Es kann so einfach sein
Karsten Kalkowski leitet das Spielhaus am Eimsbütteler Marktplatz. Er macht das so, als sei es ein einfaches, glücksbringendes Kinderspiel für alle.
Von Christian LitzDas Geheimnis des Karsten Kalkowski ist so einfach, dass es eigentlich kein Geheimnis ist: Er ruht in sich selbst und fühlt sich wohl im Leben, er mag Menschen und kommuniziert gerne mit ihnen. Ach ja, dazu kommt: Er ist halt daheim im Kiez. „Ich bin ein Ur-Eimsbütteler.” Karsten Kalkowski ist 52 Jahre alt und lebt seit 52 Jahren in derselben Wohnung in der Lutterothstraße. „Meine Eltern sind ausgezogen, nicht ich.” Sein Sohn wurde hier groß, sein Leben findet hier statt.
Er hat im Spielhaus den Überblick
Der Erzieher leitet das Spielhaus Eimsbütteler Marktplatz entspannt, ruhig, lässig. Wirkt alles richtig einfach, ist aber keine Selbstverständlichkeit, wenn die Kinder kommen. Das Spielhaus hat Schubzeiten und Stressfaktoren.
Karsten Kalkowski managt es seit dreieinhalb Jahren, er kennt die Abläufe auswendig: Montags und dienstags kommen die Vorschüler um 10 Uhr von drüben, der Grundschule an der Eduardstraße. Donnerstags ist die Kindergartengruppe von 10 Uhr bis 12 Uhr hier. Die erste Klasse der Schule kommt dreimal die Woche. Dann montags und freitags … und so weiter. Er hat den Überblick.
Hektik? Kalkowski steht mittendrin und lächelt
Warum klappt alles so gut? „Man muss authentisch sein. Darf nichts vorspielen. Es muss immer klar sein, bis wohin es geht.” Er sagt: „Es gibt ne Grenze, die wissen das. Die Grenze muss möglichst gleich sein, bei guter wie bei schlechter Laune.”
Immer ist etwas los. Es wird oft lustig, laut, hektisch und hippelig, unübersichtlich und unplanbar. Karsten Kalkowski steht oder sitzt dann mittendrin und lächelt. Er lächelt sowieso immer. Was der Atmosphäre guttut. „Es ist toll hier, ich liebe meine Arbeit.” So ein Typ ist er. Kinder kommen rein, fragen was, andere rennen vorbei und winken, irgendwo ist Geschrei und WAMMMM knallt nebenan ein Tischfußball gegen die Wand.
Kinder fragen, fragen, fragen. Manchmal nur „Warum?“ und das immer wieder. Andere würden hier Stress fühlen. „Ich finde das alles wunderschön.” Es hänge viel davon ab, wie viel Energie man selbst reinstecke, man dürfe die Stunden nicht zählen. „Die ganze Arbeit könnte ich nicht leisten, wenn ich nicht …” Lobeshymnen an Kinder, Eltern, Team, Stadtteil, Behörde, Schule, Nachbarn. Er schwebt und schwärmt so durch den Tag, egal, was ist.
Auf Umwegen zum Erzieher
Aber da kommt man nicht so einfach hin in diesen Zustand der Zufriedenheit. Er musste eine Weile suchen und versuchen, bis er wusste, was er will und kann: Er hat eine Lehre zum Groß- und Einzelhandelskaufmann gemacht.
Okay, nicht schlecht, immerhin Kontakt mit Menschen. Ein Jahr arbeitete er noch in dem Beruf. „Davor hatte ich drei Viertel Elektriker gelernt”, die Lehre aber abgebrochen. War nichts. „Das war in den 80er Jahren, es gab damals keine Lehrstellen, meine Eltern haben mich reingedrängt, kannten wen, bei dem ich die Lehre machte, und naja, ich hab hingeschmissen. Ich muss mit Menschen arbeiten.” Er wurde Erzieher. Zwölf Jahre leitete er den Jugendclub im Doormannsweg. Als sein Vorgänger im Spielhaus nach 30 Jahren in Rente ging, übernahm er.
„Es macht Spaß“
Karsten Kalkowski holt alte Pläne und legt sie auf den Tisch. „Das war 1958 der modernste Spielplatz in Europa.” Doch, doch, die Brücke wurde nur für die Verkehrserziehung der Kinder gebaut, sie sollten weg von der Straße. Früher war hier ein Schwimmbecken, das jeden Tag gefüllt wurde.
Er sei „Patriot”, sagt Kalkowski, und er hat Handwerkerstolz, zeigt das große Schiff in dem Turnraum, das er gerade baut. Zeigt den Naturpfad, dies und das und den Instagram-Kanal: „Als der Corona-Lockdown kam, hat das Jugendamt geraten, bleibt in Kontakt mit den Leuten!” Also hat er Tüten mit Bastelmaterial rausgehängt. Die Kinder holten die ab und schauten auf dem Kanal des Spielhauses die Bastelanleitungen als Fotos, Videos oder Zeichnungen an. Erfolg! „Wir machen das immer noch.”
Er zeigt die Nesthilfen für Kohlmeisen, die er mit den Kindern aufgehängt hat. Erzählt vom Mini-Flohmarkt, wo sie ihre Spielsachen verkaufen können. Klingt irgendwie doch nach Stress: „Nein”, sagt er, „die Betreuer von der Schule kommen ja mit rüber”. Er lächelt. „Es macht Spaß.”
Karsten Kalkowski ist unser Eimsbütteler des Monats Juli 2022. Die Eimsbütteler Nachrichten küren jeden Monat Menschen aus dem Viertel, die sich für ihren Stadtteil einsetzen und stellen sie hier vor.
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