Geräuschlos mobil
Trankvile heißt ein neuer Laden in der Eimsbütteler Sillemstraße – das ist das Esperanto-Wort für „ruhig“. Der Name ist Programm, denn hier werden elektrische Fahrräder, Motorroller und Motorräder verkauft und die machen beim Fahren keinen Lärm. Am Samstag war Eröffnung.
Von Anja von BihlEin Motorrad ohne das röhrende „Brrrmm Brrrmm“ – ist das denkbar? Ja, sogar Biker könnten sich das vorstellen, meint Alexander von Waldow. Er erzählt, wie er mit seinem Elektro-Motorrad zum Motorradgottesdienst in Hamburg gefahren ist und sich gleich eine Traube von Bikern um sein Gefährt versammelte. „Ey, das geht ja gar nicht – ich brauch Krach!“, so habe sich der erste vor ihm aufgebaut. Das sei zu erwarten gewesen. Ein anderer aber habe sich sofort beeindruckt gezeigt: „Nein, Mann, das ist cool – das ist die Zukunft!“ In vielen Gesprächen mit Bikern habe er festgestellt, dass mindestens zwei Drittel von ihnen der Idee aufgeschlossen gegenüber stünden, so von Waldow.
Praktisch in der Stadt
Der Volkswirt und Softwareberater ist schon seit Langem vom Motorradfahren überzeugt, besonders in der Stadt: schnelleres Vorankommen, keine Parkplatzsuche. Auf diese Vorteile mochte er nicht verzichten, als vor fünf Jahren sein Motorrad den Geist aufgab. Doch wollte er umweltgerechter fahren und dachte an ein Elektro-Motorrad. „Aber es gab keins.“ Denn damit beschäftigte sich zu der Zeit kaum ein Hersteller. Da sei die Idee entstanden, auf dem Gebiet selbst etwas in die Wege zu leiten. „Ich habe mir gedacht, ich steige aus und mache etwas komplett Neues – in einem Bereich, den ich gut finde.“
Zunächst kaufte er sich also kein neues Motorrad. „Ich habe mir einen chinesischen E-Motorroller gekauft und fand’s richtig gut.“ China sei in puncto Elektromobilität Europa weit voraus, sagt Alexander von Waldow. In den chinesischen Großstädten seien im Zentrum ganz strikt nur elektrische Fahrzeuge erlaubt.
Leise bringt Genuss
Heute hat er wieder ein Motorrad, natürlich elektrisch, von einer deutschen Firma entwickelt, gefertigt in China. Denn inzwischen habe auf dem Gebiet auch bei uns eine Entwicklung eingesetzt. Ihm gefällt das nahezu geräuschlose Fahren: „Krach nervt mich.“ Er hat einen Helm mit integrierten Kopfhörern und kann während der Fahrt in der Stadt Musik hören. Erst ab 70, 80 km/h werde der Fahrtwind dafür zu laut.
Ein entscheidender Vorteil ist für Alexander von Waldow der Wirkungsgrad: Beim E-Motorrad könnten 90 Prozent der Energie in Bewegung umgesetzt werden, sagt er. Der Vergleich zum Auto: dort seien es nur 30 Prozent. Man könne also mit Strom zum einen viel preiswerter fahren als mit Benzin. Zum anderen fielen beim Elektromotor im Gegensatz zum Verbrennungsmotor alle beweglichen und damit reparaturanfälligen Teile wie Verteiler, Benzinpumpe, Vergaser und Auspuffanlage weg – und der Akku sei wartungsfrei. Den geringeren Betriebs- und Reparaturkosten stünden aber höhere Anschaffungspreise gegenüber. Ein Roller ist ab ca. 3.400 Euro zu haben, ein Motorrad ab etwas über 10.000 Euro.
Was für ihn aber vor allem zählt, ist der ökologische Gedanke: Fahrspaß ohne schlechtes Gewissen. Vorausgesetzt natürlich, es wird Ökostrom verwendet. Denn durch Atomstrom wäre der Effekt der Umweltschonung zunichte gemacht.
Woher kommt der Strom?
Hat man eine Garage mit Steckdose, ist das Aufladen ganz einfach: Stecker rein und wenn der Akku ganz leer war, ist er nach sechs bis acht Stunden wieder voll. Bei zusätzlichen Ladegeräten verringert sich die Zeit. Bei allen Motorrollern sowie bei den neuesten Motorrad-Modellen kann man aber auch den Akku leicht abnehmen und zum Nachtanken mit in die Wohnung nehmen. Oder man lädt bei Trankvile vor dem Laden. Noch steht die amtliche Genehmigung für eine Station allerdings aus.
Elektromotorräder können auch an den öffentlichen Stromtankstellen (wir berichteten…) aufgeladen werden, deren Netz in Hamburg derzeit ausgebaut wird. Dazu ist lediglich ein kleiner Adapter für das Anschlusskabel erforderlich.
Jedes Fahrrad ein E-Bike
Im Sortiment sind etwa drei Motorrad- und acht Rollermodelle sowie etliche E-Fahrräder. Daneben hat Trankvile zusätzlich eine kleine Vorrichtung im Programm: Eine Walze, die an einem ganz normalen Fahrrad mit einem Griff aufgesteckt werden kann. Sie verwandelt das herkömmliche Rad in ein E-Bike, bis sie ganz einfach wieder abgenommen wird. Allerdings ist das Gerät mit gut 700 Euro zur Zeit noch nicht gerade preiswert.
In Zukunft will Alexander von Waldow seine Elektrofahrzeuge nicht nur verkaufen, sondern auch für Ausflüge und zum Reinschnuppern verleihen oder an Auslieferservicefirmen vermieten. In Hamburg hat er so etwas wie eine Vorreiterrolle. Er ist nicht der einzige, der mit elektrischen Motorrädern und Rollern handelt, aber viel Konkurrenz gibt es noch nicht. Dass das Geschäft ein Wagnis ist, hat er einkalkuliert. Er rechnet damit, dass die Anlaufzeit bis zu drei Jahren dauern kann.