Anfeindungen gegen Politiker: Nehmen sie auch in Eimsbüttel zu?
Der Wahlkampf zu den Bezirks- und Europawahlen in Hamburg läuft. Während bundesweit Angriffe gegen Politiker publik werden, kommt es auch in Eimsbüttel zu Anfeindungen. Was Politiker berichten.
Von Julia HaasWut und Hass gegen Politiker nehmen derzeit zu. Dieser Eindruck entsteht bundesweit. Vertreter unterschiedlicher Parteien wurden in den vergangenen Wochen geschlagen, bespuckt oder bedrängt. Wie sieht es in Eimsbüttel aus, wo am 9. Juni die Bezirks- und Europawahlen stattfinden?
Infostände: Situationen drohten zu eskalieren
Dass die Reaktionen in diesem Wahlkampf auch in Eimsbüttel aggressiver werden könnten, zeichnete sich bereits Anfang des Jahres ab. Am letzten Februarwochenende soll ein 26-Jähriger an einem politischen Infostand in Schnelsen mehrere Personen belästigt und beleidigt haben.
Als er aufgefordert worden sei, den Stand zu verlassen, habe er eine gefüllte Bierdose in Richtung des Standes geworfen, sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage der Eimsbütteler Nachrichten. Nach Angaben mehrerer Bezirkspolitiker handelte es sich um einen Stand der SPD.
Polizeistatistik
Politisch motivierte Straftaten werden statistisch erfasst und ausgewertet. Zum Stichtag 6. Mai 2024 wurden in Hamburg für dieses Jahr 15 Straftaten gegen Politiker erfasst. Davon richteten sich sechs gegen Mitglieder der SPD, vier gegen Mitglieder der AfD und zwei gegen Politiker der Grünen. Im vergangenen Jahr waren es 88 Straftaten, mit 33 Fällen richteten sich die meisten gegen Politiker der Grünen.
In der Statistik werden „Amtsträger“, „Mandatsträger“, „Parteirepräsentanten / Parteimitglieder“ erfasst. Ob es sich um Kommunalpolitiker, Landes- oder Bundespolitiker handelt, wird nicht unterschieden.
Hinweis der Polizei: Die dargestellten Vorgänge für das Jahr 2024 sind nicht valide, da unterjährige Statistiken Veränderungen durch Nachmeldungen und neue Erkenntnisse unterliegen können.
Der Grünen-Politiker Ali Mir Agha nahm diesen Vorfall zum Anlass, seine Kinder nicht mehr zu Wahlkampfveranstaltungen mitzunehmen. In den letzten Wochen habe er mehrfach verbale Angriffe an Infoständen erlebt, berichtet er. Mehrmals befürchtete er, die Situation könnte eskalieren. Zu Handgreiflichkeiten sei es aber nicht gekommen.
Auch die Eimsbütteler SPD verzeichnete nach dem Vorfall im Februar keine weiteren Angriffe. Einmal hätte die SPD bei einer Veranstaltung jedoch einen rechtsextremen Störer des Saales verwiesen, sagt Geschäftsführer Matthias Marx.
„Oft sind Plakate, die wir abends aufhängen, morgens zerstört“
Was offenbar alle demokratischen Parteien betrifft: Wahlplakate werden zerstört und beschmiert. Laut Marx wurden SPD-Plakate in Niendorf mit rechtsextremen Symbolen versehen, im Kerngebiet mit antisemitischen Sprüchen. In Schnelsen seien wiederholt Plakate zerstört worden. Ob der Plakatvandalismus zugenommen habe, könne er jetzt noch nicht sagen.
Wie es sich anfühlt, wenn der eigene Kopf beschmiert wird, erlebt in diesen Tagen auch Ali Mir Agha. „Oft sind Plakate, die wir abends aufhängen, morgens schon zerstört.“
Wahlkampf 2024: Mehr oder weniger Schmierereien?
Ähnliches berichtet Heike Faust-Benecke von den Linken. Die Beschädigung von Stellschildern habe beträchtliche Ausmaße angenommen. Dabei handle es sich weniger um Bemalungen der Linken-Wahlplakate, sondern um das komplette Abräumen.
Das sieht auch CDU-Spitzenkandidatin Jutta Höflich so – allerdings nur in einigen Wahlkreisen. Dass es mehr Schmierereien als früher gebe, ist nicht ihr Eindruck.
Bei der FDP scheint der Eindruck ein anderer zu sein. Spitzenkandidat Benjamin Schwanke registriert vor allem im Univiertel mehr Schmierereien. Er spricht von „passiver Aggression“, die sich weniger in persönlichen Angriffen als in heimlichen Sachbeschädigungen äußere. In seinem Fall vermutet er hinter den Schmierereien Personen aus der linksextremen Szene. Vor allem wegen der Antifa-Aufkleber.
Das sagt die Polizei
Dass der Plakatvandalismus in Hamburg zunimmt, kann die Polizei derzeit nicht bestätigen. Bislang hat sie 24 Fälle von Sachbeschädigung an Wahlplakaten registriert. 2019 waren es nach Angaben eines Polizeisprechers 179. Dabei handelt es sich allerdings nur um die Zahl der Ermittlungsverfahren, nicht um die tatsächlich beschädigten Plakate. Im Laufe des Jahres könnten weitere Fälle hinzukommen.
Ob die Polizei ermittelt, hängt auch davon ab, ob die Parteien Anzeige erstatten. Matthias Marx von der SPD erklärt, dass seine Partei das im Einzelfall entscheide – antisemitische Äußerungen und verbotene rechtsextreme Symbole würden aber immer zur Anzeige gebracht.
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