„Tour de Farce“ in den Hamburger Kammerspielen: Miss Hill, fertig zum Diktat?
Die Komödie „Tour de Farce“ mit Tim Grobe und Caroline Kiesewetter in den Hauptrollen feierte am Sonntag in den Hamburger Kammerspielen Premiere. Eine Retrospektive auf das rasante Boulevardstück.
Von Nele DeutschmannSchriftsteller Herb und seine Gattin Rebecca befinden sich auf Promotionstour für sein Buch „Ehe währt für immer“ – eine Anleitung für ein dauerhaftes Eheglück. Unglücklicherweise – und nicht sehr werbewirksam – ist die eigene Ehe am Ende, was unter allen Umständen hinter verschlossenen Türen verwahrt werden muss.
Während sie auf einen Auftritt in einer TV-Show warten, wird das Hotelzimmer in einer amerikanischen Kleinstadt zum Ausgangspunkt eines temporeichen Verwechselungsspiels, in dessen Verlauf Grobe und Kiesewetter in insgesamt zehn verschiedene Rollen schlüpfen.
Rasante Rollenwechsel bei „Tour de Farce“
Im fliegenden Wechsel spielt Grobe den freundlichen, aber zunehmend verzweifelten Autor, den umtriebigen Hotelpagen, den depressiven schwedischen Kameramann, den heuchlerischen Senator und die resolute Senatorengattin. Eine vorausgegangene Knieverletzung lässt er sich nicht anmerken. Nur eine Bandage verrät, dass Grobe die Probenwochen mit Krücken absolviert hat.
Kiesewetter mimt die vernachlässigte und zickige Ehefrau, die sensationslüsterne Fernsehmoderatorin, die Geliebte des Senators, die unter allen Umständen berühmt werden möchte und dafür regelmäßig beim Senator zum „Diktat“ antritt, das räuberische Zimmermädchen und zu guter Letzt eine singende Nonne.
Reality-TV auf der Bühne: „Warum muss immer alles so ernst sein?“
Gesangsstark meistern die beiden Darsteller die Gesangsnummern, die Mathias Christian Kosel für diese Aufführung geschrieben hat. Und schon im Titelsong singt Grobe als Hotelpage Bill „Warum muss immer alles so ernst sein?“. Davon nimmt das Stück sogleich Abstand. Auch wenn gelegentlich medienkritische Töne und Anspielungen auf die amerikanische Politik anklingen, ist es doch alles andere als ernst.
Im Minutentakt werden Kostüme gewechselt, schon während des Umziehens hinter der Bühne die nächste Rolle gesprochen und im Laufschritt in die nächste Position gehastet. Besonders witzig der Einfall von Regisseur und Kammerspiele-Intendant Axel Schneider die rasanten Umkleideaktionen als Reality-TV auf einen Fernseher im Hotelzimmer zu übertragen.
Diese sportliche Leistung der beiden Komödianten und auch die Unterstützung des Teams hinter der Bühne, ohne die das Wechselspiel nicht möglich gewesen wäre, entlohnt das Publikum mit viel Gelächter, minutenlangem Applaus und stehenden Ovationen.