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Foto: Anja von Bihl

Mitgefangen, mitgehangen

Frau Sisyphos bloggt über ihre Erlebnisse als Journalistin, Wahl-Eimsbüttelerin, Weltenbummlerin und Alltagsheldin. In Ihrer Kolumne bei den Eimsbütteler Nachrichten schreibt sie diesmal über das familienunfreundliche Thema Schuhekauf.

Von Frau Sisyphos

Mein Mann schaut betrübt drein. “Es hilft nichts”, sagt er und nestelt an der sich langsam  ablösenden Sohle seiner Sneaker herum, “ich brauche neue Schuhe.”  Gelegenheiten wie diese muss man beim Schopfe packen. Die Wahrscheinlichkeit, dass mein  Mann freiwillig einen Schuhladen betritt, ist in etwa so gering, wie auf Anhieb eine zentrale,  bezahlbare Wohnung in Eimsbüttel zu finden. Für alle, die nicht in Hamburg leben: sehr  gering.

Foto: Anja von Bihl
Foto: Anja von Bihl

Also stopfe ich das zweijährige Kleinkind in den Kinderwagen, schnappe mir seine  fünfjährige Schwester und hake mich bei meinem Mann unter. In Eimsbüttel mag es zwar  nicht unbedingt viele bezahlbare Wohnungen geben, wohl aber eine ansehliche Reihe an  Schuhgeschäften.

Im Laden steuert mein Mann zielgerichtet ein Regal an, zieht ein Paar heraus und sagt: “Das  nehme ich.” Erleichtert will er den Rückzug gen Kasse angehen.  “Halt!”, entgegne ich und stelle mich ihm in den Weg. “Die Kinder brauchen auch Schuhe.”  In dem Moment wird meinem Mann klar, dass er in eine Falle getappt ist. Wie auf  Kommando fängt er an zu humpeln. Er kann stundenlang im Wald spazieren gehen, aber kaum gehen wir shoppen, bekommt er Knieschmerzen. Sagt er.  Gequält schaut er mich an. “Muss das sein?”

“Mitgefangen, mitgehangen!”, erwidere ich und zeige auf das Kleinkind, das mittlerweile anderthalb Schuhregale leergeräumt hat. Dann knöpfe ich mir die Fünfjährige vor. Ein schwieriger Fall. Nicht, weil sie so wie mein Mann ist, sondern eher wie ich. Sie liebt Schuhe. Leider vor allem die, die entweder zu teuer, zu eng oder zu auffällig und damit wenig alltagstauglich sind. Gerne auch eine Mischung aus  allen drei Eigenschaften. Von Schuhen, die solide, mit Orthopädengütesiegel ausgestattet und  in unverwüstlicher blauer, grauer oder brauner Farbe sind, hält sie hingegen grundsätzlich  nichts.

“Die!”, sagt meine Tochter und zieht grellpinke Blinkturnschuhe hervor.

“Auf keinen Fall”, erwidere ich.

“Dann die”, sagt sie und zeigt auf weiße Stoffschuhe.

„Ne.“ Ich schüttele mit dem Kopf. “Weißt du, wie die nach nur einem Spielplatzbesuch  aussehen werden?”

Foto: Anja von Bihl
Foto: Anja von Bihl

“Dann die, und die, und die”, sagt das Kind und fuchtelt aufgeregt mit dem Finger vor dem Regal hin und her. Ich halte ihm zwei Paare zum Anprobieren vor die Nase. In dunklem Lila, unserem Kompromiss zwischen praktischem Braun-Blau-Grau und dem vom Kind  gewünschten Rosa-Pink-Weiß.

Dann wende ich mich wieder meinem Mann zu, der versucht, das brüllende Kleinkind zu  beruhigen.

“Sie schreit”, erklärt er mir und zeigt auf eine hochhackige Riemchensandale, “weil ich ihr  die da weggenommen habe.”

„Verständlich“, entgegne ich und schaue mir die Schuhe interessiert an, “sie kommt nach  mir.”

Ich muss an S. denken, die mir kürzlich von ihrem Schuhladen erzählt hat. Eine exquisite Kinderschuhboutique irgendwo zwischen Eimsbüttel und Eppendorf, sehr beliebt bei  begüteten Müttern, die keine Lust auf Blinkschuh-Diskussionen haben. So beliebt, dass das Geschäft vor einiger Zeit nummerierte Abreißzettel eingeführt hat. Wie im Arbeitsamt. Erst wenn die eigene Nummer dran ist, darf man zu den Schuhen vordringen und wird bedient. In dem Laden würde selbst ich Knieschmerzen bekommen.

Oder in dem, den ich mal besucht habe, als meine ältere Tochter zwei war. Es gab zwei  völlig überforderte Verkäuferinnen, von denen eine an der Kasse stand und die andere zwischen Lager und Verkaufsraum hin- und herjagte. Und es gab hinter den Schuhregalen  einen Bällebadraum, in den man nur durch eine kleinkindgroße, kreisrunde Luke in Kniehöhe gelangte. Die beiden vorbeihetzenden Verkäuferinnen bestanden darauf, nur persönlich die  Kinderfüße zu vermessen. Als endlich eine der beiden Zeit hatte, war das Kind im Bällebad  verschwunden und weigerte sich, herauszukommen. Die Verkäuferin zog zum nächsten Kunden weiter.

Stattdessen näherte sich die Kassiererin, während ich durch die Luke ins Bällebad kroch, um  meine Tochter herauszuholen. “Sie da!”, fuhr sie mich an, “das Bällebad ist nur für Kinder da!” Ich verließ den Laden unverrichteter Dinge mit einem weinenden Kleinkind im Arm. Mich wundert nicht, dass der Laden im vergangenen Jahr geschlossen wurde.

Bevor die Lage auch hier eskaliert, schiebe ich die Familie zur Kasse. Mein Mann hört beim  Verlassen des Ladens mit dem Humpeln auf. Das Kind freut sich über zwei neue Paar Schuhe. Das Baby versucht, sich seine neuen Sandalen über die alten Schuhe drüberzustülpen.

Und ich? Ich beschließe, später noch einmal wiederzukommen. Um die wenig alltagstauglichen Riemchensandalen näher in Augenschein zu nehmen. Und die wahrscheinlich sehr engen Stiefeletten neben der Treppe. Und die überteuerten Wedges, oben am Ausgang. Ganz in Ruhe, ohne Familie.

Foto: Anja von Bihl
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