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Seit 2022 organisieren Klimaaktivisten unter dem Namen "Letzte Generation" gemeinsam Aktionen, um einen politischen Wandel für den Klimaschutz zu erreichen. Foto: Letzte Generation
Seit 2022 organisieren Klimaaktivisten unter dem Namen "Letzte Generation" gemeinsam Aktionen, um einen politischen Wandel für den Klimaschutz zu erreichen. Foto: Letzte Generation
Klimakrise

Zwischen Klima und Recht: Mitgründerin der Letzten Generation vor Gericht

Immer mehr Mitglieder der „Letzten Generation“ müssen sich für ihre Aktionen vor Gericht verantworten – so auch Melanie Guttmann. Sie hat das Audimax mit Farbe besprüht. Wie sich die Klimaaktivistin vor Gericht rechtfertigt.

Von Lilly Palmbach

Orange Farbkleckse zieren Melanie Guttmanns Rucksack, als sie vor den Gerichtssaal tritt. Es ist dieselbe Farbe, mit der sie im Sommer 2022 das Audimax der Universität Hamburg besprüht hat.

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Während die Kamera auf Melanie Guttmann, Mitgründerin der Letzten Generation, schwenkt, versteinern ihre Gesichtszüge. Sie mache das nicht aus Spaß, erklärt sie später. Die Sache ist ernst – für alle.

„Letzte Generation“: Klimaaktivistin vor Gericht

Ende Mai 2022 besetzte Guttmann mit weiteren Mitgliedern der Letzten Generation das Universitätsgebäude. Gemeinsam forderten sie Universitätspräsident Hauke Heekeren auf, sich zu den geplanten Ölbohrungen in der Nordsee zu äußern. Als eine Stellungnahme ausblieb, besprühten Guttmann und andere Mitglieder das Audimax mit oranger Farbe.

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Am 24. Mai 2022 wandte sich die Letzte Generation in einem offenen Brief an den Präsidenten der Universität Hamburg:

„Im Klimanotfall, in dem wir uns als Menschheit befinden, wenden wir uns an Sie und die Universität Hamburg – in der Hoffnung, dass Sie diese Verantwortung auch wahrnehmen. […] Ganz konkret bitten wir Sie – richten Sie sich offiziell, als Präsident der Universität Hamburg, öffentlich an Robert Habeck und bitten Sie ihn, von jeglichem Bau und Ausbau weiterer fossiler Infrastrukturprojekte abzusehen sowie insbesondere die erneut im Raum stehenden vermehrten Nordsee-Ölbohrungen wieder vom Tisch zu nehmen, um einen ersten Schritt gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu tun. Bitten Sie ihn um eine Lebenserklärung.“

Ein Hamburger Amtsgericht verurteilte Guttmann wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 250 Euro. Die Aktivistin legte Berufung ein und steht im November vor dem Landgericht.

Audimax besprüht: Aktionen bestreitet sie nicht

Im Gerichtssaal legt Guttmann ihre Notizen auf den Tisch. Sie spricht in Daten und Studien, verweist unter anderem auf den Bericht des Weltklimarats, der die Dringlichkeit des Handelns betont, um den Klimawandel zu stoppen. Sie beruft sich auf historische Widerstandskämpfe, die das Frauenwahlrecht und die Abschaffung der Sklaverei bewirkten. Auch Guttmann will, dass sich durch ihren Widerstand etwas grundlegend ändert: Die Politik soll sich aktiv um den Klimaschutz kümmern.

Ihre Aktionen im Audimax streitet Guttmann nicht ab.

Am Donnerstag, den 2. Juni 2022, gegen 13 Uhr besprühten Mitglieder der Letzten Generation das Audimax. Foto: Letzte Generation

Kein anderer Ausweg

Laut Guttmann sei das Vorgehen angesichts der Klimakrise für moralisch und rechtlich aber gerechtfertigt. Weil laut Weltklimarat das 1,5-Grad-Ziel kaum noch zu erreichen sei. Weil es wissenschaftlich erwiesen sei, dass die Bundesregierung nicht genug tue, um die Klimakrise aufzuhalten. Weil andere Aktionen wie Demonstrationen bisher zwar Millionen Menschen auf die Straße gebracht, aber politisch nicht das erreicht hätten, was Guttmann von der Bundesregierung fordert. Und weil das Recht auf zivilen Widerstand im Grundgesetz verankert sei.

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Faktencheck

Weltklimarat: Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), auch Weltklimarat genannt, ist ein Ausschuss der Vereinten Nationen, der regelmäßig über den aktuellen Stand des Klimawandels berät. Im März hat der Weltklimarat den sechsten IPCC-Bericht veröffentlicht. Darin wird festgestellt, dass bei der derzeitigen Entwicklung der Erderwärmung das 1,5-Grad-Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit überschritten wird.

Grundgesetz: In Artikel 20 Absatz 4 des Grundgesetzes heißt es: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

In ihrem Schlussplädoyer sagt Guttmann: „Mir macht das definitiv keinen Spaß.“ Sie könne aber nicht akzeptieren, dass Milliarden Menschen wegen Klimakatastrophen sterben oder fliehen müssten.

Bevor Melanie Guttmann sich für Klimaschutz einsetzte war sie Projektleiterin in der IT-Branche. Foto: Lilly Palmbach
Bevor Melanie Guttmann sich für den Klimaschutz einsetzte, war sie Projektleiterin in der IT-Branche. Foto: Lilly Palmbach

Ein nachvollziehbares Anliegen

Die Richterin sowie der Staatsanwalt zeigen Verständnis und sprechen von nachvollziehbaren Motiven sowie einer mutigen Aktion.

Doch juristisch spielt das keine Rolle. Es handele sich um Sachbeschädigung. Ein Mitarbeiter der zuständigen Gebäudereinigungsfirma wird als Zeuge gehört. Die Reinigung hat 14.500 Euro gekostet und sechs Tage gedauert. Guttmanns Einspruch wird abgewiesen, sie muss die Geldstrafe und die Berufungsskosten tragen.

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Internationale Reaktionen

Unterstützung bekommen Klimaaktivisten von UN-Generalsekretär António Guterres. Nach Razzien bei mehreren Mitgliedern der Letzten Generation sagte Guterres‘ Sprecher der Deutschen Presse-Agentur im Mai über Klimaaktivisten: „Sie müssen geschützt werden und wir brauchen sie jetzt mehr denn je.“

Ein schwedisches Gericht hat erstmals einen Klimaaktivisten von seiner Geldstrafe befreit, nachdem dieser wie Guttmann mit dem Klimanotstand argumentiert hatte. Das geht aus schwedischen Medienberichten hervor.

Ändert die „Letzte Generation“ ihre Strategie?

Guttmann hatte nach eigenen Angaben bereits 20 bis 25 Mal wegen Protestaktionen Kontakt mit der Polizei, sieben bis acht Mal war sie in Strafverfahren verwickelt. Offizielle Angaben darüber, wie viele Strafverfahren gegen Mitglieder der Letzten Generation bereits vor dem Hamburger Landgericht geführt wurden, gibt es nicht.

Aus einer Recherche des MDR geht aber hervor: Die Folgen des Protests und vor allem die vielen Gerichtsverfahren scheinen die Mitglieder der Letzten Generation so schwer belasten, dass sie wohl einen Strategiewechsel erwägen. Dieser sehe vor, künftig Veranstaltungen von politischen Akteuren zu stören und als Plattform für ihre Anliegen zu nutzen. Die Letzte Generation hat sich dazu bisher nicht geäußert.

Guttmann scheint das Urteil vorerst nicht davon abzuhalten, mit den bekannten Protesten fortzufahren. Nach dem Prozess in Hamburg fährt sich nach Berlin, um an einer Massenblockade teilzunehmen.


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