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Marco Scheffler ist mit 52 Jahren an Leukämie gestorben.
Marco Scheffler machte Politik - mit großem Herz und viel Verstand. Foto: Holger Vogel
Nachruf

Marco Scheffler mit 52 Jahren an Leukämie gestorben

Politiker, Wirt, Organisator und Ideengeber: Der Eimsbütteler Marco Scheffler war ein Tausendsassa. Mit seinem vielfältigen sozialen Engagement und seinen bunten Ideen hat er den Stadtteil mitgestaltet und lebenswerter gemacht.

Von Holger Vogel

Die Frage kam aus dem Nichts und sehr überraschend: „Und, hast du meinen Nachruf schon geschrieben?“, wollte Marco Scheffler wissen, als ich ihn im vergangenen Sommer in St. Georg im Krankenhaus besuchte. Station für Onkologie. Diagnose: Leukämie. Überlebenschance: 50 zu 50.

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Ich war perplex. Die direkte Frage nach dem Nachruf hatte an meiner Fassung gerüttelt. Ich stammelte, das sei ja wohl noch lange nicht nötig und fügte hinzu: „Das mache ich dann, wenn es soweit sein sollte.“

Der Nachruf mit Ansage

Jetzt tut es not. Marco Scheffler ist am Dienstag, den 21. Juli 2020 gestorben. Er wurde 52 Jahre alt. Sein von der Leukämie geschwächter Körper konnte eine Lungenentzündung und eine Blutvergiftung nicht mehr abwehren. Ein Tod mit Ansage. Die Ärzte gaben ihm fünf Monate. Im Februar. Den Zeitplan hat er penibel eingehalten.

Es fordert Mut zur Lücke, Marco Scheffler in den begrenzten Zeilen eines Nachrufs gerecht zu werden. So viel hat er gemacht und produziert. So viele gute Ideen hatte er. Mit Leidenschaft und Engagement ging er zur Sache, immer das Wohl derer im Blick, die gerade nicht auf der Sonnenseite wandeln. „Sozial“, „politisch“ und „bescheiden“ sei er gewesen, sagen seine Freunde. Und natürlich „tiefenentspannt“, finden sie alle.

Mensch. Machte. Politik.

Da war der politische Scheffler: Dreimal trat er bei der Bundestagswahl als parteiloser Direktkandidat an, stellte sich mit provokanten und innovativen Ideen den Wählern, führte den Slogan ein: „Mensch. Macht. Politik.“ Mit seinen schwarzrunden „Eimsbüttel stimmt“-Aufklebern hat er im Bezirk Spuren hinterlassen. An Laternen, auf Spiegeln in Damenklos und auf seinem Motorroller.

Nur ein Schelm roch damals etwas ungehörig Betörendes, als Scheffler in seinem Wahlprogramm die „Besteuerung von Cannabis“ forderte. Noch wichtiger war ihm jedoch ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle, für das er sich in vielen Diskussionen vehement einsetzte.

Der Schalk sitzt im Nacken und spricht aus den Augen

Ja, Marco hatte gelegentlich den Schalk im Nacken. Trockener, leicht schwärzlicher Humor. Oder doch nur eine recht entspannte, realistisch-rationale Sichtweise der Dinge? Motto: Mich bringt aber auch wirklich gar nichts aus der Ruhe! Wie selbstverständlich lud er mich auch noch vor einem Jahr zu seiner Beerdigung ein. Nicht etwa verbittert.

Trotz dieser wirklich verfrühten Einladung und der damit verbundenen eher fatalistischen Sichtweise hat er den Kampf gegen die Krankheit mit ganzer Kraft und großer Bravour gekämpft, hat sich vom Krebs nicht das Leben diktieren lassen. War immer geduldig und selten hoffnungslos. Ein vorbildlicher Patient, sieht man von den illegalen Ausflügen ins krankenhausnahe Café ab.

Kult-Wirt und Organisationsmaschine

Da war Marco, der „Kult-Wirt“, ein Eimsbütteler „Wirts-Urgestein“: Es begann in den 1990ern mit der Bar Paseo und endete mit der Puppendisco in der Methfesselstraße. Für seine Gäste hatte er immer eine aufgeschlossene Tür und ein offenes Ohr. Notfalls auch zwei. Und dann sein ungetrübter Optimismus. Draußen peitschten Wind und Regen, doch Marco blieb dabei: „Gleich kommen noch fünf Gäste.“ Und schwupps, kamen sie durchnässt um die Ecke.

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Marco Scheffler als Wirt in der „Puppendisco“. Foto: Holger Vogel

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Vor der „Puppendisco“ erinnern Freunde mit Blumen an Marco Scheffler. Foto: Alana Tongers

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Foto: Alana Tongers

Da war der Organisator Scheffler: Inspiriert vom „Weißen Dinner“ kreierte er das alternative „Bunte Dinner“, das er auf dem Else-Rauch-Platz veranstaltete. Als die „Götterspeise“, eine private Tafel für Bedürftige in Eimsbüttel, aus der Taufe gehoben wurde, war Scheffler wesentlich beteiligt. Mit dem Eimsbütteler Salon, einem Kreis engagierter, meist jüngerer Bürger, griff Scheffler Themen aus dem Quartier auf. Aber nicht nur lokal war er präsent. So sammelte er Spenden und initiierte die persönliche Übergabe einer Maismühle in einem afrikanischen Dorf.

Der Guerillakämpfer

Wirklich, in Marco Scheffler schlug auch das Herz eines Guerillakämpfers! Im Staubtrockensommer 2018 zapfte er Hydranten an und goss mit langen Schläuchen die darbenden Bäume; bis die Ordnungshüter das Plantschen kompromisslos beendeten. Oder die Tauschtisch-Aktionen: Bei Nacht und Nebel schlichen er und seine Helfer sich auf Samtpfoten an, um an markanten Stellen in Eimsbüttel Tauschtische aufzustellen. Ein Katz- und Mausspiel mit dem Ordnungsamt, das die nächtens und ohne Genehmigung aufgestellten Tische schnellstmöglich wieder kassieren wollte. Auch das feste Tauschhaus im Stellinger Weg begann mal mit so einem Scheffler-Tisch.

Mensch Scheffler

Was viele vielleicht nicht wussten: Marco Scheffler war ein gläubiger Mensch. Vielleicht nicht im klassisch kirchlichen Sinne, aber auf keinen Fall ein Atheist. Geprägt hat ihn die Zeit in seiner evangelischen Gemeinde, wo er sich mit Begeisterung der Jugendarbeit verschrieben hatte. Eine weitere Leidenschaft war das Reisen. In seinem Pass war kaum mehr Platz für einen neuen Stempel. Nichts Swimmingpool und alles dabei, sondern bescheidene Unterkünfte und Land und Leute. Selbst im Urlaub war er dabei, die Strände vom Plastikmüll zu befreien. So machte er es auch bei seinen Spaziergängen mit Hund durch Eimsbüttel.

Der Schlürschluck

Eine Anekdote zum Schluss: Einmal ist ihm seine gepriesene Tiefenentspanntheit zum Verhängnis geworden: bei der Wahl zum „Helden des Viertels“, einer Auszeichnung für Ehrenamtler veranstaltet von den Eimsbütteler Nachrichten und der Haspa, bei der jeder Bürger seine Stimme abgeben konnte. Scheffler ging um kurz vor Mitternacht mit seinem antiquierten Nokia-Handy auf Stimmenfang und kontaktierte potenzielle Wähler, um sich noch den greifbaren Wahlsieg zu sichern. Da hatte er die Rechnung allerdings ohne den Wirt gemacht und einen Tag komplett ausgeblendet. Tiefenentspannt vergaß er, dass der Abstimmungsschluss schon eine Nacht zuvor war. So musste er in die knappe Niederlage einwilligen.

Marco, es ist vollbracht. Dein Nachruf ist fertig. Es hat Spaß gemacht und ich glaube, dass du irgendwie mitgeschrieben hast.

Gute Reise!

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