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Die Initiative "Sedanstraße umbenennen" möchte die Straße zur Ludwig-Baumann-Straße umtaufen.
Eine Initiative fordert die Umbenennung der "Sedanstraße". Foto: Ivana Brdar
Erinnerungskultur

Ein neuer Name für die Sedanstraße?

Die Sedanstraße im Grindelviertel könnte bald einen anderen Namen tragen. Seit zwei Jahren setzt sich eine Initiative für die Umbenennung der Straße ein. Was die Hintergründe sind und wie die Eimsbütteler Politik zu den Plänen steht.

Von Ivana Brdar

Meist gehen wir an Straßen und Denkmälern vorbei, ohne zu wissen, welche Bedeutung hinter den Namen steckt. Doch seit Jahren werden Straßen umbenannt, gibt es Auseinandersetzungen um Denkmäler, meist vor dem Hintergrund der deutschen Kolonialgeschichte.

Bei der Sedanstraße im Grindelviertel geht es zwar nicht um Kolonialismus, aber dennoch um Krieg und Militarismus. Eine Initiative wünscht nun, dass die Straße umbenannt wird.

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Sedan – eine Stadt, die für Krieg steht

Bisher ist die Straße nach der ostfranzösischen Stadt Sedan benannt. Dort fand 1870 eine entscheidende Schlacht während des Deutsch-Französischen Krieges statt. Die Deutschen siegten und feierten ihren Erfolg. Die Franzosen betrauerten Zehntausende Tote und Verletzte.

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Sedan und die Gründung des Deutschen Reichs

Nach der endgültigen Niederlage der Franzosen im Januar 1871 endet der Deutsch-Französische Krieg. Der preußische König Wilhelm I. wird in Versailles zum Deutschen Kaiser gekürt. Dies wird als „Geburtsstunde“ des Deutschen Reichs zelebriert: Der Sedantag wird zu einem Feiertag ausgerufen und nimmt eine identitätsstiftende Rolle ein.

Die Schlacht bleibt noch Jahrzehnte in der Erinnerungskultur beider Länder präsent. Was für die Deutschen als ruhmreiches Ereignis in die Geschichte eingeht, ist für die Franzosen, insbesondere für die Stadt Sedan, eine bittere Niederlage.

Die Initiative „Sedanstraße umbenennen“

2020 haben sich Friedensinitiativen, Fachschaftsräte der Universität Hamburg sowie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zur Initiative „Sedanstraße umbenennen“ zusammengetan. Ausgangspunkt war der 99. Geburtstag des verstorbenen Deserteurs und Friedensaktivisten Ludwig Baumann, der in der nahe der Sedanstraße gelegenen Bundesstraße geboren wurde.

Seit zwei Jahren setzt sich die Initiative für die Umbenennung der Sedanstraße zur Ludwig-Baumann-Straße ein. Der Name „Sedanstraße“ stehe nicht für die heutigen demokratischen Werte unserer Gesellschaft. Er stehe für Krieg und Militarismus und widerspreche dem Geist der deutsch-französischen Aussöhnung durch den Elysée-Vertrag von 1962.

Gespräche mit Anwohnern geführt

Die Initiative hat Infoveranstaltungen organisiert, um über die Zusammenhänge aufzuklären. „Im kulturellen Gedächtnis der Einwohner von Eimsbüttel sind die historischen Zusammenhänge des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 nicht mehr präsent“, so die Historikerin Johanna Meyer-Lenz von der Initiative.

Bei Info-Tisch-Aktionen kamen sie mit Anwohnerinnen ins Gespräch. Es habe offene Zuhörer gegeben, die ihre volle Zustimmung ausdrückten, berichtet Johanna Meyer-Lenz. Andere Anwohner, die seit 20 Jahren in der Straße wohnen, wollten sich wiederum nicht von ihrem gewohnten Straßennamen trennen.

Die symbolische Umbenennung der Sedanstraße zieht die Aufmerksamkeit von Passanten auf sich. Foto: Johanna Meyer-Lenz

Um ihr Vorhaben zu realisieren, hat sich die Initiative mit Parteimitgliedern aus dem Bezirk Eimsbüttel getroffen und sie zu Podiumsdiskussionen eingeladen.

David Börn von der Eimsbütteler SPD-Fraktion berichtet gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten, dass sie in Kontakt mit der Initiative seien. Eine klare Stellungnahme gebe es aber noch nicht: „Unsere Beratungen sind noch nicht abgeschlossen.“

Ludwig Baumann als Alternative?

Dies gelte auch für den Vorschlag, die Straße nach Ludwig Baumann zu benennen. Die SPD verweist aber auf den Beschluss der Bezirksversammlung, vorzugsweise Frauen zu berücksichtigen, wenn Straßen um- oder neu benannt werden.

Benjamin Schwanke von der Eimsbütteler FDP-Fraktion erklärt, dass seiner Partei die Geschichte der Sedanstraße bekannt sei und die Mitglieder durch das Gespräch mit der Initiative ihr Wissen vertiefen konnten.

„Falscher Weg, Geschichte zu verbannen“

Die FDP-Fraktion lehnt die Umbenennung jedoch ab: „Aus unserer Sicht ist es der falsche Weg, Geschichte aus der öffentlichen Wahrnehmung zu verbannen und eine Auseinandersetzung mit ihr zu vermeiden“, erklärt Schwanke. Durch Infotafeln könne man den geschichtlichen Hintergrund der Sedanstraße erklären.

Eine Würdigung von Ludwig Baumann lehne die FDP nicht ab, sie solle aber nicht dazu genutzt werden, Ereignisse des Deutsch-Französischen Krieges aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verdrängen.

Grüne und Linke befürworten Umbenennung

Die Grünen-Fraktion hat sich ebenfalls mit der Initiative getroffen. Sie unterstützen das Vorhaben, wie Falk Schmidt-Tobler erklärt: „Straßennamen sollen nach meiner Überzeugung pazifistische Hintergründe haben. Es gilt, Menschen oder Orten zu gedenken, die sich für eine friedliche Welt eingesetzt haben.“ Daher würde er gerne einen Antrag zur Umbenennung in der Bezirksversammlung stellen.

Ein Brief vom Bürgermeister von Sedan

Auch die Linksfraktion befürwortet laut Ralf Peters eine Umbenennung. Zusammen mit den Stimmen der Grünen und der SPD wäre eine Mehrheit in der Bezirksversammlung theoretisch zu erreichen. Eine Stellungnahme der CDU-Fraktion liegt den Eimsbütteler Nachrichten nicht vor.

Selbst der Bürgermeister von Sedan hat sich zu dem Vorhaben geäußert. Die Initiative hat Kontakt zu ihm aufgenommen. In einem Brief drückt er seine Zustimmung aus. Er unterstützt den Vorschlag, die Straße nach Ludwig Baumann zu benennen.

Ludwig Baumann – kein typischer Held

Ludwig Baumann biete eine Alternative, die den Frieden repräsentiert. Denn Baumann sei kein typischer Held, seine Geschichte komplex.

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Ludwig Baumann

Ludwig Baumann wird 1921 in der Bundesstraße geboren. Im Zweiten Weltkrieg wird er in die Wehrmacht eingezogen und nach Bordeaux geschickt. Dort merkt er, dass er nicht töten kann und will. Er desertiert mit einem Freund, französische Widerstandsmitglieder unterstützen ihn. Doch der Versuch scheitert und er wird zum Tode verurteilt.

Durch eine Begnadigung kommt er in ein Konzentrationslager, ein Zuchthaus und an die Front. Er überlebt, doch mit den Folgen kämpft er ein Leben lang. Als Aktivist setzt er sich für ehemalige Deserteure und den Frieden ein.

Vorurteile gegenüber Deserteuren der Wehrmacht würden auch gegenwärtig in die Argumentation von Umbenennungsgegnern einfließen, so Lene Greve, ebenfalls Mitglied der Initiative. Diese beruhten nach wie vor auf den Vorstellungen traditioneller soldatischer Männlichkeit.

Ludwig Baumann habe mit seiner Entscheidung zu desertieren zutiefst humanistische Werte verteidigt, ist Johanna Meyer-Lenz überzeugt. „Er hat gezeigt, indem er sich grundsätzlich weigerte, den Schießbefehl auszuführen, dass es eine Alternative gibt.“

Eine Gedenktafel erinnert in der Sedanstraße an die ehemalige Kaserne. Foto: Ivana Brdar

Wie es mit der Sedanstraße weitergeht, hängt von den Parteien und der Bezirksversammlung ab. Die Initiative hofft, dass der Prozess der Umbenennung im kommenden Jahr zügig vorankommt. Sollte die Bezirksversammlung dem zustimmen, entscheidet die Kulturbehörde endgültig.

Wer mehr über das Projekt erfahren möchte, kann sich auf der offiziellen Webseite der Initiative „Sedanstraße umbenennen“ informieren.

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