Die Essensretter in Eimsbüttel
Sharing is caring – und im Fall von Lebensmitteln auch umweltfreundlich. Immer mehr Essensretter praktizieren das sogenannte „foodsharing“. Ob Take-Away, öffentliche Kühlschränke oder Götterspeise, in Eimsbüttel gibt es einige Möglichkeiten, Nahrung vor der Tonne zu bewahren.
Von Lotta Stähr82 Kilogramm Lebensmittel wirft der durchschnittliche Deutsche im Laufe des Jahres weg. Das fand eine Studie der Universität Stuttgart 2012 heraus. Mit rund 250.000 Einwohnern fallen somit im Bezirk Eimsbüttel jährlich 20.500.000 Kilo an, die für die Tonne produziert wurden – gerade zu eine unvorstellbar große Menge.
Am 8. August dieses Jahres haben verschiedene Initiativen den Earth Overshoot Day, den Welterschöpfungstag, ausgerufen. Das ist der Tag, an dem die natürlichen Ressourcen der Welt für das ganze Jahr aufgebraucht sind. Vor drei Jahren wurde die kritische Marke erst am 20. August erreicht. Jedes Jahr ist der Welterschöpfungstag etwas früher.
Verschwendete Lebensmittel verbrauchen doppelt Ressourcen
Besonders die Produktion von Lebensmitteln kostet wertvolle Ressourcen. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Kampagne „Zu gut für die Tonne!“ gestartet, um über den Ressourcenverbrauch aufzuklären: Unmengen an Wasser, Ackerland und Energie würden für die Herstellung von Lebensmitteln benötigt. Werden die produzierten Lebensmittel einfach weggeworfen, sei nicht nur die Produktion sinnlos, sondern auch der Abtransport müsse bewältigt werden, der mit neuem Ressourcenverbrauch verbunden sei.
In Eimsbüttel haben sich mehrere Projekte zusammengetan, die sich zur Aufgabe gemacht haben, Lebensmittel vor der Tonne zu retten und so vor der Verschwendung zu bewahren.
Website zeigt, wo in der Stadt Essenskörbe bereitstehen
Foodsharing – ein neuer Trend, bei dem es darum geht, Nahrungsmittel zu retten. Die Website foodsharing.de koordiniert die Verteilung: Mehr als 18.000 sogenannte „Foodsaver“ engagieren sich dafür, dass Lebensmittel nicht weggeworfen, sondern geteilt werden. Auf der Website sieht man auf einer Karte, an welchen Orten in der Stadt Essenskörbe zur Abholung bereitstehen.
Die Nutzeraktivitäten auf der Seite lassen vermuten, dass in Hamburg das Angebot gut genutzt wird. Laut einer Statistik auf foodsharing.de ist Hamburg, hinter Berlin und Köln, auf Platz 3 der aktivsten Städte. Beinahe stündlich werden auf der Website neue Angebote eingestellt: Das Angebot reicht von gekochten Bio-Nudeln einer Kita über Obst- und Gemüsekörbe bis hin zu großen Kisten mit Brötchen, die im Treppenhaus zur Selbstbedienung abgestellt werden.
Immer mehr öffentliche Verteilorte
Neben privaten Anzeigen werden bundesweit immer mehr sogenannte „Fair-Teiler“ eingerichtet, öffentlich zugängliche Einrichtungen oder Orte, an denen Lebensmittel geteilt werden können. Meist sind es Kühlschränke, die von freiwilligen Spendern befüllt werden und deren Standorte auf foodsharing.de einsehbar sind. Daneben gibt es noch die Verteilung von Lebensmitteln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Uhrzeit – im Hinterhof, in der Garage oder direkt vor einem Supermarkt an der Osterstraße.
Der Eimsbütteler Marco Scheffler engagiert sich schon seit Jahren für Nachhaltigkeit und soziale Projekte in seiner Nachbarschaft. Als Gründer des „Eimsbütteler Salons“ rief er im Herbst 2012 die Aktion Götterspeise ins Leben. Kurz nach Ladenschluss des Supermarkts – an sechs Tagen die Woche – sammeln er und seine Helfer vor dem Edeka an der Ecke Osterstraße/Methfesselstraße Lebensmittel ein, die der Supermarkt nicht mehr verkaufen kann. Seit Dezember 2013 gibt es die „Götterspeise“ auch vor dem Biomarkt Erdkorn am Marie-Jonas-Platz in Eppendorf. Auch hier verteilen Freiwillige nach den Öffnungszeiten die übrig gebliebene Nahrung an Bedürftige weiter.
Foodsharing per App
Während eines Restaurantbesuchs im November 2015 überlegten die dänischen Gründer des Startups Too Good To Go, Stian Olesen und Thomas Björn Momsen, was mit all den übrig gebliebenen Speisen in Bäckereien und Bistros passiert. Und entwickelten gleich eine Lösung: die Weiterverteilung von Speisen durch eine Art Take-Away-Service. Über die App „Too Good To Go“ kauft man sich für kleines Geld einen Gutschein. Bei Vorlage des Gutscheins erhält man bei einem Partner-Restaurant eine Box, die mit Essen gefüllt wird. Wichtig dabei ist allerdings das Erscheinen kurz vor Ladenschluss.
Auch bei den Behältern denken die Betreiber an Nachhaltigkeit. Jedes Restaurant erhält Verpackungsmaterial, das nachhaltig produziert und biologisch abbaubar ist. Die Behälter bestehen aus Bagasse, einem Nebenprodukt, das beim Auspressen von Zuckerrohr entsteht. Die Tragetaschen sind aus Papier und Sushi-Schalen aus Biokunststoff gefertigt. In Eimsbüttel bietet die Small Coffee Lounge an der Hoheluftchaussee diesen Service an.
In einigen Restaurants ist es zudem bereits üblich, die Gäste für das Aufessen zu belohnen: so verlangen unter anderem das Kofookoo in der Rindermarkthalle und Jam Jam am Wandsbeker Markt Gebühren für übrig gebliebenes Essen.