
Mikroapartments: Viele Gesetze, aber nichts hilft?
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die den Wohnungsmarkt zügeln sollen – von der Mietpreisbremse bis zur sozialen Erhaltungsverordnung. Was greift bei Mikroapartments?
Von Frieda StadtlanderWenig Fläche für viel Geld: Dass Mikroapartments rechtens sein sollen, erhitzt die Gemüter. Auf Instagram empörten sich viele darüber. Es sei ekelhaft, wie aus der Wohnungsnot von Menschen Profit gemacht werde, schreibt eine Nutzerin. In einem anderen Kommentar heißt es, Mikroapartments sollten selbstverständlich rechtswidrig sein. Der Diskussion war ein Beitrag der Eimsbütteler Nachrichten über solche Mini-Wohnungen bei der Apostelkirche vorausgegangen.
Eigentlich gibt es verschiedene rechtliche Grundlagen, die Missstände auf dem Wohnungsmarkt verhindern sollen, im Fall von Mikroapartments scheint bisher aber nichts zu wirken. Ein Überblick.
Worum geht es?
Mikroapartments sind kleine Wohnungen, die möbliert für verhältnismäßig viel Geld vermietet werden. Je nach Art des Anbieters müssen sich die Bewohner von mehreren Mikroapartments Küche und Bad teilen. So ist es etwa in einem Mikroapartment bei der Apostelkirche. Hier wurde eine 3,5-Zimmer-Wohnung in vier Mikroapartments umfunktioniert. Die monatlichen Mieteinnahmen für die gesamte Wohnung haben sich von fast 1.100 Euro auf knapp 3.400 Euro mehr als verdreifacht, heißt es in einer Anfrage der Hamburger Linksfraktion.
Das kleinste „Apartment“ misst nach Angaben des Anbieters Stacey sechs Quadratmeter und kostet 695 Euro im Monat. Das entspricht einem Quadratmeterpreis von rund 115 Euro – der durchschnittliche Mietpreis für einen Quadratmeter liegt in Hamburg bei etwa 17 Euro.
Mieterinitiative gegen Mikroapartments
Ein Anwohner des Hauses, Jürgen Kahlert, berichtet den Eimsbütteler Nachrichten, dass die einzelnen Zimmer, also Apartments, nicht einzeln abgeschlossen werden könnten.
Er denkt, die meisten Menschen würden nur notgedrungen und für so kurz wie möglich in Mikroapartments ziehen. Die hohen Mieten und die unangenehme Wohnsituation seien kaum tragbar.
Kahlert will sich mit anderen Altmietern seines Hauses gegen die Mikroapartments wehren. Der Entzug mehrerer Mietwohnungen aus dem normalen Mietermarkt sei angesichts der katastrophalen Wohnungssituation in Hamburg nicht hinzunehmen.
Maßnahme I: Die soziale Erhaltungsverordnung
Für das Wohnhaus bei der Apostelkirche gilt eine Verordnung zur sozialen Erhaltung. Sie soll einer sozialen Verdrängung entgegenwirken. Bereits 2023 wandte sich die Hamburger Linksfraktion damit an den Senat.
Die soziale Erhaltungsverordnung
Mit der sozialen Erhaltungsverordnung versucht die Stadt Hamburg, Verdrängungseffekten entgegenzuwirken und günstigen Wohnraum zu schützen. Es soll unter anderem verhindert werden, dass Altbauten durch Aufwertungsumbauten für immer mehr Geld vermietet werden. Eigentümer, deren Gebäude im Gebiet der sozialen Erhaltungsverordnung liegen, müssen unter anderem Einbauten von Fahrstühlen oder Umnutzungen der Flächen zu Gewerbezwecken beim Bezirksamt beantragen.
Dieser erklärte: Im Fall der Apostelkirche habe keine Grundrissänderung stattgefunden. Deswegen gebe es kein Instrument der sozialen Erhaltungsverordnung, dagegen vorzugehen. Auf die Höhe der Miete könne mit der Verordnung ebenfalls nicht unmittelbar begrenzend Einfluss genommen werden.
Auch ist die Nutzung der Wohnung durch Stacey keine gewerbliche. Der Grund: Es bestehen Mietverträge. Die Hauptnutzung bleibt also zu Wohnzwecken.
Maßnahme II: Die Mietpreisbremse
In Hamburg gibt es seit 2015 eine Mietpreisbremse. Sie regelt, dass die Miete in neuen Mietverträgen maximal 10 Prozent höher sein darf als die ortsübliche Vergleichsmiete, heißt es von der Stadt Hamburg.
Auch die Mikroapartments fallen unter die Mietpreisbremse, berichtet ein Sprecher des Mietervereins Hamburg den Eimsbütteler Nachrichten. Bei den Mikroapartments sei es jedoch schwieriger, Verstöße gegen die Mietpreisbremse zu konkretisieren, da dort erst Wohnungen ab 25 Quadratmetern mit einbezogen werden und so jeder Verstoß gegen die Mietpreisbremse von Mikrowohnungen einzeln erfolgen müsse.
Der Mietenspiegel
Im Mietenspiegel werden alle zwei Jahre die ortsüblichen Vergleichsmieten erhoben. Mikroapartments beziehungsweise Wohnungen mit weniger als 25 Quadratmetern sowie möblierte und vorübergehend vermietete Wohnungen werden in diesem aber nicht berücksichtigt. Somit gibt es keine Vergleiche für ortsübliche Vergleichsmieten.
Dennoch sagt ein Pressesprecher vom Mieterverein: Es könne – mit einigen Ausnahmen wie bei einem Neubau – auf den Mietenspiegel zurückgegriffen werden, indem die kleinste Wohnflächenkategorie mit einem angemessenen Zuschlag herangezogen wird. “Für die Möblierung gibt es auch Möglichkeiten, einen angemessenen Zuschlag zu berechnen.” Es brauche aber engagierte Mieter, die einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse formulieren und eine Reduktion der Miete durchsetzen.
Das Hauptproblem sei, dass die meisten Mieterinnen und Mieter, die Mikroapartments beziehen, nicht mit einer längeren Nutzungszeit rechnen und deswegen kein allzu großes Interesse hätten, sich in einen komplizierten und aufwändigen, gegebenenfalls kostenträchtigen Rechtsstreit zu begeben. Ein Sprecher des Mietervereins sagt: “Wir haben also nicht nur ein Regelungsproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem.”
Maßnahme III: Das Wohnraumschutzgesetz
Das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz hat das Ziel, Wohnraum zu erhalten, zu pflegen und Zweckentfremdungen vorzubeugen. Es stellt Mindestanforderungen an Wohnraum, wie etwa, dass er über 10 Quadratmeter groß sein und es Heizmöglichkeiten geben muss.
Das kleinste der Mikroapartments entspricht damit nicht den Mindestanforderungen. Es ist kleiner als 10 Quadratmeter und hat, wie sich Fotos und Berichten von Anwohnenden entnehmen lassen, keine Heizung.
Bezirksamt überprüft Verstöße
Auf Nachfrage der Eimsbütteler Nachrichten heißt es vom Bezirksamt Eimsbüttel, dass sie die möglichen Verstöße überprüfen. Bezüglich der Vermietung des sechs Quadratmeter großen Zimmers sei in der Wohnraumschutzabteilung bereits ein Verfahren eröffnet worden.
Der Umstand, dass das Zimmer keine Heizung hat, sei noch nicht bekannt gewesen. Eine entsprechende Überprüfung finde nun statt.
Anfragen und Anträge von der Linken
Einer Anfrage der Hamburger Linksfraktion in der Bürgerschaft lässt sich entnehmen, dass gegen Stacey bereits 2020 wegen Zweckentfremdung von Wohnraum ermittelt wurde – jedoch ohne Erfolg.
Jetzt greift ein aktueller Antrag der Eimsbütteler Linksfraktion in der Bezirksversammlung das Thema erneut auf. Darin fordert die Fraktion unter anderem eine verbesserte Regulierung gewerblicher Kurzzeitvermietungen.
Wie geht es weiter?
Der Mieterverein Hamburg fordert die Hamburgische Bürgerschaft auf, das Wohnraumschutzgesetz um kleine und möblierte Wohnflächen zu ergänzen. Außerdem soll das Konzept der Kurzzeitvermietung strenger überwacht werden, vor allem im Hinblick auf die Miethöhe.
Am wirkungsvollsten wäre eine Verschärfung des Gesetzes für die Mietpreisbremse, sagt eine Sprecherin der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen den Eimsbütteler Nachrichten. Man habe in der letzten Regierungslegislatur mit anderen Bundesländern einen erfolgreichen Antrag zur Verschärfung der Gesetze in den Bundesrat eingebracht. Das Bundesjustizministerium blockierte den Antrag jedoch, sodass die benötigte Abstimmung des Bundestags bis zu seiner Auflösung nicht mehr stattfinden konnte. In der nächsten Legislatur wolle die Behörde ihre Initiative wieder schnellstmöglich auf die Tagesordnung bringen.
Die Mikroapartmentanbieter Stacey, Ipartment und Wunderflats haben bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme abgegeben.