Diskussion um Wiederaufbau: Bornplatzsynagoge ja – aber wie?
Wiederaufbau oder moderne Neuinterpretation? Die Debatte um die Bornplatzsynagoge wurde gestern in der Bezirksversammlung fortgesetzt.
Von Alana TongersDie Bornplatzsynagoge – sie wird das größte politische Thema der nächsten Jahre im Bezirk Eimsbüttel werden, kündigte Bezirksversammlungs-Vorsitzender Falk Tobler-Schmidt in seiner Eröffnungsrede an. Doch am Ende ging es vor allem um die kleinen Wörter: Soll „eine“ neue Synagoge am Joseph-Carlebach-Platz entstehen? Oder soll es ein Wiederaufbau „der“ Synagoge werden, die die Nationalsozialisten 1938 in großen Teilen zerstörten?
Die Frage um das Wie
Es war eine emotionale Debatte, die gestern zur Bornplatzsynagoge in der Bezirksversammlung geführt wurde. Und das, obwohl sich alle Fraktionen, die jüdische Gemeinde und eine kritische Initiative im Wesentlichen einig sind: Jüdisches Leben soll am Joseph-Carlebach-Platz präsenter werden. Und auch einer neuen Synagoge stehen alle Beteiligten positiv gegenüber. Wie diese aber genau aussehen soll, wurde kontrovers diskutiert.
Bewahrung von Erinnerungskultur
Denn: Am Joseph-Carlebach-Platz erinnert seit 1988 ein Bodenmosaik der Künstlerin Margit Kahl an die Umrisse der einstigen Synagoge. Die Initiative „Für einen breiten, offenen Diskurs über den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge“ setzt sich für den Erhalt des Mosaiks ein. Am Platz müsse auch weiterhin an die Toten der Shoah erinnert werden.
„Als Nicht-Jüdin empfinde ich eine Verpflichtung, darum zu kämpfen, dass dieser Ort erhalten bleibt“, so Ingrid Nümann-Seidewinkel, die als ehemalige Bezirkamtsleiterin das Mosaik mit auf den Weg brachte. Es gehe um die Bewahrung von Erinnerungskultur – das Mahnmal sei wichtig für die Nachkommen von NS-Tätern.
Die Initiative will deswegen einen modernen Neubau, der sich mit dem Bodendenkmal in Einklang bringen lässt. Das geht gegen den Wunsch der jüdischen Gemeinde. Es solle keine Kopie der alten Synagoge werden, so der zweite Vorsitzende Eli Fel. Doch die Bornplatzsynagoge soll als Wiederaufbau erkennbar sein. „Wir wollen zeigen, dass wir schon vorher da waren“, so Philipp Stricharz, erster Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Hamburg.
Zwischen Gedenken und Leben
Es gehe um die Frage, ob man den leeren Platz für Gedenken oder das jüdische Leben nutzen wolle, fasste Gabor Gottlieb von der SPD zusammen. „Denn das Bodenmosaik ist zurzeit nicht mehr mit Leben gefüllt.“ Doch eine neue Synagoge solle mehr als ein 1:1-Wiederaufbau werden.
Ähnlich äußerte sich Ali Mir Agha von den Grünen: Ein originalgetreuer Wiederaufbau könnte die Gegend ums Grindelviertel erschlagen. Doch er forderte auch, persönliche Meinungen zurückzustellen: „Eine Entscheidung ohne die jüdische Gemeinde steht mir als Enkelkind eines Wehrmachtssoldaten nicht zu.“ Heinrich Langhein von der CDU-Fraktion kritisierte die Vorschläge der Initiative – sie bevormundeten die jüdische Gemeinde.
„Falsches Signal“
Miriam Rurüp, Direktorin des Hamburger Instituts für die Geschichte der deutschen Juden, verteidigte die Forderungen der Initiative. Dass der Platz momentan nicht genutzt wird, sei kein Problem des Mahnmals, sondern der Gesellschaft. Mit einem modernen Gebäude könne man einen Blick in die Zukunft werfen und das Mosaik erhalten. „Es wäre ein falsches Signal, rückwärts zu bauen“, so Rurüp. Denn am Ende gehe es nicht um die Intention des Baus – sondern vor allem um dessen Wirkung.
Bereits im Frühjahr letzten Jahres finanzierte der Bund eine Machbarkeitsstudie zur Bornplatzsynagoge – sie soll bis Ende 2021 abgeschlossen sein. Im Dezember sagte der Bund dann zu, sich mit 65 Millionen Euro beim Bau der Synagoge zu beteiligen.