Nicht mehr alle Teller im Schrank
…hat die Künstlerin „Frau Jule” – zumindest wenn man vom Geschirr ausgeht, das sie an Hamburger Wänden verteilt. Denn statt auf Leinwand, malt und schreibt Frau Jule auf Tellern.
Von Alana TongersAngefangen hat alles mit politischen Botschaften auf Tassen, die sie an Freunde verschenkte. Irgendwann stellte sie fest, dass es sich auf Tellern deutlich leichter schreibt. Als sich die Geschirrkunst in ihrem Zuhause zu stapeln beginnt, wird ihr klar: Die Teller müssen raus! „So fanden sie den Weg an die Wände”, erzählt die Künstlerin.
Deine Botschaften schmücken auf Tellern den ganzen Stadtteil. Warum entsteht deine Kunst auf Porzellan und nicht klassisch auf Papier?
Papier ist ein toller Werkstoff, verliert durch seine Alltäglichkeit aber auch ein wenig an Reiz. An den Tellern mag ich vor allem das Dekor. Ich finde den Widerspruch zwischen dem leicht piefig wirkenden Blumendekor und meinen Botschaften besonders. Durch die Gegensätzlichkeit betont das eine das andere.
Zudem gehören die Teller, die ich nutze, eigentlich auf eine reich gedeckte Kaffeetafel zu Spitzendeckchen und Sahnetorte. Dadurch, dass sie nun an Wänden hängen, sorgen sie für Irritation im Blickfeld und bekommen zusätzliche Aufmerksamkeit. Ich möchte die Menschen damit in ihrer alltäglichen Geschäftigkeit ausbremsen und den Blick auf die ungewöhnlichen Dinge lenken.
Neben Liebe, Keksen und Revolution ist auch Mut oft Thema in deinen Werken. Warum und wofür sollten wir mutig sein?
Für die Liebe, Kekse und Revolution. Für genau all das. Doch an allererster Stelle für die Liebe. Ohne Mut funktioniert Liebe nicht. Und Liebe sollte in allem mitschwingen, was wir tun. Liebe ist eine gute Basis dafür, dass die Dinge gut werden. Egal, ob es sich um zwischenmenschliche Beziehungen, Ideen, Projekte, Revolutionen, Kekse und Kuchen oder Gegenstände handelt, die wir kreieren. Wer jemanden oder etwas liebt, macht sich immer auch verletzlich. Zu lieben bedeutet immer Risiko. Um sich da trotzdem auf den Weg zu machen und zu bestehen, braucht es Mut. Mehr als auf meine Teller passt…
So mancher Teller geht kaputt oder wird geklaut. Warum hängst du deine Kunst trotzdem im öffentlichen Raum auf?
Weil sie genau da hingehört. Ich mag den Gedanken, dass ich so viele unterschiedliche Menschen erreiche und bestenfalls ermutige und erfreue. Das funktioniert auf der Straße eben am Besten. Dass es Menschen gibt, die das kaputt machen, sagt mehr über die Menschen als über meine Kunst aus. Ich habe auch noch genug Liebe im Schrank, um nachzulegen. Liebe ist unkaputtbar.