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Extinction Rebellion protestierte am Dienstag in Eimsbüttel. Foto: Catharina Rudschies
Extinction Rebellion protestierte am Dienstag in Eimsbüttel. Foto: Catharina Rudschies
Klimakrise

„Es ist Zeit für Rebellion“ – Protestaktion gegen das Aussterben

Am Dienstag, den 30. Juli haben die Aktivisten der Umweltbewegung „Extinction Rebellion“ bei der Apostelkirche in Eimsbüttel „rebelliert“. Der Umwelt zu Liebe leisten sie gewaltfreien, zivilen Ungehorsam. Wie sieht das aus?

Von Catharina Rudschies

28 Menschen sitzen vor der Apostelkirche in Eimsbüttel im Gras. Sie bilden einen Kreis und reden der Reihe nach darüber, wie es ihnen geht. „Ich bin ein bisschen aufgeregt“, sagt eine junge Frau. „Ich bin heute unfassbar müde“, erzählt eine andere. Was ein bisschen so wirkt wie das Treffen einer Selbsthilfegruppe, bildet die Vorbereitung für eine Protestaktion. Die Eimsbütteler Gruppe der Umweltbewegung Extinction Rebellion (XR) hat am Dienstagnachmittag den Verkehr in der Lappenbergsallee drei Mal für jeweils sieben Minuten lahmgelegt. Ihr Anliegen: Die Klimakatastrophe verhindern.

Gewaltfrei in den Kampf gegen die Klimakrise

Die Umweltbewegung Extinction Rebellion hat ihren Ursprung in Großbritannien. Dort gründete sie sich im Oktober 2018. Seitdem formieren sich immer mehr Gruppen überall auf der Welt, darunter im Juni eine in Eimsbüttel. Die Aktivisten wollen auf die Klimakrise und das massive Artensterben aufmerksam machen. Dabei setzen sie voll und ganz auf gewaltfreie Aktionen des zivilen Ungehorsams – so wie die in der Lappenbergsallee am Dienstagnachmittag.

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Mit Transparenten treten die Aktivisten auf die Straße und sperren die Durchfahrt für den Autoverkehr. Sie singen: „We want climate justice. And we want it now!“ Die Aktion ist sehr genau durchgeplant, die Rollen der Aktivisten klar verteilt. Einige halten Transparente und sperren die Straße, einige spielen Gitarre und singen, andere verteilen Flyer an die Autofahrer und sprechen mit ihnen. Während ein Aktivist die Zeit stoppt, halten mehrere Personen Zeitschilder an verschiedenen Orten hoch. Dort sind sie sowohl für die wartenden Autofahrer als auch für die anderen Aktivisten gut sichtbar. Nach sieben Minuten ist alles vorbei. Die Straße wird frei gegeben, die Autos können weiterfahren.

„Wählen gehen reicht nicht mehr“

Schon in der Vorbesprechung heißt es: „Gegenüber unseren Mitmenschen, die lediglich ihrem Alltag nachgehen, werden wir uns achtsam und respektvoll verhalten. Wir bedauern sehr, dass wir das öffentliche Leben und die öffentliche Ordnung stören müssen.“ Der Aktionskonsens wird vor der Aktion laut verlesen, um ihn den Teilnehmern ins Gedächtnis zu rufen. „Gleichzeitig sehen wir uns an einem Punkt, an dem die politische, ökonomische und soziale Realität uns zu disruptiven Aktionen zwingt.“ Die Aktivisten von Extinction Rebellion sind enttäuscht von der Politik, die sich um die Klimabelange der Welt nicht zu kümmern scheint. „Wählen gehen reicht nicht mehr, um etwas zu verändern“, sagt Christine, 30. Deshalb habe sie sich dazu entschieden, sich zusätzlich aktiv einzubringen.

Fotostrecke Extinction Rebellion:

Neben gewaltfreien Aktionen wie Straßen- und Brückenblockaden oder sogenannten Die-Ins, bei denen sich die Aktivisten wie Tote auf den Boden fallen lassen, arbeitet die Bewegung nach den Prinzipien der sogenannten Regenerationskultur. Diese sieht vor, dass die Gefühle der Teilnehmer vor und nach den Aktionen besprochen und ernst genommen werden. Dabei kann es um allgemeine Gefühle angesichts der Klimaveränderungen gehen oder um Emotionen, die während einer Protestaktion entstanden sind.

„In den Regenerationstreffen kann man aussprechen, was einen bedrückt. Zum Beispiel, dass man wütend ist, weil einfach nichts passiert“, erklärt Nadine. Die 25-Jährige Eimsbüttelerin hat Extinction Rebellion über eine Fridays-for-Future-Demonstration kennengelernt. Der Ansatz der gewaltfreien Kommunikation habe ihr auf Anhieb gefallen. „Ich bin davon überzeugt, dass wir auf respektvolle Weise miteinander umgehen müssen, auch wenn es um unangenehme Themen geht“, erklärt Nadine.

„Hallo, deine Zukunft sieht scheiße aus“

Der achtsame Umgang untereinander soll Verbundenheit schaffen und die Mitmenschen auf positive Art dazu auffordern, selbst aktiv zu werden. Die Extinction-Rebellion-Bewegung ist überzeugt: Handeln wir nicht jetzt, ist es für die Lebewesen – einschließlich der Menschen – dieser Erde zu spät. Das massenhafte Artensterben sei bald nicht mehr aufzuhalten. „Es ist nicht mehr 5 vor 12, sondern schon 12“, sagt Ilse, 69 Jahre alt und das erste Mal bei einer Aktion der jungen Umweltbewegung. Auf der Website von Extinction Rebellion heißt es: „Hallo, deine Zukunft sieht scheiße aus“.

Die Umweltbewegung XR hat deshalb drei zentrale Forderungen:

  • Die Regierung muss die Wahrheit über die ökologische Krise offenlegen und den Klimanotstand ausrufen.
  • Die Regierung muss sofort handeln, um das Artensterben zu stopppen und die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2025 auf Netto-Null zu senken.
  • Die Regierung muss eine Bürgerversammlung einberufen, die die notwendigen Maßnahmen für Klimagerechtigkeit und gegen die ökologische Katastrophe erarbeitet und verpflichtet sich, deren Beschlüsse umzusetzen.

Die Forderung nach einer Bürgerversammlung spiegelt die basisdemokratische Arbeitsweise von Extinction Rebellion wider. Bürger wie Aktivisten haben laut Extinction Rebellion das Recht auf Mitbestimmung. In der Bürgerversammlung sollen sie deshalb mithilfe von Experten und Hintergrundinformationen diskutieren und Lösungsansätze erarbeiten. Und auch bei den Treffen rund um die Protestaktionen wird alles auf Basis des Konsenses entschieden. „Ich würde vorschlagen, wir verteilen jetzt die Rollen und dann lesen wir noch einmal unseren Aktionskonsens vor. Ist damit jeder einverstanden oder gibt es Gegenstimmen?“, heißt es da zum Beispiel. Die Aktivisten schütteln mit den erhobenen Händen – das Zeichen für Zustimmung.

Inspiration und Aufmerksamkeit

Nachdem alles geklärt ist, sammeln sich die Aktivisten an ihren Posten. „Mein Anliegen ist, dass die Politik endlich etwas macht“, erklärt Ilse. Seit den 80er Jahren ist sie regelmäßig auf Demonstrationen und weiß, dass viele Aktionen ins Leere laufen. Die Aktivisten setzen deshalb darauf, dass ihre Proteste auch Aufmerksamkeit bei den Menschen erzeugen, denen die Dringlichkeit der Problematik noch nicht bewusst ist. „Ich erhoffe mir, dass wir andere dazu inspirieren können, selbst etwas zu tun und wir dadurch nicht auf die Politik warten müssen“, sagt Nadine. Vielleicht ist Extinction Rebellion also doch eine Selbsthilfegruppe.

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