
Entmietung im Grindelhof? Jetzt sprechen die Eigentümer
Wurden Mieter dazu gedrängt, ihre Wohnungen zu verlassen? Die Eigentümer vom Grindelhof 87 reagieren auf die Vorwürfe.
Von Julia HaasVon außen fügt sich der 50er-Jahre-Bau im Grindelhof 87 unscheinbar in die Umgebung. Innen riecht es modrig, Wasserflecken verteilen sich am Boden, Schimmel und Schmutz bedecken die Wände. „Hier zu sanieren, ist nur logisch“, sagt Projektentwickler Mark Maurin.
Letztes Jahr hat die Gesellschaft Anima das Vorderhaus und den Hinterhof gekauft. Kurz darauf folgte die Ankündigung, das Haus zu sanieren – und damit ein medialer Aufschrei. Von Entmietungen war die Rede. Mieter befürchteten, ihr Zuhause zu verlieren. Jetzt äußern sich die Eigentümer zu den Vorwürfen.
„Alle sechs Wochen ein Wasserrohrbruch“
„Wir haben keine Alternative“, sagt Mark Maurin zur anstehenden Sanierung im Grindelhof 87. In den Apartments lösen sich Tapeten von den Wänden, gelbe Flecken und Schimmel ziehen sich durch die Wohnungen. Dazu kommen alte Sicherungskästen und überholte Heizungsanlagen. Die Eimsbütteler Nachrichten waren vor Ort.

„Wenn ein Mieter heizt, werden in dessen Hausflur alle anderen Wohnungen auch warm“, sagt Matthias Möller, ebenfalls von Anima. Im Haus seien ungedämmte Einrohrheizungen verbaut. Diese verteilen die Wärme auch in Wohnungen, in denen die Heizung aus ist. Das sei nicht hinnehmbar – weder für die Bewohner noch aus Klimagründen.
Auf die Frage nach den Wasserflecken im Flur erklärt Möller: „Wir haben hier alle sechs Wochen einen Wasserrohrbruch.“ Schuld daran seien die über 60 Jahre alten Wasserrohre.
Grindelhof: Voreigentümer haben Haus nicht saniert
Das Vorderhaus entstand in den 50er Jahren. Seitdem ist wenig passiert. In den 90ern seien vom damaligen Eigentümer die Fassade erneuert, die Fenster ausgetauscht und von Gas auf Fernwärme umgestellt worden, sagen die neuen Eigentümer. „Eine Sanierung, wie sie alle 20 Jahre in solchen Häusern notwendig wäre, hat es nie gegeben.“

Ein Vertreter des Mietervereins Hamburg bestätigt, dass das Haus nicht instand gehalten wurde. „Die Voreigentümer hätten mit den Mieteinnahmen etwas tun müssen.“
Entmietung? „Jeder kann bleiben“
Das Haus jetzt in die Gegenwart zu holen – für alle ein logischer Schritt. Das Problem: Als die Sanierung angekündigt wurde, rückte eine Crowdinvesting-Seite in den Fokus, auf der die Projektentwicklungsgesellschaft ihr Bauvorhaben für Anleger beworben hat. Darin wurden Entmietungen angekündigt. Mieter berichteten von Drohungen, damit sie das Haus verlassen.
„Wir haben ungeschönt beschrieben, welche Beeinträchtigungen die Sanierung mit sich bringt und haben einen Auszug empfohlen. Sehr bedauerlich, dass dies von einigen Mietern als Drohung empfunden wurde“, sagen die Eigentümer. „Jeder, der bleiben möchte, kann bleiben.“ Aufgrund der Arbeiten seien kurzzeitige Umzüge aber notwendig, unter anderem weil Wände abgerissen und neu errichtet werden. Diese Umzüge könnten auch innerhalb des Hauses stattfinden.
Viele sind ausgezogen
Von den 70 Wohnungen steht ein Großteil inzwischen leer. Viele sind ausgezogen. Sogenannte Aufhebungsvereinbarungen sollen dazu geführt haben.
„Einen Mieter habe ich sogar in eine Wohnung meines Bruders vermittelt“, sagt Maurin. Für einen älteren Bewohner sei die Unterbringung in einem Pflegeheim organisiert worden. Allen sei Hilfe bei der Suche und finanzielle Unterstützung angeboten worden.
Der Mieterverein Hamburg betreut fünf der betroffenen Mieter. Es sei schwierig, individuelle Lösungen zu finden, sagt ein Vertreter des Vereins. „Vergleichbare Wohnungen und Mieten gibt es in der Umgebung kaum.“ Die Wohnungen im Haus sind nur etwa 14 Quadratmeter groß.
Mieterverein hat Musterwohnungen angeregt
Nach Angaben der Eigentümer sind noch rund 20 Wohnungen belegt. Weitere Gespräche sollen in den nächsten Wochen stattfinden. „Am Ende werden wahrscheinlich 10 Mieter hier bleiben.“
Damit diese wissen, was sie nach den Sanierungen erwartet, hat der Mieterverein Musterwohnungen angeregt. Anima hat das umgesetzt.

Die Eigentümer planen, Wohnungen zusammenzulegen. Diese wären rund 28 Quadratmeter groß – genug Platz für eine Küche, einen Esstisch, Kommoden und ein Doppelbett.
Auf Wunsch der Bezirkspolitik sollen auch kleine Wohnungen erhalten bleiben. Diese wollen die Eigentümer so umbauen, dass es eine Küchenzeile und ein größeres Bad gibt. Bisher bestanden die Küchen aus einem Waschbecken und einem mobilen Kochfeld mit zwei Herdplatten. In den Badezimmern war neben Dusche und Toilette gerade genug Platz für eine Person zum Stehen.

Grindelhof 87: Mieten werden steigen
Wie hoch die Mieten für die neuen Wohnungen sein werden, steht nach Angaben der Geschäftsführer noch nicht fest. Die Preise sollen aber ortsüblich sein.
Der Mieterverein Hamburg rechnet mit einer Nettokaltmiete von 400 Euro pro Monat für eine 14 Quadratmeter große Wohnung. Also 28,57 Euro pro Quadratmeter. „Die Mieten werden nur noch für die wenigsten der ursprünglichen Bewohner und Bewohnerinnen zu bezahlen sein“, so der Sprecher des Mietervereins. Er fürchtet einen Verdrängungseffekt.
Zum Vergleich: 2022 berichtete eine Mieterin, eine Warmmiete von 382 Euro zu zahlen.
„Mission Pizza“ hofft auf Rückkehr in Grindelhof
Verständnis kommt derweil aus dem Erdgeschoss. Dort sitzt seit drei Jahren das Restaurant „Mission Pizza“. Die Sanierungen seien notwendig, sagt Geschäftsführer Alexander Wenckstern – auch wenn das für „Mission Pizza“ erstmal bedeutet, dass sie auszuziehen müssen. „Wir wussten von Anfang an, dass das auf uns zukommt.“ Mitte Januar verlässt das Restaurant seine Räume.
Wenckstern hofft auf eine Rückkehr in den Grindelhof 87. Auch die Geschäftsführer von Anima möchten dies ermöglichen. „Das Erdgeschoss bleibt eine Gewerbefläche“, sagt Maurin.
Im Hinterhof plant die Anima Projektentwicklungsgesellschaft Stadthäuser zu bauen. Anwohner wehren sie dagegen.
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