Obdachlose in Niendorf: Wer in die neuen Unterkünfte ziehen soll
Die Sozialbehörde und Vertreter von “Fördern und Wohnen” haben die Anwohner über die neuen Obdachlosenunterkünfte am Garstedter Weg und in der Fett’schen Villa informiert. So fielen die Reaktionen aus.
Von Jacob GehringVor etwa einem Monat hat die Sozialbehörde bekannt gegeben, dass insgesamt 132 obdachlose Frauen und Männer am Garstedter Weg und in der Fett’schen Villa in Niendorf untergebracht werden sollen. Sie stammen aus dem Gebiet rund um den Hamburger Hauptbahnhof.
Um den Niendorferinnen und Niendorfern etwaige Unsicherheiten hinsichtlich ihrer neuen Nachbarn zu nehmen, hat die Sozialbehörde vergangene Woche zusammen mit dem städtischen Sozialunternehmen Fördern und Wohnen zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.
Obdachlosenunterkunft wirft viele Fragen auf
Dass dies kein einfaches Unterfangen werden könnte, zeigten die drei Polizisten, die an diesem Abend vor dem Veranstaltungsort, der Kirche am Niendorfer Marktplatz, postiert waren. Laut eigener Aussage seien sie dort, um “eventuelle Handgreiflichkeiten zu verhindern”.
Drinnen bemühten sich Petra Lotzkat, Staatsrätin der Sozialbehörde, sowie Ina Ratzlaff und Katrin Wollberg, Bereichsleiterinnen beim Betreiber Fördern und Wohnen, darum, die knapp 250 Anwesenden über das Vorhaben aufzuklären. Allerdings wurden sie immer wieder durch Zwischenrufe und Fragen aufgebrachter Anwohner unterbrochen. Die Stimmung war spürbar aufgeheizt.
Lotzkat erklärte zu Beginn, dass sich die Eröffnung der Pflegeunterkunft auf den 22. April verschiebe. Damit möchte die Sozialbehörde der benachbarten Schule Zeit geben, ein Bildungskonzept zu dem Thema zu entwickeln.
Wer soll einziehen?
Die zukünftigen Bewohnenden der Obdachlosenunterkunft sind hauptsächlich Personen, die derzeit in der Winternotunterkunft in der Friesenstraße 22 in Hammerbrook untergebracht sind. Allerdings ließen die dortigen Zustände keine dauerhafte und ausreichende Versorgung der teils Schwerkranken zu, sagte Wollberg.
Zu Beginn sollen nur 32 Personen in die Einrichtung am Garstedter Weg ziehen. Die Zahl soll dann in zweiwöchigen Intervallen auf 51 Personen steigen. Entscheidend für die Aufnahme sei, dass die Personen sich an die Hausregeln, sowie an die Regeln des öffentlichen Raums halten können, so Wollberg.
Keine Drogen, aber Alkohol erlaubt
Die Sorge der Anwohnenden, dass in die Einrichtung auch drogenabhängige und alkoholkranke Personen einziehen, zerstreute Wollberg. Im Vorfeld würden die Verantwortlichen genau prüfen, wer in die Unterkunft einziehen darf. Die Bewohner müssen dem Team der Straßensozialarbeit bekannt sein. Drogenkonsum soll dabei als Ausschlusskriterium gelten.
Zudem sind laut Lotzkat psychisch Kranke von der Aufnahme ausgeschlossen. Das gelte auch, wenn die Erkrankung im Zusammenhang mit starker Alkoholsucht steht. Allerdings bestätigte die Staatsrätin später auf Nachfrage eines Bürgers, dass Alkoholkonsum in der Obdachlosenunterkunft nicht grundsätzlich verboten sein soll. So sei es den Bewohnern gestattet, Bier und Wein zu konsumieren.
Pflegedienst soll Bewohner unterstützen
Was das Pflegekonzept der Einrichtung angeht, so sieht es für den Anfang vor, dass jederzeit zwei Pflegekräfte vor Ort sind. Diese soll ein ambulanter Pflegedienst bei der Pflege krankenversicherter Bewohnerinnen und Bewohner unterstützen.
Zur medizinischen Versorgung soll zweimal wöchentlich eine hausärztliche Betreuung angeboten werden. Zusätzlich sollen den Bewohnerinnen und Bewohnern durch Schwerpunktpraxen für Obdachlose und durch ein Krankenmobil weitere medizinische Angebote zur Verfügung stehen. Ob das ausreicht, wurde beim Infoabend von einigen Kritikern bezweifelt. Angesichts der 118 verfügbaren Plätze und den Vorerkrankungen der Betroffenen sei das zu wenig, sagte ein Besucher der Veranstaltung.
Obdachlose auch in Fett’scher Villa
Bei der Fett’schen Villa sind die Planungen weniger weit fortgeschritten. Wie Ratzlaff berichtet, soll am ersten April der Mietvertrag unterschrieben werden, sodass voraussichtlich zum Sommer die ersten Personen einziehen werden. Für sie gelten dieselben Vorauswahlkriterien wie für die Bewohner der Einrichtung am Garstedter Weg.
Allerdings stehe in der Villa ein sozialpädagogisches Beratungsangebot im Vordergrund, betont Ratzlaff. Auch hier sollen drogenabhängige Personen von der Aufnahme ausgeschlossen sein.
Kritik an Informationsweitergabe
Bei der anschließenden Fragerunde teilten einige Anwohner ihre Bedenken. Einer bezeichnete die Standortwahl als falsch. Der Alkoholismus der Obdachlosen passe nicht zu Niendorf. „In Blankenese hätte es so eine Entscheidung nicht gegeben.“ Es folgte Applaus. Warum man die Obdachlosen nicht in ehemals als Flüchtlingsunterkunft genutzte Boote im Hafen unterbringe, fragte er.
Andere wiederum kritisierten die „katastrophale“ Informationsweitergabe der Behörden und das ihrer Meinung nach nicht ausreichende Pflegekonzept. An einem runden Tisch, der ab Ende Mai geplant ist, soll ein weiterer Austausch stattfinden, teilte Lotzkat mit. Teilnehmen sollen unter anderem die Schule und die Kita am Burgunderweg, ein Elternrat, Ehrenamtliche und Anwohnende, damit sie dort mit den zuständigen Behörden sowie Fördern und Wohnen in den Dialog treten können.
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