
„The Closest Loop“: Gurken zu Spülschwämmen
Die Welt muss nachhaltiger werden, aber wie? Wir stellen lokale Unternehmen vor, die versuchen, voranzugehen. Heute: The Closest Loop. Ein Start-up aus Eimsbüttel, das Küchenschwämme in Weinbergen anbaut. Dieses Jahr gibt es einen sehr guten, sehr nachhaltigen Jahrgang.
Von Christian LitzDie Schwämme, die The Closest Loop, verkauft, sind eigentlich Gurken, asiatische Luffa-Gurken, schön grün. Sie brauchen viel Sonne, um zu wachsen und benötigen Rankhilfen. Deswegen lassen Leonie Eißele und Niklas Heinzerling aus Eimsbüttel den Rohstoff ihres Le Gurque ganz ökologisch in Weinbergen in der Pfalz von Winzern anbauen. Wo Haushaltsschwämme reifen wie ein guter Wein.
Das geht, weil die Winzer Rebflächen haben, die sie mit einem Ruhejahr schonen. Aber die ruhenden Flächen können sie nutzen, um etwas anderes anzubauen. Die Gurke liefert den Winzern Zusatzeinnahmen ohne viel Arbeit.
Ein Spülschwamm wie ein guter Wein
Luffa-Gurken sind genügsam, brauchen keinen Dünger, keine Pestizide, wenig Arbeit, eigentlich gar nichts außer Sonne in einer Gegend, wo der Frost früh im Jahr geht und spät im Jahr kommt. Nach der Ernte in der Pfalz muss man die Gurken nur schälen, bevor man sie zu Schwämmen verarbeitet.
Das machen für The Closest Loop die Wichern-Werkstätten im Speyer, eine Einrichtung für Menschen mit Behinderungen. Das bedeutet kurze Wege von den Weinbergen zur Werkstatt und ist gut bezahlte Arbeit für das Inklusionsprojekt.
„Wir haben zusammen geweint“
Eißele und Heinzerling waren gerade für ein paar Wochen dort, um mitzuhelfen. „Es war toll, die Mitarbeiter wollten uns nicht mehr gehen lassen. Wir haben zusammen geweint“, erzählt Leonie Eißele. Vorher aber haben sie gemeinsan Gurken zu Schwämmen gemacht. Das geht so: Nachdem sie die Gurken geschält haben, waschen sie das Fruchtfleisch mit reinem Wasser aus, hängen die nasse Masse auf und lassen sie trocknen. Was schnell geht.
Der 2021er wird ein guter Jahrgang
Gurken zu Schwämmen, das heißt jetzt nur noch schneiden und vernähen. Nachhaltiger geht es nicht: Transportwege reduzieren sich, weil der Rohstoff nicht aus Asien kommt, es werden keine Pestizide, kein Kunstdünger eingesetzt, die Schwämme sind frei von Plastik, können am Ende kompostiert werden, die Zulieferer und Mitarbeitenden kriegen einen fairen Anteil vom Verkaufspreis.
The Loop könnte also nicht closeder sein. Das war der Plan von Leonie Eißele und Niklas Heinzerling aus der Osterstraße: kurze Transportwege, so wenig wie möglich CO2, reduziertes Verpackungsmaterial, transparente Lieferketten, kein Mikroplastik im Wasser, Ökologie, Inklusion, zusammengefasst: Nachhaltigkeit. Und dann auch noch Spaß.
„Nachhaltigkeit darf Spaß machen“
Leonie Eißele: „Nachhaltigkeit darf Spaß machen.“ Und praktisch sein: Der Le Gurque kann bei 60 Grad in die Waschmaschine, hält dennoch locker ein Jahr und ist kompostierbar. Gemüse als Schwamm eben.
Die Le Gurques des vergangenen Jahres haben scheinbar viel Spaß verursacht, denn sie waren sehr schnell und nachhaltig ausverkauft. Jetzt, nach der guten neuen Ernte, gibt es sie bald wieder im Onlinehandel.
Was The Closest Loop kurz vor ein Problem gestellt hat: Onlinehandel ist nicht gerade ökologisch. Doch die beiden Jungunternehmer haben das Problem gelöst: Ihre Lieferungen kommen grün an die Haustür, weil sie kompensiert werden. Das bedeutet. Für jeden vom Lieferfahrzeug gefahrenen Kilometer gibt es einen Anteil vom Le Gurque-Verkaufspreis, der in Wiederaufforstung und andere Ökoprojekte investiert wird.
Dem Frost ein Schnippchen schlagen
Weil es ein Jahr lang nicht genug Le Gurques gab, haben Eißele und Heinzerling nun auch einen Öko-Weinbauern in Spanien angeheuert, der Luffa-Gurken für sie anbaut. Die Transportwege werden ebenfalls kompensiert. Der Vorteil: In Spanien kommt und geht der Frost zu anderen Zeiten als in der Pfalz, der Nachschub kommt also besser verteilt und Le Gurque hat länger Saison.
Demnächst Le Gurque und Der Lappen
The Closest Loop hat bald noch ein zweites Produkt. Es heißt: der Lappen. Dieser ist ein Lappen aus recycelter Biber-Bettwäsche, zu 100 Prozent, also sehr ressourcenschonend. Die Bettwäsche aus aufgerauter Baumwolle wird vorher gereinigt und dann zum „fancy Haushaltslappen“.
Nachhaltigkeit in Serie
Ein Schwamm aus Gemüse, wie The Closest Loop den Le Gurque produziert und verkauft ist nur ein Weg, ökologischer zu wirtschaften. Der Text ist Teil der Serie „Sustainbüttel“, die zeigt, was in Eimsbüttel gerade passiert in Sachen Nachhaltigkeit. Mit Eimsbütteler Unternehmern sprechen wir über Themen wie Aufforsten, Inklusion und kürzere Lieferwege.
Alle Artikel aus der Serie „Nachhaltige Wirtschaft in Eimsbüttel“ im Überblick:
Mehr über die lokale Wirtschaft im Viertel auch im neuen Eimsbütteler Nachrichten Magazin #25.