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Sina Demirhan möchte Landesvorsitzende der Hamburger Grünen werden.
Sina Demirhan hat auch aufgrund ihres Alters oft mit Vorurteilen zu kämpfen. Foto: Henning Angerer
Interview

Sina Demirhan, warum wollen Sie Landesvorsitzende werden?

Sina Demirhan ist 26, unterrichtet an einem Eimsbütteler Gymnasium und macht Politik. Jetzt bewirbt sie sich als Landesvorsitzende für die Grünen. Ein Gespräch über Rechtsextremismus, Hate-Speech und die Bedeutung von Vielfalt.

Von Alana Tongers

2019 saß sie in der Bezirksversammlung Eimsbüttel, 2020 wurde sie in die Bürgerschaft gewählt – nun bewirbt sich Sina Demirhan als Landesvorsitzende der Hamburger Grünen. Die bisherige Vorsitzende und jetzige Justizsenatorin Anna Gallina wird nicht erneut antreten, um ihre Ämter zu trennen. Um sie zu beerben, muss sich Demirhan Ende Mai auf dem Parteitag gegen die 35-jährige Maryam Blumenthal aus Wandsbek durchsetzen.

Eimsbütteler Nachrichten: Sie sind mit 16 Jahren den Grünen beigetreten. Was hat Sie damals bewogen, sich politisch zu engagieren?

Sina Demirhan: Ich bin in Geesthacht aufgewachsen. Dort hatten wir das Kernkraftwerk Krümmel vor der Tür. Mein Vater hat mich bereits als Kind zu einer Demonstration mitgenommen. Ich fand es beeindruckend, wie sich die Menschen für ihre Sache eingesetzt haben. So wurde ich schon früh politisiert. Deshalb habe ich später eine Grüne Jugend bei mir in der Stadt gegründet. Wir sind recht schnell 25 Jugendliche gewesen und haben unterschiedliche Aktionen gestartet. Als bekannt wurde, dass es da eine Grüne Jugend gibt, kamen sofort Mitglieder der NPD, die versucht haben uns zu gängeln. Da habe ich gemerkt, dass ich mich mit den Themen “Kampf gegen Rechts” und Umweltpolitik bei den Grünen am besten aufgehoben fühle. 

Warum wollen Sie Landesvorsitzende der Grünen werden?

Einerseits, weil ich schon im Landesvorstand bin, die Prozesse gut kenne und Verantwortung empfinde. Andererseits, weil ich wirklich Lust habe, unsere Partei weiterzuentwickeln. Und wie könnte man das besser als als Landesvorsitzende? Es motiviert total zu sehen, wie unsere Mitgliedschaft wächst. Wie viele Leute Interesse daran haben, unsere klaren politischen Ideen für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und eine bessere Mobilität umzusetzen – und für eine lebenswerte Stadt zu streiten. 

Gleichzeitig wären Sie keine typische Landesvorsitzende. Auf welche Hindernisse trifft man als junge Frau in der Politik? 

Es gibt natürlich viele Vorurteile. Aber ich scheue mich nicht vor schwierigen Themen, sondern will gerade die anpacken. Seit ich meine Kandidatur bekannt geben habe, gibt es deutlich mehr Hate-Speech gegen mich. Als engagierte Frau, die Politik macht, bekomme ich wirklich massenweise Nachrichten auf Instagram und Facebook mit Drohungen. Nicht nur von deutschen Rechtsextremisten, teilweise auch von türkischen Nationalisten. Alles, was geht, bringe ich zur Anzeige – das finde ich ganz wichtig! 

Wie gehen Sie mit solchen Nachrichten um? 

Es hat eine Weile gedauert, aber irgendwann entwickelt man eine andere Perspektive. Auf der einen Seite bin ich Kandidatin für den Landesvorsitz. Auf der anderen Seite ist da Sina Demirhan, die Lehrerin ist, in Eimsbüttel lebt und gerne am Isebekkanal spazieren geht. Man muss einen Vorhang vorziehen und verstehen, dass der Hass auf die öffentliche Person bezogen ist. 

An vielen Stellen in der Bewerbung geht es um Ihre Familie. Inwiefern hat Sie Ihre eigene Geschichte politisch geprägt? 

Meine Großmutter war ein großes Vorbild für mich. Sie war in Deutschland fremd, alleine mit den Kindern, weil mein Großvater früh gestorben ist und sie konnte die Sprache weder lesen noch schreiben. Trotzdem hat sie sich durchgeschlagen. Das sind die Erlebnisse, die mich geprägt haben: Wenn ich mit ihr einkaufen war und sie sich gefreut hat, weil sie die Preise lesen konnte. Oder wir gemeinsam schreiben und lesen gelernt haben, als ich in der Grundschule war. Diese Perspektiven sensibilisieren dafür, was es bedeutet, aus einem nicht privilegierten Haushalt zu kommen und wie man diese Perspektiven in die Politik trägt.

https://twitter.com/SinaDemirhan/status/1185974830677528577

Sie arbeiten auch als Lehrerin in Eimsbüttel. Hat die Arbeit am Gymnasium Ihren Blick auf das Thema Bildung verändert? 

Absolut. Schon vor Corona hatte unser Bildungssystem ein Gerechtigkeitsproblem. Und nun erleben Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen, wir alle, wie sich die Ungleichheit tagtäglich verschärft. Ich finde es gleichzeitig toll, wie viel man von den Kindern zurückbekommt. In der Corona-Pandemie haben wir einen Brief ans gesamte Kollegium bekommen, in dem sich unsere Schüler*innen dafür bedankt haben, dass wir trotz der schwierigen Situation versuchen, einen guten Unterricht zu ermöglichen. Da sieht man, wie viel Schule bedeutet. Dass Schule nicht einfach nur Lernen ist, sondern auch ein sozialer Raum, wo man sich gegenseitig unterstützt und füreinander da ist. 

Wie wollen Sie die Themen Anti-Rassismus und Bildung – sofern es mit dem Landesvorsitz klappt – mitnehmen? 

Es ist wichtig, für diese Themen überhaupt eine Repräsentanz zu schaffen. Zu zeigen, dass wir uns in Hamburg und auch in Eimsbüttel gegen Rechtsextremismus einsetzen. Beispielsweise wurden gerade die Plakate für die Opfer von Hanau an der Osterstraße abgerissen. Das ist ein Beispiel dafür, dass selbst in einem so vielfältigen und weltoffenen Stadtteil wie Eimsbüttel noch rassistische Denkmuster vorkommen. Die Aufgabe des Parteivorstands ist es, diese Themen nach vorne zustellen. 

Aus politischer Sicht waren Sie in Eimsbüttel fast ein wenig verwöhnt. Wie wollen Sie Grüne Themen in anderen Bezirken vertreten, in denen Ihre Partei nicht so stark ist? 

Das stimmt natürlich (lacht). Wir dürfen nicht nur dahin gehen, wo wir sowieso viel Potenzial an Wähler*innen vermuten – sondern auch dahin, wo es weh tut. Nur dann kann man Vorbehalte gegen unsere Politik abbauen. Also das große Ganze betrachten und in die gemeinsame Wirklichkeit aller Menschen in dieser Stadt gehen. 

Eine Frage zum Abschluss: Was verbinden Sie am meisten mit Eimsbüttel? 

Mit Eimsbüttel verbinde ich viele Begegnungsorte, an denen sich Menschen verschiedener Generationen treffen. Egal ob Singles oder Familien, diese Vielfalt finde ich besonders schön an Eimsbüttel. Deswegen wohne ich total gerne hier. 

Danke für das Gespräch!

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