Der gravierende Unterschied: Handwerker des Jahres kommt aus Eimsbüttel
Horst Helm ist der letzte professionelle Handgraveur Hamburgs. In seiner Werkstatt im Eppendorfer Weg graviert er Schmuck, Pokale, antike Möbelstücke, Schilder und was ihm sonst unter die Finger kommt. Vor Kurzem wurde er zum Handwerker des Jahres gekürt.
Von Nele DeutschmannVon überall glitzern dem Besucher von Horst Helms Werkstatt die blanken Metalloberflächen entgegen. Schöne, alte Kacheln bedecken die Wände und Vitrinen beherbergen die Schätze. Ein massiver Tisch bildeten Raum- und Arbeitsmittelpunkt.
Präzision und eine ruhige Hand
Daran sitzen der 59-Jährige und sein Team in konzentrierter Ruhe. Die Arbeit verlangt Präzision und eine ruhige Hand. Helm arbeitet an einer Handgravur – freihand führt er den Stichel. Jahrelange Übung braucht es, um die feinen Striche ausführen zu können. Es ist ein Handwerk, das heute kaum noch jemand beherrscht.
Gerade haben die Handwerkskammer und Haspa ihn als Handwerker des Jahres ausgezeichnet. Ein Freund hatte ihn vorgeschlagen. Er wurde neben einer Hutmacherin und einem Segelmacher nominiert und gewann mit den vielen Stimmen seiner Kunden. Die Unterstützung rührt ihn und gereicht seiner Leidenschaft für den Beruf zu Ehren.
„Du bist der Letzte“
40 Jahre zuvor kam Helm von seinem ursprünglichen Plan Zahntechniker zu werden, schnell wieder ab. Sein Vater brachte ihn auf die Idee, sich mit dem Graveurshandwerk auseinanderzusetzen. Er fand einen Ausbildungsbetrieb in Lüneburg, nahe seiner Heimatstadt Bleckede, und der Graveur, damals selbst schon 70 Jahre alt, sagte ihm: „Du bist der Letzte, den ich ausbilden werde!“
Nach seiner Lehre machte Helm sein Fachabi nach und wollte Grafikdesign studieren. „Aber das war mir alles nicht so in de Mütz“, erzählt er, ins Plattdeutsch verfallend. Er wurde Chefgraveur bei Fahnen Fleck (das Unternehmen gehört europaweit zu den größten Flaggenherstellern), gravierte dort Pokale und Preise. „Da waren die Sorgen von Herrn Fleck wieder weg.“, lacht er. Aber auch das reichte ihm nicht und Helm beschloss, seinen Meister zu machen.
Meisterprüfung vor 30 Jahren
Die Innung stand vor der schwierigen Aufgabe, eine Kommission zusammenzustellen. Schon damals gab es nur noch wenige, die das Handwerk ausübten und fünf Meister müssen die Prüfung abnehmen. Glücklicherweise bekamen sie genug Prüfer zusammen und Helm erlangte seinen Meistergrad.
Seit 30 Jahren trägt er nun diesen Titel und bearbeitet die beiden Bereiche der pc-gesteuerten Maschinengravur und der Handgravur. Die Handgravur ist natürlich um einiges aufwendiger, wird aber aufgrund der hohen Qualität wieder viel nachgefragt. Ein besonderer Glanz entstehe durch die Bearbeitung per Hand, schwärmt Helm.
Werkstatt in Eimsbüttel
1989 übernahm er eine Gravurwerkstatt in einem Keller in der Goebenstraße. Seit 1990 sitzt er mit seiner Werkstatt nun im Eppendorferweg. Schon damals gravierte Helm nebenher auch immer per Hand, entwickelte Kupferstiche und verkaufte sogar einmal ein Bild in Worpswede, wie er stolz erzählt. Sein Handwerk ist auch Kunst.
Mittlerweile ist sein Team gewachsen. Sogar eine Goldschmiedin ist mit von der Partie, die zur Graveurin umgeschult wird. „Wir haben so viel zu tun, es ist der Wahnsinn!“, freut sich Helm. Kaum einer betreibe das Handwerk noch professionell, aber die Nachfrage wachse stündlich. Sie arbeiten hauptsächlich für Goldschmiede, Juweliere und Privatkunden.
Illustre Kundschaft
Von der Fürstin Bismarck über Jan Hofer, Olli Dietrich, Prinz von Schleswig-Holstein bis zu großen Vereinen, wie der Club an der Alster, finden sich prominente Kunden in der Liste Helms. Reklame müsse er kaum machen. Die Kunden würden ihm so schon „die Bude einrennen.“ Von überallher kämen die Aufträge.
Da kommen ihm viele verschiedene Sachen auf den Tisch. Neulich haben sie beispielsweise 200 Besteckteile mit Wappen versehen. „Das Schöne an unserem Beruf ist die Kreativität.“, sagt Helm. Jedoch kommen auch hochkomplexe Maschinen zum Einsatz, die über Softwareprogramme gesteuert werden. So können sie mittlerweile auch 3D-Effekte erzeugen – „eine ganz heiße Sache“, so Helm verschmitzt.
Mehr zum Handwerk in Eimsbüttel erfahrt ihr hier.