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Kundgebung zur Erinnerung an die Massendeportation am 15. und 19. Juli 1942. Foto: Gesche Pelters
Kundgebung zur Erinnerung an die Massendeportation am 15. und 19. Juli 1942. Foto: Gesche Pelters
Gedenken

Von Eimsbüttel ins Ghetto: Kundgebung erinnert an NS-Deportation

Siebzig Menschen haben an die Massendeportationen der Nationalsozialisten aus Eimsbüttel erinnert. Eine Geschichte, die nicht in Vergessenheit geraten darf.

Von Johanna Grabert

Am 19. Juli 1942 musste sich Hilde Dublon auf dem Schulhof der Volksschule Schanzenstraße einfinden. Sechzehn Jahre alt war sie damals. Ihr Vater arbeitete als Viehhändler, auktionierte Rinder in den Räumen, in denen sich heute das Restaurant Bullerei von Tim Mälzer befindet. Mit ihren Eltern und einer Tante wurde Hilde vom Schulhof mit Polizeiautos zum Hannoverschen Bahnhof, nahe der heutigen HafenCity gebracht. Von dort aus transportierten die Nazis sie nach Theresienstadt in ein Ghetto. Ein Jahr später starb sie dort an Typhus.

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Die Nazis deportierten am 15. und 19. Juli 1942 über 1.700 jüdische Menschen wie Hilde nach Theresienstadt. Es war die sechste Zwangsverschleppung aus Hamburg und die letzte große. Unter den Deportierten waren 155 Anwohner des Weidenviertels, viele aus dem Grindelviertel und einige aus der Hamburger Umgebung. Von den rund 1.700 Personen überlebten nur 146.

„Das Grauen begann in unserer Nachbarschaft“

Siebzig Menschen haben dieser Geschichte am Dienstagabend gedacht. Gegenüber des Sternschanzenbahnhofs lauschte die Ansammlung Wortbeiträgen. Die Kundgebung fand bereits zum zweiten Mal statt. Holger Artus ist Teil der Initiative „Kein Vergessen im Weidenviertel“ und hat die Kundgebung organisiert. Die Initiative besteht aus drei Eimsbüttelern, die sich über ihr Engagement für Stolpersteine fanden. Ein Zitat auf der Website der Stolpersteine habe sie animiert: „Das Grauen begann nicht erst in Auschwitz… es begann in unseren Nachbarschaften!“

Holger Artus vor den 1.500 Namen der Deportierten vom 15. und 19. Juli 1941. Foto: Johanna Grabert
Holger Artus hat die Kundgebung organisiert. Foto: Johanna Grabert

Die Menschen hätten mitbekommen, wie die Vertreibung und Verfolgung in ihrer Nachbarschaft stattgefunden hat. Das Viertel trage die Geschichte in sich und sei ein wichtiger Anknüpfungspunkt für Gedenken. Holger Artus ist ein eingesessener Eimsbütteler und wusste viele Jahre nichts von den Massendeportationen in seinem Viertel. „Davon zu erfahren, schlug mir die Schamesröte ins Gesicht“, offenbart der Organisator.

Gegen Antisemitismus und Rassismus

Artus und seinen Kollegen recherchieren die Lebensgeschichten der Deportierten und erzählen sie weiter. Zu den Vertriebenen gehörten nicht nur jüdische Menschen, sondern auch Kommunisten, Sozialdemokraten, Homo- und Transsexuelle sowie Kranke. Im Vorfeld der Kundgebung schrieb Artus 29 Geschichten auf, veröffentlichte sie auf der Website der Initiative und verteilte sie in den Häusern, in denen die Verfolgten wohnten. „Mich schmerzt jede einzelne Geschichte. Nicht nur, weil die Menschen verfolgt wurden, sondern auch weil jüdische Menschen nach 1933 sehr verarmt leben mussten“, erzählt er.

Die Kundgebung nimmt eine klare Haltung gegen Antisemitismus und Rassismus ein. „Diese Ideologien waren die Vorboten der physischen Vernichtung“, betont Artus. „Wenn heutzutage ‚Corona-Kritiker‘ auftreten und von einer zionistischen Verschwörung reden, kriege ich das Kotzen.“

Schulbehörde in Verantwortung

Die Initiative will weitermachen, die Kundgebung soll jährlich stattfinden. Holger Artus wird weiter tausende Seiten im Staatsarchiv lesen und immer wieder auf neue Namen stoßen. „Es ist alles da“, sagt er, „aber man muss es lesen – und das ist sehr viel Arbeit.“

In der Schule Schanzenstraße habe es, wie in 40 anderen Hamburger Schulen, Zwangsarbeitslager gegeben. Diese Recherche sei besonders aufwendig. Artus sieht die Schulbehörde in der Verantwortung, die Geschichten systematisch aufzuarbeiten. Die Behörde habe allerdings bisher nur darauf verwiesen, dass es bereits Engagement in der Zivilgesellschaft gäbe.

Seit Anfang der Woche hängen 1.500 Namen am Tor der heutigen Grundschule Sternschanze. Die Initiative will Anwohner so auf die vergangenen Verbrechen aufmerksam machen. Auch Hilde Dublon ist unter ihnen. Kein Stolperstein trägt bisher ihren Namen. Daher ist der Zettel am Tor der Schule der einzige Hinweis auf ihr Schicksal im öffentlichen Raum – es ist ein Anfang.

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