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Rüdiger Kuhn, CDU und Manuela Pagels, Die Linke. Foto: Catharina Rudschies
Rüdiger Kuhn, CDU und Manuela Pagels, Die Linke. Foto: Catharina Rudschies
Bezirkswahlen

Streitgespräch von CDU und Die Linke: Wie gestaltet man Wohnungsbau?

Wie viele Sozialwohnungen braucht Eimsbüttel? Wie verschreckt man Investoren? Und müssen Bürger bei der Stadtplanung involviert sein? Ein Streitgespräch zwischen dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Kuhn und der Spitzenkandidatin der Linken für die Bezirkswahlen Manuela Pagels.

Von Catharina Rudschies

Eimsbütteler Nachrichten: Die Bezirkspolitik in Eimsbüttel ist momentan von der Zusammenarbeit der SPD und der Grünen geprägt. Was muss sich im Bezirk ändern, Herr Kuhn?

Rüdiger Kuhn (CDU): Wir müssen natürlich Wohnungen bauen – und zwar in allen möglichen Formen und Größen. Dazu gehören Sozialwohnungen, frei finanzierter Wohnungsbau und Eigentumswohnungen. Dabei wollen wir aber nicht nur nach Zahlen gucken und Großbausiedlungen schaffen. Denn wir glauben, dass es bestimmte Gebiete gibt, die ihre Kapazitätsgrenzen schon erreicht haben. Das kann aber dazu führen, dass dieser Drittelmix gegebenenfalls aufgehoben wird. Darüber hinaus müssen wir verhindern, dass sich die Menschen in ihrem Quartier nicht mehr wohlfühlen. Da entsteht dann automatisch eine Gefahr für sozialen Unfrieden. Und der ist extrem gefährlich, wenn er sich in Richtung politischer Extreme ausweitet.

Manuela Pagels (Die Linke): Ich glaube, wir waren die ersten, die gesagt haben, dass eine soziale Durchmischung ein ganz wichtiger Part für alle Gebiete ist. In der Lenzsiedlung gab es früher zum Beispiel 70 Prozent Arbeitslose, da herrschte viel Aggressivität im Stadtteil. Mit einer größeren Durchmischung ist das viel besser geworden. Wir brauchen also eine Mischung in allen Gebieten. Und die kann man auch fordern. Es kann nicht sein, dass wir Stadtbezirke Stück für Stück gentrifizieren, weshalb die Sozialwohnungen dann in die äußeren Stadtteile verschoben werden.

Die Linke fordert in ihrem Wahlprogramm für den Bezirk bei Neubau 50 Prozent Sozialwohnungen. Wie ist das umsetzbar?

Manuela Pagels: In Eimsbüttel ist es gar nicht umsetzbar. Denn man kann das natürlich nur auf öffentlichem Grund fordern. Inzwischen geht in sehr stark verdichteten Stadtteilen die Forderung der Linken so weit, dass man auf öffentlichem Grund nur noch Sozialwohnungen baut und auf privatem Grund private und frei finanzierte Wohnungen. Es gibt einfach nicht mehr ausreichend Flächen für Sozialwohnungsbau.

Wie sehen Sie das Herr Kuhn? Sind 50 Prozent Sozialwohnungen zu viel oder zu wenig?

Rüdiger Kuhn: Sozialwohnungen zu errichten und dabei kostendeckend tätig zu sein, ist sehr schwierig. Man kann von privaten Investoren nicht verlangen, nicht kostendeckend zu bauen. Da muss aus unserer Sicht auch etwas übrig bleiben. Denn seien wir nicht naiv: Sonst bauen Investoren nicht genügend Wohnungen.

Private Investoren jammern heute schon, wenn ein Drittel der Wohnungen Sozialwohnungen werden müssen. Letztendlich führt es dazu, dass die Mieten der anderen zwei Drittel für den frei finanzierten Wohnungsmarkt auf einem ganz anderen Level einsteigen, um die Verluste bei den Sozialwohnungen auszugleichen. Das bedeutet aber auch, dass sich der Mietspiegel nicht regulieren wird. Deshalb gestehen wir den Investoren auch ein, dass sie bedarfsgerecht bauen wollen. Denn die Nachfrage ist in allen Bereichen extrem hoch, sodass es genug Leute gibt, die 16 bis 20 Euro pro Quadratmeter Miete zahlen.

Manuela Pagels: Statistisch ist erwiesen, dass in Hamburg 50 Prozent der Haushalte theoretisch den Anspruch auf eine Sozialwohnung hätten. Die Stadt hat die Verantwortung, ihre Bürgerinnen und Bürger zu beherbergen. Demnach muss sie es als Aufgabe sehen, 50 Prozent der Wohnungen so zu bauen, dass die Leute sie auch bezahlen können. Es bringt nichts, wenn ich Wohnungen bauen lasse, die sehr teuer sind und der Steuerzahler über seine Abgaben dann das Wohngeld für die vielen Menschen finanzieren muss, die sich die Wohnungen nicht mehr leisten können. Praktisch sichert der Steuerzahler den Investoren so seine Gewinne.

Rüdiger Kuhn: Ich stelle diese Berechnung der 50 Prozent ein bisschen in Frage. Natürlich steigen die Mieten immens und theoretisch gesehen ist es so, dass 50 Prozent der Haushalte Anspruch auf eine geförderte Wohnung in Hamburg haben. In der Praxis sind es dann aber doch viele gut situierte Leute, die rein rechnerisch in dem Preissegment für geförderten Wohnraum landen.

Wie kann man sinnvoll für ergänzenden Wohnraum sorgen?

Rüdiger Kuhn: Das ist immer abhängig von den Quartieren. Wir könnten uns durchaus vorstellen, an den Tangenten, das heißt entlang der großen Straßen wie zum Beispiel der Grindelallee, der Kieler Straße oder an der Koppelstraße, mehr Wohnraum zu schaffen. Da kann man relativ hoch bauen und somit Masse erzeugen. Gleichzeitig werden dadurch die hinteren Wohnbereiche geschützt. Und mittlerweile ist man auch so intelligent, dass man die Toiletten und Küchen nach vorne zur großen Straße ausrichtet und in den hinteren Bereichen wohnt.

Manuela Pagels: Die Magistralenbebauung ist zwar eine Möglichkeit, aber wir sehen darin nicht die große Sache, weil so richtig gutes Wohnen ist es nicht. Dieses Seniorenwohnen an der Kielerstraße Ecke Sportplatzring ist zum Beispiel eine totale Katastrophe. Und da sind durchaus die Schlafzimmer zur Straßenseite hin.

Frau Pagels, wie sähe in Ihren Augen gute Stadtplanung aus?

Manuela Pagels: Man muss bei der Stadtplanung mit den Anwohnern diskutieren. Wir gehen momentan nicht progressiv mit den Bürgern in die Besprechung. Das finde ich sehr schade. Die Beteiligungsprozesse, die die rot-grüne Koalition im Bezirk veranstaltet, haben mich bisher nicht überzeugt.

Wie sollte ein Beteiligungsprozess stattdessen gestaltet werden?

Manuela Pagels: Zum einen sollten nicht nur die Wohnungseigentümer, sondern auch die Mieter beteiligt werden, die dort wohnen. Vor allem, wenn man verdichtet. Letztendlich geht es ja darum, einen gemeinsamen Sozialraum zu schaffen. Und den muss man mit der Nachbarschaft direkt gestalten.

Wie stehen Sie zu Beteiligungsformen, Herr Kuhn?

Rüdiger Kuhn: Für mich ist das eine Utopie. Wir haben in den letzten Jahren verstärkt die Erfahrung machen müssen, dass Engagement innerhalb von Bürgerbeteiligung auch oftmals sehr viel mit Egoismus zu tun hat. Und deshalb glaube ich, dass eine Bürgerbeteiligung ganz am Anfang doch ein bisschen zu naiv ist.

Was schlagen Sie stattdessen vor?

Rüdiger Kuhn: Ich glaube, mit dem Leitfaden zur Stadtentwicklung “Eimsbüttel 2040” hat man gute Rahmenbedingungen dafür geschaffen, wie der Bezirk in Zukunft aussehen soll. Wenn man diese groben Eckpfeiler festgelegt hat, können sich auch die Bürger mit ihren Interessen einbringen. Dann geht es um Details, das Wie und um das Wohlfühlen. Man verschreckt aber jeden Investor, wenn man sagt, dass die Mieter von vornherein mitreden und ihre Sozialräume gestalten. Es ist auch die Aufgabe der Politik, dass sie die Bevölkerung einschätzen kann und dann die übergeordnete und neutrale Rolle einnimmt.

Manuela Pagels: Der Bedarf, Initiativen zu gründen und sich zu beschweren, hat damit zu tun, dass die Bürger kein Vertrauen in die Politik haben und sich von ihr betrogen fühlen. Das hat in den letzten fünf Jahren massiv zugenommen. Durch die Initiativen kritisieren sie den aktuellen Regierungsstil. Und wir glauben, darin muss man die Bürger auch unterstützen.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.

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