Wo die Nachbarschaft gemeinsam tüftelt
Gemeinsam reparieren für eine nachhaltigere Gesellschaft. Im Repair Café geben Ehrenamtliche Handys oder Toastern ein zweites Leben. Das ist nicht immer einfach, doch ein neues Gesetz soll helfen. Ein Besuch.
Von Julius WettwerEin Schild mit den Worten „Repair Café“ begrüßt Besucher am Eingang des Kulturhauses Eidelstedt. Ein einfacher Raum im ersten Stock, nicht größer als ein Klassenzimmer, füllt sich an diesem Samstag mit Nachbarn und Expertinnen. Hier, zwischen Tischen voller Werkzeug und Materialien, arbeiten Gäste und Freiwillige Hand in Hand.
Elektronisches Piepen, metallisches Rattern und hölzernes Klappern erfüllen die Luft. Es duftet nach Kaffee und Kuchen. Monika Meyer, die Organisatorin des Repair Café Eidelstedt, ist überall. Sie huscht von Tisch zu Tisch, hilft, berät, unterstützt. Seit 2020 sorgt sie mit anderen Ehrenamtlichen dafür, dass diese Veranstaltung mehrmals im Jahr stattfindet.
Repair Cafés sind mehr als nur Treffen. Sie sind Orte, an denen alles, von Handys und Computern bis hin zu Fahrrädern und Textilien, repariert wird. Sie sind Orte des Lernens und der Gemeinschaft. Orte, die einen Teil zu einer nachhaltigeren Gesellschaft beitragen.
Repair Café Eidelstedt
Seit 2014 gibt es diese Treffen in Eidelstedt. Über 500 Reparaturen haben die Freiwilligen seitdem durchgeführt. „Für mich ist es die größte Freude, die Gäste mit ihren reparierten Lieblingsstücken nach Hause gehen zu sehen“, sagt Monika.
Aber sie betont, dass das Repair Café mehr ist als nur ein Reparaturservice. Es gehe um Zusammenarbeit, um gemeinsames Lernen, um die Freude am Reparieren. Sie und die anderen Ehrenamtlichen wollen einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.
Ein Recht auf Reparatur
Ein neues Gesetz, das „Recht auf Reparatur“, erleichtert es Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union zukünftig, ihre Elektrogeräte und Fahrräder zu reparieren. Es verspricht besseren Zugang zu Ersatzteilen, längere Garantien und günstigere Reparaturen. Ein wichtiger Schritt, denn jedes Jahr entstehen in Europa 35 Millionen Tonnen Abfall durch entsorgte Produkte, die eigentlich repariert werden könnten.
Die Freiwilligen des Repair Cafés kennen die Frustration, wenn Produkte so konstruiert sind, dass eine Reparatur fast unmöglich ist. Monika Meyer zeigt die winzigen Schrauben eines Fensterputzgeräts. Ohne das richtige Werkzeug, das schwer zu bekommen ist, kann es nicht repariert werden. Die Besitzerin geht genervt wieder.
Sollbruchstellen
Ein paar Tische weiter zerlegt Heike einen alten Toaster in seine Einzelteile. Die Diplom-Ingenieurin erklärt, dass viele Produkte eingebaute Sollbruchstellen haben, die sie nach einer bestimmten Zeit unbrauchbar machen.
Die geplante Obsoleszenz kann nicht nur die Reparatur erschweren, sondern auch ein Sicherheitsrisiko darstellen. Heike warnt vor dem Versuch, nicht reparierbare Mehrfachsteckdosen zu kleben. Viele werden nicht mehr verschraubt, sondern „geklippt“. Versuchen Käufer diese zu kleben, kann das zu gefährlichen Zimmerbränden führen. „Es kann sogar zu Staubexplosionen kommen“, betont sie.
Wissen wie dieses teilen die Ehrenamtlichen gerne mit den Gästen und reichen eine helfende Hand, wenn es darum geht, Dingen ein zweites Leben zu geben. Das nächste Mal wieder am 27. Januar ab 11 Uhr.
Das Team vom Repair Café Eidelstedt ist immer dankbar für helfende Hände. Interessierte Bastlerinnen und Bastler finden alle Informationen und Termine auf der Website repaircafe-eidelstedt.de.
Vorschläge für das EU-Gesetz
Das „Recht auf Reparatur“ ist Teil des europäischen „Green Deal“. Danach soll Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden. Das Gesetz für Recht auf Reparatur trägt dazu bei. Es soll für weniger Abfall und einen klimafreundlicheren Konsum sorgen. Das ist geplant:
Reparatur statt Austausch
Die Reparatur von Produkten ist über deren gesamte Lebensdauer möglich. Ein Austausch von Geräten ist demnach nur möglich, wenn dies mit „erheblichen Unannehmlichkeiten“ für den Verbraucher verbunden ist.
Zusätzlich verlängert sich die Gewährleistungsfrist um zwei bis drei Jahre. Verbraucher können sich direkt an Händler oder Hersteller wenden und eine Reparatur einfordern.
Ersatzteile statt Ersatz
Derzeit sind Ersatzteile für bestimmte Produkte oft schwer zu finden oder zu teuer. Verbraucher stehen häufig vor dem Problem, dass besonders Elektrogeräte wie Handys schwer zu reparieren sind. Das liegt an Software oder speziellen Schrauben. Solche Bauweisen sollen Hersteller zukünftig nicht mehr verwenden dürfen.
Förderung von Reparaturbetrieben
Eine wichtige Grundlage ist das Fördern von unabhängigen Reparaturwerkstätten. Auch Gutscheine und andere finanzielle Anreize stehen auf dem Plan. Zu diesen Betrieben gehören auch Repair Cafés.
Nächste Schritte
Noch ist das Recht auf Reparatur nicht endgültig entschieden. Die Europäische Kommission hat den Gesetzesvorschlag im März 2023 verabschiedet. Im November hat das EU-Parlament mit entschiedener Mehrheit zugestimmt. Auch der Ministerrat hat seine Verhandlungsposition zu dem Gesetz abgegeben, welche in einigen Punkten von dem Ursprungsentwurf abweicht. Damit die Verordnung europaweit in Kraft treten kann, müssen „Trilogverhandlungen“ abgehalten werden. Eine Verhandlung zwischen Parlament, Rat und Kommission.
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