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Der ehemalige Mitarbeiter Andreas P. klagt seinen Arbeitgeber.
Der ehemalige Mitarbeiter Andreas P. klagt gegen seinen Arbeitgeber. Foto: Valentin Hillinger
Biomarkt

„Superbiomarkt“: Ex-Mitarbeiter klagen gegen Kündigung

Der „Superbiomarkt“ in Eimsbüttel wurde Ende Mai geschlossen. Ehemalige Angestellte berichten von unfairem Verhalten der Geschäftsleitung. Der Fall ist jetzt vor dem Arbeitsgericht.

Von Valentin Hillinger

21 Mitarbeiter hatte der Superbiomarkt an der Osterstraße zuletzt. Ende Mai schloss der Markt auf dem Fanny-Mendelssohn-Platz seine Türen, die Mitarbeiter erhielten die Kündigung.

Der Betriebsrat und ehemalige Angestellte werfen der Unternehmensleitung nun unsoziales Verhalten und Tricksereien bei dem Insolvenzverfahren vor. Die Kündigungen verhandelt das Arbeitsgericht Hamburg.

Kurzfristige Kommunikation vor Kündigung

Wie es dazu kommen konnte, hängt mit der Reihenfolge der Ereignisse zusammen. So kündigte der Vorstandsvorsitzende der Superbiomarkt AG Michael Radau den Mietvertrag bereits am 29. März. Das zeigen Dokumente, in die die Eimsbütteler Nachrichten einsehen konnten.

Obwohl seit diesem Zeitpunkt feststand, dass die Filiale geschlossen werden soll, kam diese Information erst am 18. Mai beim Betriebsrat und den Mitarbeitern in Hamburg an. Am 31. Mai wurde der Markt geschlossen.

Forderungen des Betriebsrats abgelehnt

Die Mitarbeiter verstehen nicht, warum sie erst so kurzfristig von der Schließung erfuhren. Von einem Handwerker sei die Information zuerst gekommen. Erst danach habe es von der Unternehmensleitung eine offizielle Nachricht gegeben. Der Betriebsrat forderte daraufhin die finanzielle Absicherung der gekündigten Angestellten.

Das Problem: Michael Radau ging auf die Forderungen nicht ein. Sein Vorschlag: Entweder der Betriebsrat gebe sich mit insgesamt 10.000 Euro Abfindung für alle Mitarbeiter zufrieden, oder das Unternehmen melde Insolvenz an.

„Superbiomarkt“-Geschäftsführer weist Vorwürfe zurück

„Insgesamt haben wir uns immer wieder um eine Kommunikation mit dem Betriebsrat bemüht“, schreibt Michael Radau in einer Stellungnahme. Durch regelmäßige Besuche vor Ort und zahlreiche Telefonate habe man die Mitarbeiter immer auf dem Laufenden gehalten.

Interne Streitereien und Konflikte mit dem Betriebsrat hätten jedoch das Verhältnis belastet.

„Superbiomarkt“: Komplizierte Unternehmensstruktur

Die Eimsbütteler Filiale war Teil der Superbiomarkt AG, einer großen Handelskette aus Münster. 31 Standorte betreibt das Unternehmen, die meisten davon liegen in Nordrhein-Westfalen. 2020 erwirtschaftete der Konzern einen Umsatz von 81 Mio. Euro.  

Formal war der Superbiomarkt in Hamburg ausgegliedert: Die HH Osterstraße GmbH ist rechtlich gesehen der Inhaber der Filiale, Radau deren Geschäftsführer. 

„Alles andere als sozial“

„Wir haben bis heute noch nicht einen Cent gekriegt“, klagt der Betriebsratsvorsitzende Hakan Durmaz. Und das, obwohl manche Mitarbeiter noch Anspruch darauf hätten. Andreas P. etwa, der seit 2004 in der Filiale gearbeitet hat, müsste nach eigenen Angaben noch bis November Gehalt bekommen.

Das Gebäude des ehemaligen Biomarkts steht seit Ende Mai leer.
Das Gebäude des ehemaligen Biomarkts steht seit Ende Mai leer. Foto: Valentin Hillinger

So geht es vielen Mitarbeiterinnen, weshalb sie jetzt gegen die Kündigungen klagen. Die Kläger wollen nun beweisen, dass die GmbH nie eigenständig war und als Teil der größeren AG zu sehen ist. Diese ist nicht insolvent, wodurch sie auch wieder Anspruch auf Gehalt hätten.

Die Superbiomarkt AG befindet sich seit rund einer Woche im sogenannten Schutzschirmverfahren – so soll die Insolvenz verhindert werden. Laut dem WDR ist die AG aber weiterhin zahlungsfähig.

Biomarkt-Filiale von Unternehmensleitung ungewollt

2021 wurde der Markt von der basic AG als Teil eines größeren Deals übernommen. Damals wurden 7 Filialen von der Superbiomarkt AG aufgekauft. Die Hamburger Filiale sei Teil des Deals gewesen, eigentlich wollte man sie nicht, teilt die Geschäftsleitung mit.

Das habe der Vorstand auch offen kommuniziert, erzählt Durmaz. „Von Anfang an hatten die gar keinen Bock auf die Filiale“. Er spricht von einer „Zwangsehe“.

Namensänderung aus Imagegründen

“Uns war von vornherein klar, dass dieser Markt in Hamburg nicht zu der SuperBioMarkt AG passt, da er unter anderem zu weit von unseren anderen Märkten entfernt war”, so Vorstand Radau. Anders als andere Superbiomarkt-Filialen hatten die Mitarbeiter in Hamburg einen Betriebsrat. Gegen die Gründung von Betriebsräten habe man sich aber nie eingesetzt, betont die Geschäftsleitung. 

Dokumente zeigen, dass erst wenige Tage vor dem Insolvenzantrag die GmbH von Superbiomarkt Expansions GmbH in HH Osterstraße GmbH umbenannt wurde. Damit wollte man den Imageschaden von der Marke Superbiomarkt abwenden, sagt Radau dem WDR

Wirtschaftliche Schwierigkeiten

Zuletzt sei es auch finanziell nicht gut gelaufen: Der Umsatz des Marktes in Hamburg hätte sich seit Radaus Übernahme um die Hälfte verringert, berichtet Durmaz. 450.000 Euro Verlust habe der Markt in Hamburg 2021 erwirtschaftet, teilt Radau mit.

Andreas P. glaubt den Grund dafür zu kennen: Lebensmittel seien vor allem aus Münster gekommen, Verträge mit regionalen Zulieferern nicht mehr weitergeführt worden. Das komme in einem Biomarkt eben nicht gut an, berichtet er. „Die Mitarbeiter waren das einzig Gute.“ Seit dem Kauf sei nach seiner Ansicht vieles falsch gelaufen.

Biomarkt: Deal geplatzt?

Hintergrund ist, dass die Filiale ursprünglich von der Bio Company übernommen werden sollte. So wollten sich die Konzerne aufteilen: Die basic AG sollte sich auf den Süden Deutschlands konzentrieren, die Superbiomarkt AG auf den Westen. Die Bio Company ist vor allem in Berlin, Hamburg und im Norden aktiv. 

Laut Michael Radau plant der Eigentümer einen Neubau des Gebäudes, was eine Mieterhöhung zur Folge hätte. Die Grundstücksverwaltung Rosenhof konnte unsere kurzfristige Anfrage dazu heute nicht beantworten, steht aber nächste Woche für eine Stellungnahme bereit. Was mit der Gewerbefläche in Eimsbüttel passiert, ist daher bislang unklar. 

Aufgrund der erhöhten Miete, so Radau, hatte die Bio Company kein Interesse mehr an der Filiale. Daher habe man beschlossen, die Filiale loszuwerden.

„Völlig emotionslos“

Toleranter und respektvoller Umgang: Damit wirbt die Superbiomarkt AG auf ihrer Karriere-Website. Hakan Durmaz sieht das anders: „Wer sich Fairness und gutes Gewissen auf die Fahne schreibt, kann sich dann nicht so verhalten.“ Bei anderen Arbeitgebern in der Branche seien die Bedingungen besser, berichtet er.

Gerichtsverhandlungen laufen

Der Betriebsrat überlege nun, ob man auch wegen Insolvenzverschleppung klagen soll. Darunter verstehen Juristen die verspätete Anmeldung von Insolvenz. „Das hat alles so ein Geschmäckle“, fasst der ehemalige Angestellte Durmaz zusammen. Michael Radau weist diesen Vorwurf zurück. Man habe sich nicht schuldig gemacht.

Die Gerichtsverhandlungen zu den Kündigungen der Mitarbeiter haben indes begonnen. Die Klägerinnen und Kläger hoffen, eine Abfindung von der Superbiomarkt AG zugesprochen zu bekommen. Wie es weiter geht, weiß Durmaz nicht. Doch er ist sich sicher: „Die Geschichte wird so nicht zu Ende gehen.“

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