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Bis ins hohe Alter praktizieren die Frauen in dem Dorf Liuyi Thai Chi, spielen Boule und treffen sich zum Billiardspielen. Foto: Beate Passow
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Museum am Rothenbaum

Ausstellung im MARKK: Wie Schönheitsideale Frauen in China und Europa prägten

Sie haben Tausende von Frauen eingeschnürt und beengt: Lotosschuhe und Korsetts. Zwei Schönheitsideale, die über Generationen hinweg weibliche Körper in China und Europa bestimmten. Bis sich die Frauen entfesselten. Wie hängen die Entwicklungen zusammen? Das MARKK gewährt in seiner Ausstellung “UnBinding Bodies” Einblicke – bis zum 26. Februar.

Von Gast

Schönheitsideale sind keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Sie existierten lange, bevor Filter-Apps Wangenknochen zeichneten und Pickel entfernten. Seit Tausenden Jahren prägen spezifische Körpervorstellungen das Leben von Frauen. Sie schnüren ein – bis sie schließlich überwunden werden. 

Das “Füßebinden” reiht sich in die Geschichte des Körperwahns ein. Über einen Zeitraum von Tausenden Jahren wurden chinesischen Mädchen die Füße gebunden, um diese klein zu halten und zu formen. In Europa sorgte das im 19. Jahrhundert für befremdliches Kopfschütteln. Ungeachtet dessen, was zeitgleich europäische Frauen einschnürte: das Korsett. 

Schönheitsideale kommen und gehen

Das Museum am Rothenbaum (MARKK) wirft in seiner Ausstellung “UnBinding Bodies” einen Blick auf die parallele Entwicklung von Schönheitsidealen in Europa und China im 19. Jahrhundert sowie deren Verflechtungen. Im Fokus steht das Binden oder Einschnüren von Körpern – sowohl im realen als auch bildlichen Sinn – und wie sich Frauen aus diesen Fesseln befreiten. 

Dabei enthält sich die Ausstellung eines Urteils über die chinesische Tradition und betrachtet das Füßebinden im Kontext von politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungen. Dazu gehört die koloniale Situation. Im 19. Jahrhundert setzten Länder wie Japan, Frankreich, England, Deutschland und Russland ökonomische und territoriale Ansprüche auf China durch. Gleichzeitig erreichten dort verschiedene Widerstands- und Reformbewegungen ihren Höhepunkt.     

„UnBinding Bodies“ berücksichtigt verschiedene Perspektiven

Unabhängig von Zeit und Ort entstehen seit jeher Schönheitsideale: Sie grenzen ab und verbreiten sich, bis sie wieder verschwinden. Das Füßebinden und Tragen von Korsetts steht dafür paradigmatisch. Beide Körpermodifikationen durchdrangen im 19. Jahrhundert alle Gesellschaftsschichten, bis sie im 20. Jahrhundert aufgegeben wurden.

So war es in China vielerorts üblich, dass Mütter ihren Kindern zum ersten Mal mit vier Jahren die Füße gebunden haben. Neben der schmerzhaften Erfahrung verstanden sie es als identitätsstiftendes Ritual. Im MARKK erhalten chinesische Protagonistinnen eine Stimme. 

In Form von Bildern und Textblöcken werden ihre Erfahrungen und ihr Verständnis für das, was ihnen in Kinderjahren widerfuhr und sie ein Leben lang prägte, geteilt. Die Geschichten stammen unter anderem von der aus Hongkong stammenden Fotografin Jo Farrell. Sie hat chinesische Frauen interviewt und fotografiert. 

In Lotosschuhen laufen

Was das Füßebinden für den Körper vieler chinesischer Frauen bedeutete, zeigt die Ausstellung auch anhand von Ausstellungsobjekten. Eine Reihe von Lotosschuhen ist zu sehen, die in ihrer Größe an Baby- und Kinderschuhe erinnern. Frauen mit gebundenen Füßen bot der Schuh Halt – er ermöglichte es ihnen zu laufen. 

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„Drei Zoll goldene Lotos“

Das Füßebinden zielte auf einen knospenförmigen Fuß von 8 bis 10 cm Länge in einem zierlichen Schuh ab.

Lotosschuhe hatten verschiedene Funktionen: Sie fungierten als modisches Accessoire, soziale Haut und zeugten von Status. Foto: MARKK
Zu sehen sind Stiefeletten für gebundene Füße (links) und ein Paar Schuhe für Mandschurinnen, die ihre Füße nicht banden (rechts). Um ihre Füße trotzdem klein erscheinen zu lassen und den Gang der Han-Chinesinnen nachzuahmen, trugen mondäne Mandschurinnen Schuhe mit abgeschrägten Plateausohlen oder mittigen Absätzen.
© MARKK, Foto: Paul Schimweg

Was haben Frauen aus ihrer Situation gemacht? 

In der Ausstellung “UnBinding Bodies” liegt der Schwerpunkt weniger darauf, was chinesische Frauen nicht konnten, sondern was sie aus ihrer Situation gemacht haben.  

Das Füßebinden hinderte Frauen in China nicht daran, sich neue Handlungsspielräume zu erschaffen. Sie erfanden unter anderem Spiele, die auch mit gebundenen Füßen möglich waren – zum Beispiel Kickfederball. Im MARKK sind Federfußbälle zu sehen.

Umgang mit medizinischen Objekten

In Europa entwickelte sich im 19. Jahrhundert währenddessen das Vorurteil, chinesische Frauen seien passive, gefesselte Objekt. Dass die Realität diesen Vorurteilen nicht entsprach, ignorierten die Erzählungen. 

Den europäischen Blickwinkel gibt das MARKK in “UnBinding Bodies” nicht unkommentiert wieder. Die Ausstellung hinterfragt und ordnet ein – zum Beispiel anhand der fußmedizinischen Sammlung des Anatomen Hans Virchow, der Anfang des 19. Jahrhunderts zahlreiche Präparate, Abgüsse, Röntgenbilder und Fotografien von den sogenannten “Lotosfüßen” untersuchte. 

Und heute?

Gleichzeitig erhalten Besucher Informationen über das Korsett, das die Taille der europäischen Frauen im 19. Jahrhundert immer schmaler werden ließ. Parallel zur “Fußbefreiung” in China kämpften in Europa Frauen gegen das Korsett. 

Die kulturhistorische Perspektive ergänzt ein künstlerischen Gegenwartsbezug: Beispielhaft dafür stehen die Kunstwerke der Künstlerin kate-hers RHEE. Sie zeigt, wie Schönheitsnormen und -praktiken in den sozialen Medien verbreitet werden. Dabei stehen auch damit verbundene rassistische Vorurteile sowie der permanente Anspruch an den weiblichen Körper im Vordergrund.


Gezeigt werden Objekte aus der Sammlung des MARKK und diverse Leihgaben, etwa aus dem Centrum für Anatomie der Humboldt-Universität zu Berlin, dem Ledermuseum Offenbach, dem Archiv des Berliner Missionswerks und dem Prager Nationalmuseum.

Die Ausstellung ist bis zum 26. Februar im Museum am Rothenbaum zu sehen. Danach wandert sie ins “TAT – Raum für forschende Ausstellungspraxis” an der Humboldt-Universität zu Berlin. 

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Ermäßigter Eintritt

Alle, die das Jahr 2022 mit einem Museumsbesuch verabschieden wollen, lädt das MARKK am 30. Dezember zum Tag mit ermäßigten Eintritt ein. Der Eintritt kostet 4,50 Euro, Besucher unter 18 Jahren zahlen nichts. 

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