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Als Dramaturgin ist Edith Löbbert in verschiedene Prozesse einer Theaterproduktion eingebunden. Foto: Rainer Wiemers
Als Dramaturgin ist Edith Löbbert in verschiedene Prozesse einer Theaterproduktion eingebunden. Foto: Rainer Wiemers
Magazin #36

Was kann Theater?

Die Hamburger Kammerspiele wurden 1945 als „Theater der Menschlichkeit” gegründet. Bis heute versuchen sie, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Ein Blick hinter die Kulissen mit Dramaturgin Edith Löbbert.

Von Julia Haas

Die Spuren des Kriegs waren in Hamburg noch zu sehen, da eröffnete die jüdische Schauspielerin Ida Ehre die Hamburger Kammerspiele. Den Jahren der Grausamkeit setzte sie Menschlichkeit entgegen.

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„Wie schön wäre es, wenn man das Theater machen könnte, das zwölf Jahre lang gefehlt hatte. Fast ­möchte ich es ein ‚Theater der Menschlichkeit’ nennen, ein ‚Theater des guten Willens’”, sagte Ida Ehre im Jahr 1945.

Nächstes Jahr feiern die Kammerspiele ihr 80. Jubiläum. Wir haben mit Dramaturgin Edith Löbbert, 34 Jahre, gesprochen, in welcher Verantwortung sich das Theater heute sieht und wie es ist, als junge Frau in einem Traditionshaus zu wirken.

Hamburger Kammerspiele: Verantwortung, sich zu positionieren

Eimsbütteler Nachrichten: Die Hamburger Kammerspiele sind mit dem Stück „20. Juli” in die neue Spielzeit gestartet. Der Titel spielt auf das gescheiterte Stauffenberg-Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 an. Jugendliche stellen sich darin die Frage, wie sie einen Rechtsruck in Deutschland verhindern ­können. Welches Zeichen will das Haus mit diesem Auftakt setzen?

Edith Löbbert: Wir wollen Haltung beziehen – gegen Rechts. Theater kann den Raum bieten, um Themen zu verhandeln und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen eine Plattform zu geben. Kunst und Kultur, vor allem Theater, haben eine große Verantwortung, sich zu positionieren und das im Spielplan widerzuspiegeln. Dieser Verantwortung sind wir uns hier alle bewusst.

Haben die Ergebnisse der Europa- und Bezirkswahlen dieses Bewusstsein verstärkt?

Alle aktuellen Entwicklungen. Wir sprechen im Team viel darüber, auch über unsere eigenen Ängste, wohin all das führt.

Allgemein ist das in unserem Haus aber keine neue Ent­wicklung. Die Hamburger Kammerspiele haben immer versucht, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Und seitdem ich dabei bin, gab es dafür nie Gegenwind.

Weibliche Perspektiven herausarbeiten

Im April rief der Verein „Pro Quote Bühne” auf, das Thalia Theater zu boykottieren. Grund war eine fast frauenfreie Spielzeit. Wie nehmen Sie die Situation in den Kammerspielen wahr?

Dadurch, dass die Chefdramaturgin, Anja Del Caro, eine Frau ist, habe ich nicht das Gefühl, mich als Frau auf meiner Position behaupten zu müssen. Ich muss mir nichts erkämpfen, weil ich jung und weiblich bin.

Wir legen im Spielplan viel Wert darauf, weibliche Per­spek­tiven herauszuarbeiten. Und dass Regisseurinnen bei uns inszenieren. Denn natürlich macht es einen ­Unter­schied, wie und von wem ein Stück erzählt wird.

Seit 2021 arbeitet Löbbert an den Kammerspielen, zu­nächst als Dramaturgieassistentin und seit Juni als Dra­maturgin. Davor hat Löbbert in Hamburg Germanistik und Gebärdensprache studiert. Damals wohnte sie mit einer ehemaligen Redakteurin der Eimsbütteler Nach­richten zusammen, die häufig über die Eimsbütteler Theaterwelt berichtete. „Durch sie war ich oft als Be­sucherin in den Kammerspielen”, erzählt Löbbert über ihren ersten Kontakt zum Theater im Grindelviertel.

Was war damals Ihr erster Eindruck von den Kammerspielen?

Wer hier reinkommt, spürt die Magie des Hauses. Für mich ist es ein magischer Ort, gleichzeitig strahlt er ­etwas Ehrwürdiges aus. Im Saal finde ich das ­Fokus­sierte, das Guck­kasten-Artige besonders. Das ­spiegelt sich in der Aus­richtung der Stücke wider – viele sind psychologisch, ­viele kritisch. Der Zuschauer kann in die Figuren hineinschauen.

„Wenn das Licht dazukommt, entsteht eine neue Energie“

Als Dramaturgin wirken Sie bei der Auswahl und der Produktion der Stücke mit. Was ist der aufregendste Part?

Wenn wir von der Probebühne in den Saal umziehen, ist das ein besonderer Moment. Wenn das Licht dazukommt, entsteht eine neue Energie, wie ein Zauber. Und ich mag es, die Wandlungsfähigkeit unserer Schauspieler zu beobachten, wie sie auf der Bühne zur Figur werden.

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Standen Sie selbst mal auf der Bühne?

Ich komme aus Köln und habe als Kind bei alternativen Karnevalssitzungen mitgespielt. Während der Schulzeit habe ich viel Theater gespielt. Theater war immer in irgendeiner Form in meinem Leben. Später habe ich viel in der freien Szene gemacht, Produktionen begleitet und Theaterkollektive mitgegründet. Dabei habe ich gemerkt: Ich fühle mich wohler, hinter der Bühne mitzugestalten. Ich hatte nie das Gefühl, mich für das Theater entscheiden zu müssen. Es war immer klar, dass Theater zu Hause bedeutet.

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Was macht die Dramaturgie?

Viel Verschiedenes, sagt Löbbert. Sie ist unter anderem für die Ausrichtung und Profilgebung des Hauses zuständig. Dazu gehört, gemeinsam mit der Intendanz und künstlerischen Leitung einen Spielplan aufzustellen. Im Anschluss folgen Fragen nach Inszenierung und Besetzung. Später kommt die Gestaltung von Programmheften sowie das Lektorieren von Texten hinzu.

Während der Proben verstehen sich Dramaturgen als Kopf der Produktion: Sie sammeln Hintergrundwissen und gestalten die Stücke mit. Für Löbbert bedeutet das im Alltag ­häufig: morgens Probe, nachmittags Büro.


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