Hirn aus, Bauch an!
Die ausdrückliche Gebrauchsanweisung zum Erfahren der gezeigten Stücke lautet: Hirn aus, Bauch an – fühlen, nicht wissen – genau hingucken und sich eigene Gedanken machen. Wissenschaftliches Zerforschen ist in der aktuellen Ausstellung im Museum für Völkerkunde nicht gefragt.
Von GastZeitgenössische Kunst trifft auf Tradition, neu auf nicht zwangsläufig alt, Kunstgeschichte auf Völkerkunde. In Zeiten fortschreitender Spezialisierung in allen Bereichen des Lebens ist es fast schon notwendig, Dinge, die auf den ersten Blick vielleicht nicht zusammenpassen, in musealem oder galeristischem Umfeld nebeneinanderzustellen und damit vergleichbar zu machen.
Unter dem Titel „Beyond melancholia“ werden im Museum für Völkerkunde dreieinhalb Monate lang zeitgenössische Bilder, Objekte und Installationen aus der Sammlung Reinking mit Stücken aus den Sammlungen des Museums vergesellschaftet.
Da prangt ein Graffito neben einem etwa 100 Jahre alten Tanzmaskenanzug aus Guinea, eine Installation aus Glassärgen verbirgt sich in einer abgeteilten Höhle hinter einem wahrscheinlich aus dem indischen Wüstenstaat Rajasthan stammenden Tempeltor. Da teilt ein geschätzt sechs Meter langes Ruderboot von den irischen Aran-Inseln den großen, dunkel gehaltenen Saal, an dessen Wänden nicht gerade kleinformatigen Bildern neben einem überdimensionalen gelben, gitarrenähnlichen Monstrum großzügig Raum gegeben wird.
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Da nicht jeder mal eben – klick! – auf melancholisch umschalten kann, werden die Ausstellungsstücke kniffreich ausgeleuchtet und traurigstimmender Musik ausgesetzt. Das gefällt, wenn auch am Donnerstag vor der Ausstellungseröffnung beides noch nicht endgültig arrangiert worden war. Kann also nur noch besser werden.
Die Ausstellung „Beyond melancholia“ ist die erste von sieben in Zusammenarbeit mit der Sammlung Reinking. – Hm, nach der antiken, bis in die frühe Neuzeit gültigen Temperamentenlehre müsste jenseits der Melancholie das Phlegma einsetzen – und da wird’s dann gruselig: Nacht, Winter, Tod.
Die Ausstellung „Beyond melancholia“ ist vom 15. Juni bis 28. September im Museum für Völkerkunde Hamburg zu sehen. Zum Programm am Eröffnungstag geht es hier.
Text von Gastautor Matthias Münchow