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Protest-Banner der "Gartenfreunde der Mühlenkoppel e.V." Foto: Fabian Hennig
Julius-Vosseler Siedlung

Grünfraß in Eimsbüttel – Teil 3

Kleingärten sind wichtige Flächen für die Lebensqualität einer Stadt. Für die Julius-Vosseler Siedlung sollen die „Gartenfreunde der Mühlenkoppel e.V.“ umgesiedelt werden. Das geht auf Kosten der Grünflächen. Teil 3 der Reihe über die Julius-Vosseler Siedlung.

Von Fabian Hennig

Knapp 300 Meter Luftlinie entfernt von der Hagenbeckstraße liegt die Kleingartenanlage „Gartenfreunde der Mühlenkoppel e.V.“, auf deren Gelände die Julius-Vosseler Siedlung errichtet werden soll. Um genügend Ausgleichsflächen für die 34 Mitglieder des Kleingartenvereins zu schaffen, sollen an der Hagenbeckstraße 14 und an der Niendorfer Straße 20 Parzellen geschaffen werden. Das sah der erste Plan vor. Weil die Niendorfer Straße 99 zu weit weg liegt, wird zusätzlich der Kleingartenverein „Vereinigung Eimsbütteler Gartenfreunde von 1919 e.V.“ verdichtet, sodass 20 weitere Parzellen fußläufig entfernt entstehen.

Bereits 2011 hatten alle Fraktionen der Bezirksversammlung Eimsbüttel beschlossen, das Kleingartengrundstück an der Julius-Vosseler-Straße für Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen und die Parzellen auf Ersatzflächen umzusiedeln. Seitdem war der Bezirk auf der Suche nach geeigneten Ausgleichsflächen für die Kleingärtner. Das Areal an der Niendorfer Straße hat die Quantum Immobilien AG von der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Lokstedt erworben und an die Stadt weiterverkauft. Das Grundstück an der Hagenbeckstraße kauft die Stadt direkt von der dhu. Beide Flächen kann die Stadt als neuer Eigentümer künftig via Pacht den Kleingartenvereinen zur Verfügung stellen.

Frust bei den Kleingärtnern und Anwohnern

Der Vereinsvorsitzende Adalbert Pietrzak ist verärgert über die Pläne. „Wir werden uns wehren”, betont der 58-Jährige. „Dass hier teure Luxuswohnungen von Quantum gebaut werden und Grünfläche vernichtet wird“, sieht er nicht ein. Dafür möchte er seinen Garten nicht hergeben. Neben Bauprojekten wie den Stadtgärten Lokstedt ist Quantum für hochpreisige Immobilien bekannt – wie zum Beispiel für den Bau und die Vermarktung von 44 Luxuswohnungen in der Elbphilharmonie.

Auch die Ausgleichsflächen sind für Pietrzak keine Lösung. Dass die Mühlenkoppeler geschlossen als Verein umziehen können, sähe keine dieser Lösungen vor, erklärt der 58-Jährige. Zudem seien die neuen Parzellen viel kleiner und vor allem die älteren Mitglieder würden wohl nicht mehr mit umziehen. Außerdem bekomme man für ältere, gut erhaltene Lauben nicht viel Entschädigung. Am Ende zahlt man als Kleingärtner drauf, rechnet er vor.

Und auch die Anwohner sind besorgt über das Bauvorhaben. Hauptsächlich geht es um Fragen, wie sich das Wohnhaus mit 220 Wohnungen in die Umgebung einfügen wird, ob das erhöhte Verkehrsaufkommen zur Verschärfung führt oder ob die anliegenden Grundstücke einen Wertverlust erfahren. Eine Anwohnerin, die nicht namentlich genannt werden möchte, sieht die Genossenschaft dhu als Feigenblatt, um die teuren Eigentumswohnungen zu rechtfertigen.

Wenig Aussicht auf Erfolg

Der Vorstandsvorsitzende vom Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V., Dirk Sielmann, glaubt nicht an den Erhalt der Kleingartenanlage und findet die aktuelle Lösung „tragfähig“. Mit der Verdichtung der „Vereinigung Eimsbütteler Gartenfreunde von 1919 e.V“ ist er zufrieden, weil damit in fußläufiger Entfernung eine weitere Ausgleichsfläche geschaffen wird. Zudem betont er: „Alle Pächter können innerhalb eines Radius von 500 Metern eine neue Parzelle bekommen und bleiben damit zusammen.“ Und in Zeiten großer Nachfrage freue er sich über die zusätzlichen 20 Parzellen.

Der Vereinsvorsitzende Pietrzak ist von Sielmann enttäuscht. Zu keinem Zeitpunkt habe er sich dafür eingesetzt, dass die Mühlenkoppeler dort bleiben können, und nur für einen Umzug plädiert. Zudem stehe das SPD-Mitglied Sielmann in der Doppelfunktion als Vorsitzender der Hamburger Gartenfreunde und Vorsitzender der Bezirksversammlung in Hamburg Mitte in einem offensichtlichen Rollenkonflikt. Das SPD-geführte Bezirksamt Eimsbüttel möchte das Bauvorhaben mit Quantum und der dhu verwirklichen.

Bürgerbegehren abgelehnt

Um den Kleingartenverein doch noch zu erhalten, hat sich aus Kleingärtnern und Anwohnern die Bürgerinitiative „Stoppt den Grünfraß in unserer Stadt“ gebildet. Innerhalb weniger Tage wurden über 1.000 Unterschriften gesammelt. Doch der Senat kippte das Bürgerbegehren innerhalb einer Woche. „In unseren Augen ein weiterer Schritt, der gesetzlich vorgesehenen angemessenen Bürgerbeteiligung nicht hinreichend nachzukommen“, schreibt die Bürgerinitiative.

Statt auf Grünflächen sollte auf bereits versiegelten Flächen gebaut werden, fordert Christian Rudi von der Initiative. „Andernorts gehen Discounter längst dazu über, ihre Marktflächen im Erdgeschoss mehrstöckiger Wohnanlagen anzulegen.“ In Zeiten von Wohnraummangel sei dies ein überfälliger Schritt.

Weniger Grünfläche in Lokstedt

Das Grundstück der Gartenfreunde Mühlenkoppel ist zwei Hektar groß, nach dem Abriss an der Hagenbeckstraße stehen gut 3.000 Quadratmeter zur Verfügung. Die Verdichtung der Vereinigung Eimsbütteler Gartenfreunde von 1919 e.V und die Niendorferstraße 99 sind im Bebauungsplan bereits als Dauerkleingärtenflächen ausgewiesen. Demnach verliert der Stadtteil durch die Baumaßnahme mehr Grünfläche als er gewinnt. Und wenn ab 2020 ein weiterer Kleingartenverein, die „Gartenfreunde Wittkamp e.V.” am Spannskamp, auf den Autobahndeckel Stellingen zieht, wird die Grünfläche in dem Gebiet noch kleiner.

Kleingärten sind nicht nur Platzfresser, sondern wertvolle ökologische Flächen, die den Lärm verringern, Staub binden und durch mehr Grün bessere Lebensqualität schaffen. Besonders in hoch verdichteten Gebieten werden durch Kleingärten nahgelegende Erholungsgebiete geschaffen. Nach Fertigstellung aller Baumaßnahmen sind zwar 20 zusätzliche Kleingärten entstanden, die Grünfläche hingegen ist kleiner geworden.

2010 veröffentlichte das Bezirksamt Eimsbüttel ein Konzept namens “Freiraumqualitätsoffensive”. Darin heißt es: “In den Urbanisierungszonen sollen trotz oder besser wegen der Nachverdichtung die Grün- und Freiflächen konsequent gesichert und aufgewertet werden.” Wie die Pressestelle des Bezirksamtes in einer Email mitteilt, ist es die Absicht, durch den Abriss „den Stadtpark Eimsbüttel zu stärken und den Anteil an Grünflächen zu erhöhen, auch zur Kompensation für die geplante bauliche Verdichtung auf den Kleingartenflächen an der Julius-Vosseler-Straße und am Lenzweg.“ Der Anteil an Grünflächen ist kleiner geworden.

Lokstedt wird sich stark verändern

Nicht nur die Julius-Vosseler Siedlung wird das Gebiet verändern, denn zukünftig sollen nördlich des Baugrundstücks, zwischen Koppelstraße, Julius-Vosseler-Straße und Bahnanlagen, weitere Wohngebäude gebaut werden. Durch den Bebauungsplan „Lokstedt 64“ werden die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine höhere bauliche Dichte im Umkreis der U-Bahnhaltestelle Hagenbecks Tierpark geschaffen und im südlichen Bereich gemischte Bauflächen ermöglicht. Der Bebauungsplan „Lokstedt 63“ sieht vor, die als Parkplatz ausgewiesene Fläche an der Lokstedter Höhe mit Wohnungen zu bebauen. Auch dort unter der Beteiligung von Quantum.

Dass die Metropole Hamburg stetig wächst, ist auch der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Dorothee Stapelfeld, bewusst. Ende April kündigte sie an, die Taktzahl der Baugenehmigungen künftig von 6.000 auf 10.000 pro Jahr zu erhöhen. Und da Hamburg im Zentrum über wenig freiliegende Flächen verfügt, muss nachverdichtet werden. Das heißt Baulücken schließen, vielgeschossiger bauen und mehr Häuser auf den Grundstücken. Preiswerten Wohnraum zu schaffen, ist damit Priorität der städtischen Entwicklung. Doch nicht auf Kosten der Grünflächen.

Lesen Sie Teil 1 unserer Reihe über die Julius-Vosseler Siedlung: „Architektenentwurf für die Julius-Vosseler Siedlung“, und Teil 2: „14 Kleingärten statt 52 Wohnungen.“

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