Infoabend zu Geflüchteten in der Bismarckstraße – eine Frage blieb aber offen
Vertreter der Stadt haben die Nachbarschaft am Dienstagabend über die Einrichtung für minderjährige Geflüchtete in der Bismarckstraße informiert. Mitte 2025 soll sie eröffnen – obwohl noch kein Mietvertrag vorliegt.
Von Christiane TauerPolizei vor dem Hamburg-Haus – den Eimsbüttelern bot sich am Dienstagabend ein ungewohntes Bild. Im Inneren des Gebäudes fand die Infoveranstaltung zur geplanten Unterkunft für minderjährige Geflüchtete in der Bismarckstraße 77/79 statt. Die Sozialbehörde als Veranstalter hatte die Beamten angefordert, weil sie politisch-motivierte Kontroversen befürchtete.
Geflüchtete sollen in Mehrparteienhaus ziehen
Die bleiben am Ende zwar aus und der Polizeischutz war nicht nötig. Kontroversen wurden dennoch sichtbar, und zwar nicht nur hinsichtlich der Frage, ob man der Geflüchtetenunterkunft grundsätzlich positiv oder negativ gegenübersteht.
Es ging auch um die Frage, ob die Einrichtung überhaupt wie geplant kommen wird. Ein Eigentümer einer anderen Wohnung des Mehrparteienhauses in der Bismarckstraße wollte gleich zu Beginn der Veranstaltung wissen, ob die Sozialbehörde bereits einen Mietvertrag für die Unterkunft abgeschlossen habe.
Hintergrund: Das Gebäude ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz in 33 separate Einheiten aufgeteilt. Nur in die leerstehende Erdgeschossfläche, in der sich bis vor ein paar Jahren die Krankenkasse AOK befand, sollen die Geflüchteten einziehen.
Noch kein Mietvertrag unterzeichnet
Diese Frage musste Olaf Nowak, Geschäftsführer des Landesbetriebs Erziehung und Beratung (LEB), der die Einrichtung für die Sozialbehörde betreiben wird, verneinen. Es sei jedoch nur aufgrund äußerer Umstände wie Urlaube noch nicht dazu gekommen, fügte er hinzu.
Warum man dann trotzdem hier sitze und die Öffentlichkeit informiere, wollte der Fragende darauf wissen. Eine eindeutige Antwort erhielt er nicht.
30 geflüchtete junge Männer unter 18
Für die etwa 200 anderen Menschen im Publikum war dieser Punkt nebensächlich, ihnen ging es um die Einrichtung selbst. Zuerst stellten die Vertreter der Stadt die Fakten vor – es ist die erste derartige Einrichtung im Stadtteil Eimsbüttel.
So sollen 30 unbegleitete minderjährige Ausländer – kurz UMA genannt – im Alter von 14 bis 17 Jahren in die Erdgeschossfläche des denkmalgeschützten Gebäudes am Isebekkanal ziehen. Sie werden voraussichtlich aus Afghanistan, Syrien oder der Ukraine stammen und nahezu ausschließlich männlich sein.
Zehn Pädagogen und ein Sicherheitsdienst
Da es sich um eine sogenannte „Clearingstelle Erstversorgung“ handelt, werden die Jugendlichen nur rund acht Monate bleiben und dann in eine Anschlusseinrichtung wechseln. Sie werden in 15 Doppelzimmern leben und von zehn Pädagogen betreut.
Außerdem gibt es eine hauswirtschaftliche Kraft, eine Koordinationsstelle und eine Einrichtungsleitung. Ein Sicherheitsdienst als Nachtbereitschaft solle dafür sorgen, dass niemand von außen widerrechtlich in die Unterkunft gelange, wie eine Behördenvertreterin erklärte.
Publikum stellte auf Infoabend viele Fragen
In der anschließenden Fragerunde demonstrierte der Großteil der Eimsbütteler seine Offenheit gegenüber der Unterkunft. Sie regten unter anderem Kooperationen mit dem nahegelegenen Eimsbütteler Turnverband (ETV) an, damit die jungen Männer Sport treiben können.
Andere brachten einen Tag der offenen Tür zum gegenseitigen Kennenlernen ins Spiel oder stellten sachliche Fragen, wie etwa, warum es kein Außengelände gäbe, das die Jugendlichen nutzen könnten. An dieser Stelle verwies der LEB auf das Kaiser-Friedrich-Ufer direkt vor der Haustür.
Bei Problemen steht Einrichtungsleitung zur Verfügung
Trotzdem meldeten sich auch kritische Stimmen zu Wort. Eine Mutter zweier Teenager-Mädchen aus der Nachbarschaft äußerte zum Beispiel die Befürchtung, ihre Kinder könnten von den jungen Männern belästigt werden. Darauf folgten Unruhe und Buh-Rufe im Publikum, unter dem viele Vertreter der Linken waren.
Olaf Nowak vom LEB nahm die Sorge der Mutter ernst und verwies darauf, dass die Leitung der Unterkunft bei Problemen immer als Ansprechpartner zur Verfügung stehe – auch bei anderen möglichen Vorfällen wie beispielsweise nächtliche Ruhestörung. „Es sind junge Männer, die könnten auch mal laut werden“, sagte er.
Geflüchtetenunterkunft soll 2025 eröffnen
Und wie wird es nun mit den Planungen weitergehen? Die Vertreter der Stadt machten auf dem Infoabend deutlich, dass die Unterkunft in der Bismarckstraße Mitte 2025 in Betrieb gehen soll. Bis dahin müsste dann auch der Mietvertrag mit dem Eigentümer der Erdgeschossfläche unterschrieben sein.
„Dies kann jederzeit erfolgen, die interne Prüfung des LEB ist positiv erfolgt“, erklärt die Pressestelle der Sozialbehörde im Nachgang zur Infoveranstaltung auf Nachfrage.
Verwirrung um den Mietvertrag
Der Eigentümer, um den es dabei geht, ist Andreas Gellert, und er war am Dienstagabend ebenfalls ins Hamburg-Haus gekommen. Jedoch trat er nicht öffentlich in Erscheinung.
Gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten sagte er, dass es sich nicht so wie von der Stadt dargestellt verhalte und der Mietvertrag keineswegs nur aufgrund äußerer Umstände nicht unterzeichnet worden wäre. Ein Schriftstück läge noch nicht vor, er sei weiterhin auch in Gesprächen mit den 32 anderen Eigentümern der Immobilie.
Miteigentümer gehen von Eigentumswohnungen aus
Diese hatten zuletzt mehrfach deutlich gemacht, dass die Gemeinschaft lediglich darüber beraten habe, die leerstehende Erdgeschossfläche in fünf Eigentumswohnungen umzuwandeln – von einer Geflüchtetenunterkunft war auf den jährlich tagenden Eigentümerversammlungen offiziell nie die Rede.
Zudem geht die Gemeinschaft davon aus, an der Entscheidung über Umbauten für eine Geflüchtetenunterkunft beteiligt werden zu müssen.
Nur die Stadt ist sich sicher, wie es weitergeht
Selbst Andreas Gellert hat sich bisher alle Türen offengelassen. Im August erklärte er im Gespräch mit den Eimsbütteler Nachrichten: „Ich kann nicht sagen, ob es das eine oder das andere wird.“ Eine Unterkunft für Geflüchtete oder Eigentumswohnungen – beides sei nach wie vor möglich.
Nur für die Sozialbehörde scheint die Sache klar zu sein. „Es gibt eine Teilungserklärung, aus der eine freie Verwendung der Erdgeschossfläche durch den Eigentümer hervorgeht“, sagt die Pressestelle. „Deshalb ist eine Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer nicht notwendig.“
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