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Die Fraktionsvorsitzenden Gabor Gottlieb (SPD), Ali Mir Agha (Grüne) und Rüdiger Kuhn (CDU) beraten mit den anderen Parteien über mögliche Koalitionen in der Bezirksversammlung
Die Fraktionsvorsitzenden Gabor Gottlieb, SPD, Ali Mir Agha , Grüne, und Rüdiger Kuhn, CDU, (von links) beraten über mögliche Koalitionen. Collage: Eimsbütteler Nachrichten
Bezirkspolitik

Ein halbes Jahr nach der Bezirkswahl: Wer hat in Eimsbüttel das Sagen?

Die Wahlen zur Bezirksversammlung liegen fast sechs Monate zurück, aber in Eimsbüttel herrscht noch immer Unklarheit: Welche Parteien bilden eine Koalition und wer leitet zukünftig das Bezirksamt?

Von Christiane Tauer

Seit der Bezirkswahl im Juni dieses Jahres stellen sich die Bürgerinnen und Bürger in Eimsbüttel die Frage, welche Parteien in Zukunft eine politische Mehrheit bilden werden. Bisher sind die Gespräche unter den Vertretern der Parteien allerdings ergebnislos geblieben. Woran hakt es?

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Die Situation nach der Bezirkswahl

Als nach der Bezirkswahl am 9. Juni die Wahlergebnisse feststanden, gab es mehrere Optionen für Koalitionen. Die Grünen erreichten 15 Sitze in der insgesamt 51 Sitze zählenden Eimsbütteler Bezirksversammlung, während die SPD auf zwölf, die CDU auf zehn und die Linke auf fünf Sitze kam. FDP, Volt und AfD erhielten jeweils drei Sitze.

Folgende Szenarien sind somit möglich, um die für eine Mehrheit notwendigen 26 Sitze zu erreichen: Die Grünen könnten einen neuen Anlauf für eine Koalition mit der SPD nehmen. Oder sie gehen ein Viererbündnis mit den kleinen Parteien Linke, Volt und FDP ein. Oder drittens: Sie tun sich mit der CDU zusammen und nehmen eine der kleinen Parteien als Partner hinzu.

Selbst eine Konstellation ohne die Grünen ist denkbar. Dafür müssten sich beispielsweise SPD, CDU und die Linke zusammenfinden – oder SPD, CDU, FDP und Volt.

Schon vor Bezirkswahl wechselnde Mehrheiten

Bisher hat sich jedoch keine der Möglichkeiten realisieren lassen. Derzeit entscheiden wechselnde Mehrheiten darüber, wie Abstimmungen zu bestimmten Anträgen und Themen in den Ausschusssitzungen ausgehen. Im Bezirk ist das bereits seit zwei Jahren der Fall – damals platzte das Bündnis aus Grünen und SPD.

Wird dieser Zustand noch länger anhalten? Und was bedeutet das für die Wahl einer neuen Bezirksamtsleitung? Seit zwei Jahren hat Sonja Böseler diese Position stellvertretend inne.

Wahlergebnisse der Eimsbütteler Bezirkswahl 2024. Foto: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein
Die Sitzverteilung in der Eimsbütteler Bezirksversammlung. Grafik: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein

Grüne warten auf Reaktion der anderen

Aus Sicht der Grünen liegt der Ball momentan bei den anderen Parteien. „Wir haben deutlich gemacht, dass wir einige Kompromisse eingehen würden“, sagt Fraktionsvorsitzender Ali Mir Agha auf Nachfrage.

Zugleich betont er den Führungsanspruch seiner Partei, die als Sieger aus der Wahl hervorging. „Jetzt warten wir auf Reaktionen.“

SPD: Auch in anderen Bezirken wechselnde Mehrheiten

Gabor Gottlieb, Fraktionsvorsitzender der SPD, lässt durchblicken, dass das Warten möglicherweise mindestens bis zum Anfang des kommenden Jahres andauern könnte. Dann steht die Bundestagswahl und die Bürgerschaftswahl an. Man habe unter anderem damit zu tun, die Landesliste aufzustellen, so Gottlieb.

Für die SPD sei der aktuelle Zustand „zwar anstrengender“, weil sich immer wieder Mehrheiten zu einem Thema finden müssten. „Aber es geht.“ In anderen Bezirken wie Altona hätten wechselnde Mehrheiten eine lange Tradition.

Interne Gespräche geplant

Was das Verhältnis zu den Grünen angeht, sei in der Vergangenheit viel Vertrauen zerbrochen, sagt Gottlieb weiter. „Verlässlichkeit ist ein zentraler Wert.“

Die SPD habe mit allen Parteien außer der AfD Gespräche geführt und wolle sich nun noch einmal intern besprechen.

CDU setzt auf Pragmatismus

Von der CDU kommt ebenfalls kein Signal, dass sich bald eine Koalition in der Bezirksversammlung bilden könnte. Sie scheint sich mit den wechselnden Mehrheiten zu arrangieren. „Reine Personaldebatten sollten gerade in der Bezirkspolitik nicht überhöht werden – es geht um gute, pragmatische Entscheidungen für die Menschen in Eimsbüttel“, sagt Kreisvorsitzender Philipp Heißner.

Die CDU stehe in Eimsbüttel für eine „unideologische bürgerliche Politik“, etwa beim Thema Verkehr, Sicherheit und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. „Für diese Politik werben wir in der Bezirksversammlung um Mehrheiten.“

Linke sieht Negatives und Positives

Die Linke ist zwiegespalten angesichts der aktuellen Situation. Die Verantwortung sieht sie vor allem bei Grünen, SPD und CDU. Zwischen ihnen seien die Fronten „nach unserem Eindruck weiter verhärtet“, wie es Fraktionsvorsitzender Mikey Kleinert ausdrückt.

Dies zeige sich vor allem bei Themen wie der Verkehrswende und der Neuordnung des öffentlichen Raums. Wechselnde Mehrheiten würden hierbei oft zu „unvorhersehbaren Abstimmungen“ führen und letztlich zu „erheblichem Streit“ in der Bezirksversammlung.

„Gewinn für die Demokratie”

Es gibt aus seiner Sicht aber auch Positives: „Sowohl in der letzten als auch in der aktuellen Amtsperiode konnten wir Anträge und Initiativen erfolgreich voranbringen, die gegen eine feste Regierungsmehrheit kaum Chancen gehabt hätten.“

Das sei ein echter Gewinn für die Demokratie im Bezirk.

FDP für Zusammenarbeit mit SPD und Grünen offen

Die FDP sieht dies ähnlich. Das Modell der wechselnden Mehrheiten habe sich bewährt, deshalb bestehe bei der Bildung möglicher Koalitionen kein Grund zur Eile, sagt der Fraktionsvorsitzende Benjamin Schwanke.

Grundsätzlich könne man sich sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen eine Zusammenarbeit vorstellen. „Wir warten ab, bis die anderen Parteien ihre internen Prozesse abgeschlossen haben und auf uns zukommen.“

Volt: Historisch gewachsene Konflikte klären

Sören Horn, Fraktionsvorsitzender von Volt, verweist auf die Bereitschaft seiner Partei, als potenzielle Vermittlungskraft oder möglicher Partner für engere Bündnisse zu dienen. Dazu müssten zum einen die Mindestanforderungen von Volt erfüllt sein, zum anderen müssten die offenbar „historisch gewachsenen Konflikte zwischen den alteingesessenen Fraktionen geklärt und aufgearbeitet werden“.

Diese Konflikte würden sachbezogene Gespräche sowie einen gemeinsamen Vorschlag für die Position der Bezirksamtsleitung erschweren.

Keine Bündnisse im Vorwahlkampf?

Er befürchtet jedoch, dass die anstehende Bürgerschaftswahl und die vorgezogene Bundestagswahl bewirkt, dass sich die Fraktionen im Vorwahlkampf nicht auf konkrete Bündnisse in der Bezirksversammlung festlegen wollen.

Volt sei deshalb „auch in der Lage, gute Politik mit wechselnden Mehrheiten für Eimsbüttel zu machen, da wir durch unsere lösungsorientierten Positionen sowohl im sozialen, liberalen als auch grünen Spektrum einen einzigartigen Spielraum haben“.

Auch Bezirksamtsleitung nach Bezirkswahl nicht geklärt

Für die Bezirksamtsleitung bedeutet das: Sollte es tatsächlich bis in das kommende Jahr hinein keine Koalitionsabsprache unter den Eimsbütteler Parteien geben, rückt auch die Wahl einer Nachfolge von Sonja Böseler in weite Ferne. Eigentlich hatte man auf Klarheit nach der Bezirkswahl gehofft, zumal sich mit Ali Mir Agha von den Grünen ein Kandidat schon vorab aus der Deckung gewagt hatte.

Er hatte aber betont, dass er sich nur zur Wahl stellen würde, wenn es den Grünen als stärkste Kraft gelinge, ein tragfähiges Regierungsbündnis zu bilden. Gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten bekräftigt er diese Position erneut und stellt klar, dass der Wahlgang „kein Pokerspiel“ sein solle.

Bis zur Bürgerschafts- und Bundestagswahl mit einer Koalitionsbildung zu warten, hält Mir Agha angesichts der ungeklärten Situation im Bezirksamt für „unverantwortlich“. Er hofft deshalb auf eine schnellere Lösung. „Die Verwaltung ruft SOS.“

„Sonja Böseler ist nicht glücklich“

Was genau damit gemeint ist, erläutert Kay Becker, Pressesprecher des Bezirksamts, auf Nachfrage. „Sonja Böseler ist nicht glücklich über die derzeitige Situation.“ Seit zwei Jahren übe sie die Bezirksamtsleitung stellvertretend aus, es sollte nun endlich eine Lösung gefunden werden.

Zum Hintergrund: Sowohl ihre eigene Stelle als Stellvertreterin des vorherigen Bezirksamtsleiters Kay Gätgens, als auch die Stelle ihrer Vertretung müssen von anderen Personen jeweils vertreten werden. Das führt zu einer Mehrbelastung, für die niemand entsprechend bezahlt wird.

„Keine persönliche politische Agenda”

Zudem hatte Sonja Böseler schon vor Amtsantritt betont, dass sie als nicht gewählte, stellvertretende Bezirksamtsleiterin „keine persönliche politische Agenda“ verfolge.

Im politischen Alltag ist das unter anderem insofern zu spüren, als vor Abstimmungen zu bestimmten Themen kaum Besprechungen zwischen Politik und Bezirksamt stattfinden, wie es etwa unter Kay Gätgens als SPD-Mitglied üblich war.

Amtszeit nicht auf sechs Jahre begrenzt

Theoretisch könnte Sonja Böseler sogar noch viele weitere Jahre stellvertretende Bezirksamtsleiterin bleiben. Denn anders als bei einer gewählten Bezirksamtsleitung gebe es dafür keine Begrenzung auf sechs Jahre, erläutert der Pressesprecher.

Ob es am Ende dazu kommt, wird sich zeigen.


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