
Streetart geht auch ohne Sprühen
Das Graffiti hat ein Imageproblem: Sprayen belastet die Umwelt. Ein Eimsbütteler Streetart-Künstler verzichtet deshalb seit den 90ern darauf. Wie er den Stellinger Weg trotzdem bunter macht.
Von Valentin HillingerIm Stellinger Weg laufen Hip-Hop-Beats. Sie kommen aus dem Lautsprecher von DJ ManyStyles und Simo. Der Soundtrack begleitet die beiden bei ihrem Projekt: Der Laden The Roots bekommt einen neuen Anstrich.
Ist das noch Graffiti?
Manche würden sagen, es handelt sich um Malerei. Andere nennen es einfach Streetart. Oder Graffiti. Aber von den Kategorisierungen hält Künstler Simo wenig. Er geht pragmatisch an die Sache.
Sein Werkzeug der Wahl ist der Pinsel. Malen geht schneller als sprühen. Und: Spraydosen seien schlecht für die Umwelt, erklärt er. Deshalb verzichtet er schon seit den 90ern auf Graffiti-Dosen.
Die Farbpartikel in den Spraydosen sorgen für eine hohe Konzentration an Mikroplastik im Boden. Für Simo ein Widerspruch zu den Botschaften, die viele Künstler verbreiten. „Es gibt Graffitis mit dem Slogan ‚Save the Nature‘, für die 200 Dosen mit Treibgas drauf gehen.“ Dafür hat er kein Verständnis.
„The Roots“: Hip-Hop seit dem Ursprung
Das Ergebnis seiner Arbeit kann man jetzt im Stellinger Weg betrachten. Wie ein dreieckiges Puzzleteil schmiegt sich gegenüber der Telemannstraße ein Flachdachbau in die Lücke zwischen zwei Häusern. Seit einem Vierteljahrhundert befindet sich darin der Laden The Roots. Der Inhaber DJ ManyStyles, der eigentlich Tom Kayser heißt, war selbst Graffiti-Künstler. 1997 eröffnete er dann seinen Laden im Stellinger Weg.
Für The Roots entschied sich Streetartist Simo für bunte Streifen, passend zu den knalligen Caps und Klamotten, die es im Laden gibt. „In Hamburg tragen alle schwarz, dunkelblau, grau“, sagt er. Dem wollte er etwas entgegensetzen und mischte die bunten Farben selbst zusammen.

Früher „Powerhouse“, heute Stellinger Weg
Simo ist schon lange in der Hip-Hop-Szene bekannt und erlebte ihre Anfänge in Hamburg mit. Das Tolle am Hip-Hop? „Auch unterprivilegierte Kinder können Kunst machen“, sagt er.
Die Wandmalerei bei The Roots ist nicht sein erstes Graffiti. Er bemalte in den 90ern den legendären Hip-Hop-Club „Powerhouse“ auf St. Pauli, erzählt der 52-Jährige.
Nur auf renovierten Häusern
Insgesamt neun Tage arbeitete Simo an dem Projekt im Stellinger Weg, auf das er lange warten musste. Schon vor 15 Jahren wollte er die Fassade gestalten. Damals war das Haus aber in einem maroden Zustand, erklärt Ladeninhaber Kayser. Die Farbe hätte nicht lange gehalten. Jetzt ist die Wand endlich renoviert und Simo konnte seine Vision verwirklichen.
Wie lange die so bleibt, wie es sich der Künstler vorgestellt hat, wird sich zeigen. Die ersten haben schon über die Malerei gesprüht – dabei ist Simos Werk noch gar nicht fertig.
lokal. unabhängig. unbestechlich.
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