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Vater und Tocher erzählen von ihrem Eimsbüttel. Foto: Rainer Wiemers
Magazin #26

Zwei, die bleiben

Er ist geblieben, sie nicht gegangen. Andreas Böhle lebt seit 55 Jahren in Eimsbüttel. Seine Tochter ist hier aufgewachsen. Eimsbüttel verlassen wollen sie beide nicht. Über Liebhaber am Gartenzaun und Kuchen nach dem Streit.

Von Julia Haas

Im Januar feierte Andreas Böhle seinen 80. Geburtstag. Das Älterwerden macht ihm Angst. „Wenn ein Tisch im Weg steht, will ich ihn wegstellen”, sagt er. Noch gehe das, aber nicht für immer. Bis dahin bleibt er in Bewegung – im Kreativhaus in der Telemannstraße, am Tauschhaus im Stellinger Weg und bei seinen Blumenbeeten in der Wiesenstraße. Das Anpacken liegt im Blut oder in der Erziehung. „Es gibt keine Probleme, nur Lösungen”, sagt Böhles Tochter Constance. Seit ihrer Geburt lebt die 45-Jährige in Eimsbüttel. Einblicke in zwei Generationen.

Eimsbüttel – Dorf oder Stadt?

Vater: Eine gute Mischung. Wir haben alle Vorteile der Stadt: U-Bahn, Einkaufsläden, Restaurants und natürlich Karstadt.
Tochter: Ich habe das Wort Karstadt vor dem Wort Laden gelernt.
Vater: Für einen 80-Jährigen ist die fußläufige Auswahl in Eimsbüttel sehr wertvoll.
Tochter: Für mich ist das genauso. Ich verlasse Eimsbüttel nur gezwungenermaßen. Eimsbüttel war für mich schon immer ein Dorf. Viele Kontakte habe ich mein ganzes Leben. Wenn es mir schlecht geht, stehen binnen weniger Minuten fünf Freundinnen vor der Tür.

Andreas Böhle ist im Harz aufgewachsen. Mit 25 Jahren zog er nach Eimsbüttel, um bei „Beiersdorf“ zu arbeiten. Constance Böhle ist in der Werbe- und Marketingbranche selbstständig.

Vater: Meine Philosophie war immer, möglichst nah am Arbeitsplatz zu wohnen. Wenn das alle machen würden, könnte man viel Verkehr einsparen. Dieses Pendeln von Norderstedt bis Harburg ist doch blöd.
Tochter: Bei mir spielt das keine Rolle. Mein Arbeitsplatz ist drei Meter von meinem Bett entfernt. Ich arbeite zuhause oder fahr zu meinen Kunden.

Nach seinem Studium begann Andreas Böhle (80) bei Beiersdorf als Leiter der Tesa-Fertigung zu arbeiten. „Wenn ich heute irgendwo gelbes Klebeband sehe, weiß ich, Papa war hier”, sagt seine Tochter. Fotos. Rainer Wiemers
Nach seinem Studium begann Andreas Böhle (80) bei Beiersdorf als Leiter der Tesa-Fertigung zu arbeiten. „Wenn ich heute irgendwo gelbes Klebeband sehe, weiß ich, Papa war hier”, sagt seine Tochter. Fotos. Rainer Wiemers

Constance Böhle ist in der Henriettenstraße geboren und aufgewachsen. Als sich ihre Eltern trennen, zieht die Jugendliche mit ihrem Vater nach Wellingsbüttel.

Tochter: Das war gruselig. Um 18 Uhr wurden die Bürgersteige hochgeklappt.
Vater: Wenn Constance abends weggehen wollte, musste ich sie hinfahren oder zumindest abholen. Das war kompliziert und wenig familienfreundlich.
Tochter: Papa ist weiterhin jedes Wochenende nach Eimsbüttel zum Einkaufen gefahren. So wirklich verlassen haben wir das Viertel nie. Als wir wieder zurück konnten, sind wir das sofort.
Vater: Mein Bruder ist damals aus seiner Wohnung in der Wiesenstraße ausgezogen. Ich wollte unbedingt rein. Mein Bruder war aber sehr streitfreudig und die Vermieter sagten nur: „Nie wieder ein Böhle.” Am Ende konnte ich sie doch überzeugen.
Tochter: An Weihnachten habt ihr dann zusammen Grappa getrunken.
Vater: Es ist eine innige Freundschaft entstanden. Immerhin wohne ich seit über 25 Jahren dort. Dort ist viel passiert. Dort habe ich wieder geheiratet.
Tochter: Die Dame haben wir aus der Ottersbekallee rekrutiert – alles bleibt in Eimsbüttel. (lacht)

Constance Böhle: Eimsbüttelerin durch und durch

Tochter: Hier fühle ich mich aufgehoben. Ich erinnere mich an die Beerdigung von einem Nachbarn. Alle im Haus haben einen Kuchen gebacken, und plötzlich gab es ein riesiges Kuchenbuffet. Natürlich war das kein schöner Anlass, aber das hat mich berührt. Wenn mir jemand von der Anonymität der Großstadt erzählt, kann ich damit nichts anfangen.

Constance Böhle ist Eimsbüttelerin durch und durch. Was sie an ihrer Heimat mag: die offene, direkte Art der Eimsbütteler, echt und unverkrampft. Foto: Rainer Wiemers

Aber es gibt auch Grenzen…

Tochter: Ich habe eine Weile im Henriettenweg gewohnt. Eigentlich nicht weit entfernt von Papa in der Wiesenstraße. Aber der Ring 2 war wie ein Grand Canyon für uns. Echt schräg, wir haben uns in dieser Zeit selten besucht.
Vater: Da liegt die Grenze für Fußgänger und Fahrradfahrer.
Tochter: Schon als Kind war für mich alles darüber hinaus Nachbardorf.

Mittlerweile leben Vater und Tochter wieder in derselben Straße, wenige Häuser voneinander entfernt. Absicht? Zufall, sagen die beiden.

Tochter: Es ist nah genug, um mal schnell rüber zu hoppeln, aber weit genug, dass du mir nicht die Liebhaber am Gartentor abfängst.
Vater: Von meinem Balkon kann ich deinen Eingang gut sehen …

Im Einsatz für Eimsbüttel

Neben der Wiesenstraße vereint die beiden ihr Einsatz für Eimsbüttel. Andreas Böhle engagiert sich im Kreativ– und Tauschhaus, seine Tochter in der evangelischen Kirchengemeinde.

Vater: Man kann nicht nur die Osterstraße bebauen und das Ganze dann sich selbst überlassen. Es ist auch wichtig, etwas für die Eimsbütteler zu tun, sie aus ihren Buden zu holen.
Tochter: Papa hatte in seinem Büro ein Schild hängen: „Ich will keine Probleme, ich will Lösungen.” So wurde ich erzogen. Nicht rumlabern, sondern machen. Wenn dich etwas stört, dann ändere es. Diesen Spirit kann man in Eimsbüttel gut leben. Man findet überall Mitstreiter. Natürlich sind nicht alle so, es gibt immer Leute, die sich beschweren.
Vater: Eine ältere Dame sagte mal zu mir, wo kommen wir denn da hin, wenn jeder überall Blumen pflanzt, wir sind nicht in Tansania. (kurze Pause, dann schmunzelnd) Ich wusste nicht, dass es in Tansania Blumenbeete gibt.

Wie hat sich Eimsbüttel in den letzten Jahrzehnten verändert?

Tochter: Alles ist schicker. Mein Großvater hat immer gesagt, dass wir im „Nachtjackenviertel“ wohnen – überall Lederjacken. „Drogenhöhle“ fiel auch mal. Für konservative Kreise war Eimsbüttel ein rotes Tuch.
Vater: Das ist vorbei. Alles ist eleganter und wohlhabender. Aber trotzdem nicht so aufgesetzt wie in Blankenese. Das ist die klassische Entwicklung der Grünen – von den linken Rebellen zur gesetzten Partei.
Tochter: Trotzdem sind wir kein tradierter Stadtteil. Viele sind alteingesessen, aber denken nach vorne. Eimsbütteler sind kommunikativ und wollen mitgestalten.
Vater: Das bedeutet nicht nur Harmonie.
Tochter: Ja, da sind wir sehr eimsbüttelerisch. Teppich hoch und drunter kehren, gibt’s nicht. Wenn wir anderer Meinung sind, diskutieren wir das aus.

Was bedeutet Eimsbüttel für Euch?

Vater: Für mich ist es der einzige Ort auf der Welt, an dem ich leben möchte. Hier ist alles so, wie ich es mir vorstelle, und was nicht so ist, verändere ich.
Tochter: Glücklicherweise hat Papa für uns Eimsbüttel ausgesucht. Die Leute hier sind echt. Wenn einer mit dem Auto quer auf dem Bürgersteig steht, geht man als Eimsbütteler nicht schweigend weiter, sondern ruft „eh, was soll das?”. Einmal hat mich Papa zu so einer Osterstraßen-Neubau-Geschichte mitgenommen. Vorne stand einer vom Bezirksamt und hielt eine Rede, andauernd hat einer dazwischen gerufen. Am Ende gab es Kuchen und alle waren wieder fröhlich. Das ist für mich Eimsbüttel.

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