Jeder sechste Hamburger Azubi im Handwerk ist Geflüchteter
Fast 600 Geflüchtete haben im letzten Jahr in Hamburg den Einstieg ins Berufsleben oder auf eine weiterführende Schule geschafft. Darunter auch der 21-jährige Dlovan Osey, der nun eine Ausbildung in einem Eimsbütteler Elektrobetrieb macht. Bildungssenator Ties Rabe hat ihn in seinem Ausbildungsbetrieb besucht.
Von Vanessa LeitschuhDlovan Osey ist seit einem halben Jahr Auszubildender in dem Eimsbütteler Betrieb „Elektro Schmelzer“ in Lokstedt. Er ist einer von 575 jungen Geflüchteten, die den ersten Jahrgang der Ausbildungsvorbereitungen für Migranten (AvM-Dual) erfolgreich abgeschlossen haben.
Dlovan verließ 2015 seine Heimatstadt al-Hasaka im kurdischen Norden Syriens und kam über die Balkanroute nach Hamburg. Er kam allein, zwei seiner Brüder hat er wieder gefunden, sie sind in Köln und Oslo verstreut. Ob seine Eltern noch in Syrien seien? Das wisse er nicht, antwortet der 21-Jährige.
Perspektiven für junge Geflüchtete
Nach zwölf Schuljahren in Syrien und zwei weiteren in Deutschland hat Dlovan eine berufliche Perspektive als Elektriker gefunden. In drei Jahren wird er seine Ausbildung abschließen. Was sein Ausbilder besonders an ihm schätze, sei seine Wissbegierde und Pünktlichkeit, Dlovan mache die Arbeit Spaß, er sei nie krank und verstehe sich gut mit seinen Kollegen. Diese wiederum teilen ihre Erfahrung gerne mit ihm. Damit hat Dlovan den Übergang in eine Ausbildung geschafft, wie rund ein Viertel seines Jahrgangs.
Vor Beginn der Ausbildung hatte er bereits zwei Praktika in dem Eimsbütteler Betrieb abgeschlossen, im Rahmen der Ausbildungsvorbereitungen für Migranten. Ein ganztägiges Schulangebot, das jungen Geflüchteten einen Berufseinstieg ermöglichen soll.
Dual, weil es nicht nur darum ginge, die Schulbank zu drücken und dort klassischen Unterricht zu bekommen, sondern auch das Berufsleben kennenzulernen. Für drei Tage in der Woche besuchen die Jugendlichen eine Berufsschule, zwei Tage einen Hamburger Betrieb.
Abschluss mit 1,0
Am Donnerstag war der Bildungssenator Ties Rabe zu Besuch in dem Elektrobetrieb in Eimsbüttel und hebt die positiven Zahlen der Ausbildungsvorbereitungen hervor.
Durch das duale Konzept könne sichergestellt werden, „dass die jungen Menschen zugleich Deutschland kennenlernen – die Gesellschaft, das Miteinander – aber auch das, was später für sie sehr wichtig sein wird, nämlich die Berufswelt“, so Ties Rabe.
Dlovan Osey war einer der Jugendlichen, die den ersten regelhaften AvM-Dual-Jahrgang absolvierten. Nach zwei Jahren erhielt der junge Syrer sein Abschlusszeugnis, den ersten allgemeinbildenden Schulabschluss, Dlovan brillierte mit einer 1,0.
Pflege- und Handwerksberufe beliebt
Knapp die Hälfte schafft den Übergang in eine Ausbildung, Beschäftigung oder die Oberstufe. Von den rund 1.300 Schülern des Jahrgangs besuchen 12 Prozent eine weiterführende Schule und knapp 6 Prozent finden direkt einen Arbeitsplatz. 340 Schüler (26,2 Prozent) haben eine Ausbildung begonnen, Dlovan ist einer von ihnen.
Eine Ausbildung im sozialen Bereich stoße auf großes Interesse bei den Jugendlichen, doch gerade im Handwerk finden viele den Einstieg in die Arbeitswelt: Jeder sechste Hamburger Auszubildende in einem Handwerksberuf komme aus einem Fluchtland, hebt Rabe hervor.
Integration über den Beruf
„Die Integration geflüchteter Jugendlicher gelingt am besten über den Beruf“, so Ties Rabe. „Mit dem ganztägigen Bildungsgang AvM-Dual hat Hamburg ein Angebot geschaffen, das geflüchteten Jugendlichen mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen gute Chancen auf Integration eröffnet.
Das Schulangebot der dualen Ausbildungsvorbereitung wurde 2014 als Pilotprojekt vom Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) gestartet, um zugewanderte Jugendliche – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus – besser auf eine Ausbildung oder Beschäftigung vorzubereiten. Seit 2016 gehört es in Hamburg zum regulären und verpflichtenden Angebot der berufsbildenden Schulen für zugewanderte und geflüchtete Jugendliche ab 16 Jahren.
Die Geflüchteten werden im Rahmen des Bildungsangebots von Berufsschullehrern, betrieblichen Integrationsbegleitern und den Praktikumsbetrieben unterstützt.