Flüchtlingshilfe Harvestehude sucht Paten für Geflüchtete
Der Verein Flüchtlingshilfe Harvestehude e. V. bietet Freiwilligen die Übernahme einer Patenschaft für Flüchtlinge an. Ob Freizeitaktivitäten oder Behördengänge – die gemeinsame Zeit können Pate und Schützling individuell gestalten.
Von Carolin MartzÜber 270 Patenschaften hat die Flüchtlingshilfe Harvestehude e. V. bereits vermittelt. Aktuell sucht der Verein sechs weitere Paten für Geflüchtete in der Unterkunft Sophienterrasse. Die Übernahme einer Patenschaft bedeutet nicht die finanzielle Unterstützung eines Flüchtlings. „Die Bewohner sehen wie viel eine Patenschaft bewirkt und wünschen sich auch einen freundschaftlichen Ansprechpartner“, beschreibt Nicole Ehlers von der Flüchtlingshilfe Harvestehude.
Hilfe bei der Wohnungs- und Praktikumsplatzsuche, gemeinsame Unternehmungen oder die Erledigung des Wocheneinkaufs gehören zu den Aufgaben, die ehrenamtliche Paten für ihre Schützlinge übernehmen. Ob im Café, im Park oder zuhause, die Orte für gemeinsame Aktivitäten sind nicht vorgeschrieben. Den Paten sei es auch freigestellt, für etwaige Unternehmungen finanziell aufzukommen oder auf kostenfreie Angebote zurückzugreifen, betont der Verein.
Paten „spenden ihre Zeit“
Die Gestaltung einer Patenschaft sei individuell, so die Flüchtlingshilfe. Den zeitlichen Umfang könnten die Ehrenamtler selbst bestimmen. Auch entstünden keinerlei rechtliche Verpflichtungen. Jeder, der seine „Zeit spenden“ wolle, könne sich als Pate engagieren. Einzige Voraussetzung: Der Pate muss mindestens 18 Jahre alt sein und ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.
Für viele Paten und deren Schützlinge stehe der Aufbau einer persönlichen Bindung im Fokus der gemeinsamen Zeit, so der Verein. Ob als Mentor, Anleiter, Berater, Tutor oder Freund – es gebe zahlreiche Möglichkeiten, als Pate zu agieren. „Zum ersten Mal gemeinsam mit den Schützlingen ihre nationalen Gerichte zu kochen, war für mich beispielsweise einer der schönsten Momente“, erinnert sich Nicole Ehlers, die selbst Patin zweier Flüchtlinge ist.
Patenschaft für einen oder mehrere Geflüchtete
Paten können sowohl Einzelpersonen als auch Familien betreuen. Da Frauen nur in seltenen Fällen alleine flüchten, seien die meisten Einzelpersonen nach Angaben des Vereins männliche Flüchtlinge. Berührungsängste gebe es trotz verschiedener kultureller Hintergründe nur wenig, berichtet Ehlers. Insbesondere Patinnen müssten keine Angst davor haben, alleine einen Mann zu betreuen. „Ich bin Patin von zwei jungen Männern aus Syrien und Afghanistan. Ernsthafte Schwierigkeiten gab es bisher noch keine“, erklärt Ehlers. Sollte dies doch einmal der Fall sein, könne man sich jederzeit an den Verein wenden.
Kinderpatenschaften können nur im Rahmen der Familie übernommen werden. Minderjährige, die alleine geflüchtet sind, werden durch eine Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung betreut, so die Flüchtlingshilfe Harvestehude. In der Flüchtlingsunterkunft Sophienterrasse biete der Verein jedoch eine Kinderbetreuung an, in der sich Freiwillige mit Herz für die Kleinsten engagieren könnten.
Überwindung der Sprachbarriere
„Interessierte können sich beim monatlichen Infotreffen in den Räumlichkeiten der Gewerbeschule in der Isestraße 146 einen ersten Eindruck von dem Konzept der Patenschaft machen“, erklärt Ehlers. Diejenigen, die bereits Patenschaften übernommen haben, tauschen sich einmal im Monat über ihre Erfahrungen am „Stammtisch“ aus. Bei spezifischen Fragen könne man sich auch an andere Arbeitsgruppen innerhalb des Vereins wenden.
Nach Angaben der Flüchtlingshilfe sprechen alle Schützlinge zumindest etwas Deutsch oder Englisch. Je nach Fähigkeiten wähle der Verein nach erster Kontaktaufnahme passende Paten aus. Die meisten der Schützlinge bemühten sich sehr, weiter Deutsch zu lernen, betont der Verein. Gerade der Dialog mit ihren Paten helfe ihnen, ihre Sprachkenntnisse weiter zu verbessern und Sprachbarrieren im Alltag zu überwinden.
Unterschiedliche Vorstellungen als Herausforderung
Zur Herausforderung im Umgang können unterschiedliche Vorstellungen bei Pate und Schützling werden, weiß Nicole Ehlers. „Nachdem ich einem Flüchtling einmal erfolgreich einen Praktikumsplatz vermittelt hatte, entschied er sich kurzfristig dazu, den Platz doch nicht anzunehmen und einen anderen Weg einzuschlagen“, berichtet sie. Das sei zunächst enttäuschend gewesen.
Neben solchen Schwierigkeiten überwiegen für Ehlers aber positive Erfahrungen in ihren Patenschaften. „Die Ausbildung meines afghanischen Schützlings in seinem Heimatland wurde von den Behörden gerade als gleichwertig anerkannt“, freut sie sich. Es seien gerade die gemeinsamen Erfolge, die sie für eine Patenschaft immer wieder motivieren.