit Juni das Haus Winter. Es sieht aus wie ein Altbau, ist aber keiner.

„Eine besondere Herausforderung war, dass das Haus aussehen sollte wie vor 100 Jahren, aber gleichzeitig die Standards eines Passivhauses erfüllen sollte“, berichtet Siemonsen. Die Baustandards bei einem Passivhaus sind streng festgelegt, deshalb sei es nicht immer einfach gewesen sie mit den ästhetischen Vorgaben unter einen Hut zu bringen. Doch genau das macht das Haus Winter in Eimsbüttel zu einem Exoten unter den Passivhäusern. In ganz Deutschland gibt es bisher keinen weiteren Passivhaus-Neubau im Stil des vergangenen Jahrhunderts.

Energieeffizient, umweltfreundlich, wirtschaftlich

Ein Passivhaus zeichnet sich durch ein spezielles Baukonzept aus, das laut dem Passivhaus Institut besonders energieeffizient, umweltfreundlich und wirtschaftlich ist. Seinen Namen erhält das Passivhaus dadurch, dass der Großteil des Wärmebedarfs durch „passive“ Quellen erzeugt wird. Darunter sind zum Beispiel die Sonneneinstrahlung sowie die Wärmeabgabe von Bewohnern und Haushaltsgeräten. Dabei hilft eine spezielle Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Wie die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) erklärt, wird dabei der Abluft die Wärme entzogen und der frischen Zuluft von außen zugeführt.

Zudem gibt es eine Technik, die die Luft weiter mit aufwärmt, wie Lars Siebels erklärt, Experte für nachhaltiges Bauen von der Hafen City Universität Hamburg. So werde die Raumluft permanent aufgewärmt, übliche Heizkörper gebe es in einem Passivhaus nicht.

Der gesamte Wärmeenergiebedarf eines Passivhauses werde hauptsächlich durch den Wärmebedarf bestimmt, der zur Warmwasserbereitung benötigt wird, wie die BSU erläutert. Diese werde entweder konventionell, beispielsweise über Gas, oder über regenerative Energien wie Holzpellets und unterstützend durch eine thermische Solaranlage betrieben.

Energieeffiziente Wärmeverteilung. Foto: Tanja Schreiner
Energieeffiziente Wärmeverteilung. Foto: Tanja Schreiner

Bis zu 90 Prozent Energieeinsparung

Der Schlüssel zur Funktion ist laut der BSU eine besonders gut gedämmte Hülle, die einen Verlust an Wärme möglichst gering hält. Dazu tragen außerdem besonders gut isolierte Fenster mit einer dreifachen Wärmeschutz-Verglasung bei, so die BSU. Ist das Passivhaus zusätzlich Richtung Süden ausgerichtet, gelangt mehr Sonnenwärme in das Haus hinein, als durch die Fenster verloren geht.

Laut dem Kompetenzzentrum Haus der Zukunft, dessen Gründer Georg Winter auch der Bauherr des Eimsbütteler Hauses Winter ist, fließt in westlichen Industrienationen mehr als ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs in den Betrieb von Gebäuden. Der Großteil davon werde für die Beheizung verwendet. Der Passivhaus-Standard könne bis zu 90 Prozent dieser Energie einsparen.

Ein Beitrag zur Energiewende?

Beim Haus Winter kämen zum einen erneuerbare Energien zum Einsatz, zum anderen habe man verstärkt auf natürliche Materialien wie Holz und Naturstein gesetzt. Die Inneneinrichtung der Wohnungen sei nachhaltig und energieeffizient. Dadurch trage die Bauweise erheblich zur Energiewende und zum Klimaschutz bei.

„Passivhäuser tragen in dem Sinne zur Energiewende bei, dass sie einfach wenig Energie verbrauchen“, gibt Lars Siebels zu bedenken. Das heiße aber nicht zwangsläufig, dass das nachhaltig sein müsse. Denn was man an Energie einspare, werde unter anderem durch die Wartung der Technik wieder aufgebraucht. Das Passivhaus werde von vorn bis hinten technisch gesteuert. Diese Technik müsse gewartet und gepflegt werden, was wiederum höhere Kosten verursache. Dass ein Passivhaus Geld spare, sei deshalb nicht der Fall, so Siebels.

Ein weiterer kritischer Punkt beim Passivhaus ist, dass man dafür extrem hohe Wärmedämmung im Vergleich zu normalen Standards verwendet. Diese ist sehr aufwändig in der Herstellung, wofür wiederum Energie benötigt wird, wie Siebels erklärt. Außerdem wirft sie noch eine ganz andere Frage auf: Was passiert mit dem ganzen Hartschaum, mit dem das Haus gedämmt ist, wenn man es irgendwann wieder abreißt? Als Sondermüll könne Hartschaum nur in Heizkraftwerken verbrannt werden, sagt Siebels, denn Recyclingverfahren gebe es bisher nicht.

Im Treppenhaus hat der Architekt auf Naturstein und Holz gesetzt. Foto: Tanja Schreiner
Im Treppenhaus hat der Architekt auf Naturstein und Holz gesetzt. Foto: Tanja Schreiner

Tag des Passivhauses

Seit 2004 finden jedes Jahr die bundesweiten und internationalen Tage des Passivhauses statt. In diesem Rahmen haben interessierte Bürger die Möglichkeit, sich von einem Experten durch ein Passivhaus führen zu lassen und mehr über dessen Konzept zu erfahren. Mehr als 600 Gebäude in ganz Deutschland sowie in 23 anderen Ländern standen laut der Informations-Gemeinschaft Passivhaus Deutschland (IG Passivhaus) bei den diesjährigen Tagen des Passivhauses vom 7. bis zum 9. November offen. Die Aktion ist eine Initiative der Netzwerke IG Passivhaus, der International Passive House Association (iPHA) und weiterer Partner im Ausland.

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