“Nimmst du mir einen Kuchen vom Haken?”
Der Verein „Brot am Haken“ geht mit einem neuen Food-Sharing-Konzept in Hamburg an den Start. In Eimsbüttel sind schon zwei Läden dabei.
Von Phillip Holländer„Seit sechs Wochen steht auf dem Tresen im Café Kuchenstund das Holzbrett mit dem Haken. „Hier am Tibarg gibt es viele Leute die nicht viel zu Essen haben. Ich finde, man muss sich ein bisschen um die Menschen kümmern, denen es nicht so gut geht”, erzählt Besitzerin Katja Warband.
“Häng mal noch nen Kaffee dran”
Das Konzept ist simpel: Kunden bezahlen einen Kaffee oder Kuchen mehr. An den “Haken” wird dann der Bon gehängt, den Bedürftige wiederum als Gutschein einlösen können. “Dadurch, dass jemand anderes sogar bezahlt, habe ich als Unternehmer gar nichts zu verlieren“, freut sich Katja.
Da sie nach Ladenschluss nicht viel zum spenden über habe, sei sie froh durch den Haken frische Sachen während der Öffnungszeiten an Bedürftige weitergeben zu können. Momentan muss sie noch vielen Kunden das Konzept erklären: “Sie finden es gut und sagen dann oft: ‚Häng mal noch einen Kaffee dran!’”
Caffè sospeso als Vorbild
Katja hat von Brot am Haken auf Facebook erfahren und war direkt begeistert: “Ich kannte das Konzept aus Italien und finde das einfach gut”. Den aufgeschobenen Kaffee (Italienisch: Caffè sospeso) gibt es in Italien schon seit über 100 Jahren. In der Zeit des Ersten Weltkrieges konnten sich viele das Nationalgetränk nicht mehr leisten und so begannen die Leute sich den Kaffee gegenseitig zu bezahlen.
Hinter der Idee für „Brot am Haken“ stecken Henning Klimczak und Thilo Schinkel. Während ihres Designstudiums entwickelten sie vor drei Jahren das Konzept, das von einem Verein in München aufgenommen wurde. Dort machen bereits 30 Läden mit. Jetzt haben sie auch in Hamburg einen Verein gegründet. “Ich behaupte ja, dass die Hamburger ein größeres Herz haben als die Münchner”, meint Henning lachend.“ Also wenn es sich in München durchsetzt, dann sollte das in Hamburg ja kein Problem sein.”
Viel mehr als nur Brot
Der Verein möchte, dass das Teilen in der Gesellschaft mehr in den Vordergrund gestellt wird. Und da sieht Henning noch viel Bedarf. Rentnern, Alleinerziehenden, Kindern und allen denen es finanziell nicht so gut geht, soll durch den Haken geholfen werden. Dabei geht es nicht zwingend nur um Brot. “Das kann auch mal ein Eis sein. Für die meisten ganz normal, ist das für einige Luxus”, erklärt der 28-Jährige. Er zählt noch viele Dinge auf, die am Haken hängen könnten: Vom Haarschnitt bis zur Konzertkarte – da gebe es keine Grenzen.
Hakenhelfer gesucht
In dem frisch gegründeten Verein helfen aktuell acht Leute mit. “Wer Bock hat kann sich bei uns melden und “Hakenhelfer” werden”, wirbt Henning für mehr Mitglieder im Verein. Ihr Ziel sei es, dass so viele Läden wie möglich mitmachen. Zum Selbstkostenpreis von 50€ können Ladenbesitzer ein Brett bestellen. In der Tischlerei einer JVA in München werden diese angefertigt. Die teilnehmenden Läden können dann auf einer Karte eingesehen werden.
Das Cup & Cake im Eppendorfer Weg ist seit Juni mit dabei. Bei Axel stehen gleich zwei Haken im Laden. Damit die Kunden das Prinzip besser verstehen, hat er sich eine grafische Anleitung vom Verein anfertigen lassen. Und wenn nichts am Haken hängt, hilft er selbst aus. Gerade ist es ein beschriebenes Stück Pappe mit der Aufschrift “3€ für was Schönes”.
Obwohl noch nicht so viele Leute etwas an den Haken gehängt haben, sieht er für das Konzept großes Potential: “Das ist gerade für persönlich geführte Geschäfte etwas Schönes, denn auch ein kleiner Laden formt eine Meinung”. So sieht das auch eine Kundin, die gerade den Laden betritt. Sibylle Schuster hat schon mal etwas an den Haken gehängt: „Es ist gut, dass man den Haken hier immer sieht, das soll ja nicht in Vergessenheit geraten.“
Mehr Akzeptanz
Im Kuchenstund wirbt Katja für mehr Akzeptanz bei den Bedürftigen. “Viele die ich darauf anspreche, trauen sich nicht oder wollen nicht, dass es jemand mitbekommt”, erzählt sie von ihren bisherigen Erfahrungen. “Deshalb biete ich an, dass ich dann einfach später den Zettel vom Haken nehme.” Auch Katja hängt manchmal selbst etwas an das Brett. Immerhin 15 Leute hätten bisher gespendet. Einige würden mittlerweile auch kleine Nachrichten wie “Lass es dir schmecken” oder “Guten Hunger” auf den Bon schreiben.
Und auch Kinder hätten schon gespendet. Als Katja einer Mutter das Prinzip erklärte, hätte die Tochter der Kundin plötzlich nach Taschengeld gefragt. Sie wolle etwas an den Haken hängen, damit ein anderes Kind auch ein Eis bekommen kann.
Weitere Infos zum Verein Brot am Haken e.V. gibt es auf www.brotamhaken-hamburg.de. Hier findet ihr auch die Karte der teilnehmenden Läden.