SPD Eimsbüttel will das Leben im Bezirk erschwinglich halten
Gabor Gottlieb tritt für die SPD Eimsbüttel bei der Bezirkswahl. Im Interview erklärt der aktuelle Fraktionsvorsitzende, wie wichtig soziale und kulturelle Teilhabe ist und warum er sich eine pragmatischere Verkehrsplanung wünscht.
Von Christiane TauerEimsbütteler Nachrichten: Was ist Ihrer Ansicht nach das dringendste Thema in Eimsbüttel, das die Politik angehen muss?
Gabor Gottlieb: Für uns ist es besonders wichtig, dass das Leben in Eimsbüttel erschwinglich bleibt – und zwar nicht nur für Besserverdiener, sondern auch für den Krankenpfleger, die Polizistin, Alleinerziehende oder Rentner. Ein zentrales Thema ist dabei natürlich das Wohnen. Wir alle wissen, wie schwierig es ist, in Hamburg und speziell in Eimsbüttel eine bezahlbare Wohnung zu finden. Wir wollen Mieterinnen und Mieter schützen und den Wohnungsneubau stärken.
SPD Eimsbüttel: Soziale und kulturelle Teilhabe ermöglichen
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Energieversorgung und die Frage, mit welchen Energieträgern und zu welchen Preisen wir in Zukunft unseren Energiebedarf decken können. Damit verbunden ist das Thema Mobilität. Jeder muss zur Arbeit, zum Einkaufen und zu Freunden gelangen können. Um diese Mobilität zu gewährleisten, betrachten wir den öffentlichen Nahverkehr mit Bus und Bahn als entscheidenden Faktor, den wir weiter ausbauen wollen. Gleichzeitig erkennen wir jedoch auch an, dass für einige Menschen das Auto unverzichtbar bleibt.
Auch die soziale und kulturelle Teilhabe ist viel zu oft noch an die finanzielle Ausstattung gekoppelt. In der Kulturlandschaft und insbesondere in der Stadtteilkultur brauchen wir Angebote, die sich jede und jeder leisten kann. Wir müssen weiterhin unsere Sportvereine unterstützen, weil diese einen ganz entscheidenden Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten.
Auflagen sollen Bauvorhaben nicht ausbremsen
Sie haben das Wohnen schon als wichtigstes Thema genannt. Bereits vor den Bezirkswahlen 2019 haben Sie im Interview mit den Eimsbütteler Nachrichten gesagt: „Wir tun alles dafür, um mehr Wohnraum zu schaffen und die Mieter zu schützen“. Wie viel hat sich hier im Bezirk in den vergangenen fünf Jahren denn getan?
Die Schaffung von Wohnraum ist in einer wachsenden Stadt wie Hamburg eine Daueraufgabe. Die Bezirkspolitik hat dabei zwei Handlungsfelder: Zum einen geht es darum, im Bezirk neue Bebauungspläne auszuweisen. Dadurch können neue, aber auch bereits bebaute Flächen für Wohnraum entwickelt werden. Zum anderen – und das ist in der Öffentlichkeit oft nicht so präsent – geht es um die Genehmigung der einzelnen Bauvorhaben. Hier ist die zentrale Frage: Schaffen wir es, Genehmigungen zu erteilen, ohne dass die Vielzahl der Auflagen und bürokratischen Hürden ein Bauvorhaben ausbremst oder gar stoppt? Die meisten Auflagen sind für sich gesehen sinnvoll und gut gemeint, führen jedoch zu immer höheren Kosten beim Bauen. Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die Mieten, die dadurch am Ende absurd hoch werden.
Sozialverträglicher Wohnungsbau als Ziel
Bei diesem Thema gibt es in der Bezirksversammlung durchaus unterschiedliche ideologische Ansätze. Manche fordern, an dieser oder jener Stelle immer mehr zusätzliche Vorgaben – aber im nächsten Schritt kritisieren sie, dass die Mietpreise im Neubau so hoch sind. Beides zusammen geht nun mal nicht.
Gibt es denn Beispiele, die zeigen, dass sich die SPD für ein Bauvorhaben im Bezirk besonders stark gemacht hat?
Einzelne Bauanträge sind leider vertraulich, deswegen kann man darüber nicht so offen berichten. Was wir aber sagen können: Wir als SPD-Fraktion stehen nicht nur für die Schaffung von Wohnraum, sondern insbesondere für den sozialverträglichen Wohnungsbau. Und wir wissen, dass es Wohnungsunternehmen gibt, die zwar bauen, deren Geschäftsmodell aber rein auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist und die ihre Pflichten zur Instandhaltung des Wohnraums vernachlässigen. Ein solches Beispiel ist die Vonovia, die im Eidelstedter Eisenbahnerviertel bauen wollte. Da haben wir uns durchgesetzt und das Vorhaben gestoppt.
Die Neue Mitte Stellingen ist ein aktueller Fall für ein Quartier, in dem Wohnraum neu geschaffen wird, und er trotzdem günstig sein soll. Zuletzt sind die Bauarbeiten dort aber ins Stocken geraten, weil das Wohnungsunternehmen Buwog dort nicht mehr bauen wird und die Stadt jetzt eine neue Ausschreibung für den vorderen Teil der Fläche am Sportplatzring vorbereitet. Hat der Bezirk überhaupt Möglichkeiten, auf die dortigen Entwicklungen Einfluss zu nehmen?
Bei der Neuen Mitte Stellingen hatten wir als SPD-Fraktion schon länger das Gefühl, dass es mit der Buwog – übrigens ein Tochterunternehmen der Vonovia – nicht so gut läuft. Immer wieder wurde das Bauvorhaben verzögert, sodass wir irgendwann gesagt haben: Mit euch geht es nicht. Trotzdem ist das Bauvorhaben wichtig, es soll ein Stadtteilzentrum mit einem Jugendhaus und einem Seniorentreff entstehen. Für Stellingen ist das ein zentraler Baustein. Was wir wollen, ist aber eine gute und langfristige Lösung, und die hängt eben auch davon ab, wer der Betreiber des Ganzen ist.
SPD Eimsbüttel will Genossenschaften unterstützen
Ein weiteres Thema im Wahlprogramm der SPD sind die Wohnungsgenossenschaften. Diese kritisieren aktuell die Erbbaurechts-Regelung des Senats, gemäß der städtische Grundstücke nicht mehr dauerhaft, sondern nur befristet auf meist 99 Jahre verkauft werden sollen. Die Folge ist, dass viele Genossenschaften gar nicht mehr bauen. Können die Bezirke dieses Problem lösen?
Die Genossenschaften sind das Rückgrat für bezahlbares Wohnen. Wir freuen uns über jede Genossenschaft, die in Eimsbüttel ein Neubauprojekt startet. Die Erbbaurechtsgrundstücke sind tatsächlich ein Problem, und zwar in erster Linie im Zusammenhang mit den Banken, die die Bauprojekte finanzieren. Diese brauchen dafür Sicherheiten. Diese lassen sich aber nun mal besser in einem Eigentumsgrundstück eintragen als in einem Erbbaurechtsgrundstück. Das ist also eine Finanzierungsthematik. Vor einigen Jahren, als die Zinsen noch niedrig waren, wäre das gar nicht weiter aufgefallen. Aber bei den jetzigen Bauzinsen ist das anders.
Die Bürgerschaft berät mit der Finanzbehörde darüber, wie man das Ganze günstiger gestalten kann. Was wir als Bezirk tun können, ist, dafür zu sorgen, dass Genossenschaften auch bei größeren Wohnungsbauprojekten zum Zuge kommen.
Bei Verkehrsplanungen pragmatischer vorgehen
Kommen wir zum Thema Verkehr. Hier schreibt die SPD in ihrem Wahlprogramm unter anderem, dass Parkplätze nicht systematisch für Radwege abgebaut werden sollen. Was läuft Ihrer Ansicht nach dabei derzeit schief und wie kann es besser werden?
Wir haben ja die grundsätzliche Situation, dass wir für einen fließenden Verkehr sorgen wollen, damit man gut vorankommt. Und das betrifft den Autoverkehr genauso wie Bus und Bahn sowie den Radverkehr. Ich möchte an dieser Stelle einmal vorausschicken, dass wir in Eimsbüttel viel für den Fahrradverkehr getan haben. Radfahrerinnen und Radfahrer sind auf Eimsbüttels Radwegen und Velorouten gut und sicher unterwegs.
An einigen Stellen ist es aber so, dass zu sehr an starren Prinzipien festgehalten und nicht nach der besten Lösung geschaut wird. Wenn man bei den Planungen stärker den jeweiligen Einzelfall betrachtet und pragmatischer vorgeht, lassen sich viele Konflikte verhindern.
SPD Eimsbüttel fordert mehr Fingerspitzengefühl
Ein aktuelles Beispiel ist die Bundesstraße, wo der Radweg zwischen Rentzelstraße und Kippingstraße auf die Fahrbahn verlegt werden soll. Dort gibt es ein Teilstück, an dem kaum andere Straßen die Bundesstraße kreuzen und auf dem wenige Fußgänger unterwegs sind. Es gibt dort überhaupt keine problematische Situation – und trotzdem soll auch dort der Radweg auf die Straße verlegt werden – wodurch aber 70 Parkplätze wegfallen würden. Für das dicht bebaute Grindelviertel ist das eine ziemlich hohe Zahl.
Ein paar hundert Meter weiter sieht die Situation an der Straße dann aber schon wieder ganz anders aus. Dort gibt es viel Fußverkehr und es wäre gut, den Verkehr ein wenig zu ordnen und den Radweg auf die Fahrbahn zu verlagern.
Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, bei dem Thema mit Fingerspitzengefühl vorzugehen. Denn letztlich steckt auch eine soziale und gesellschaftliche Frage dahinter. So geht es zum Beispiel bei den Parkplätzen nicht nur um die Anwohnerinnen und Anwohner, sondern auch um die Menschen, die nicht dort wohnen, aber die Einrichtungen des Quartiers nutzen wollen. Sei es die Arztpraxis, das Kino oder das Theater.
Mehr Flexibilität beim Anwohnerparken
Damit wären wir bei der SPD-Forderung nach dem Quartiersparken, das anders als das Anwohnerparken auch die Belange von Gewerbetreibenden, Pflegediensten und anderen Externen berücksichtigt. Warum sollte das Ihrer Meinung nach umgesetzt werden?
Wir haben einfach eine Schieflage beim Bewohnerparken. Von der Idee her ist das Bewohnerparken eine gute Sache, aber an einigen Stellen verfehlt es sein Ziel. Für manche Viertel ist es schlichtweg ungeeignet. Bleiben wir beim Grindelviertel. Freitag- oder samstagabends fahren auch viele Auswärtige ins Viertel und wollen die vielfältige Gastronomieszene genießen oder ins Theater gehen. Die Folge ist, dass Anwohner dann trotz Bewohnerparken keinen Parkplatz finden. Die starre Einteilung der Parkzonen wird dann zum Problem. Denn die Anwohner haben keine Ausweichmöglichkeit.
Mehr Flexibilität würde das Problem unserer Meinung nach lösen – auch für Gewerbetreibende. Handwerker kommen selten mit dem Fahrrad. Sie brauchen das Auto. Das heißt, sie müssen eine Parkberechtigung nicht nur für die Zone bekommen, in der sie ihren Firmensitz haben, sondern auch dort, wo sie arbeiten. Bei Pflegediensten gibt es das gleiche Problem. Wer auf Pflege angewiesen ist, muss diese auch bekommen, und die Pflegenden sind nun mal mit dem Auto unterwegs und müssen auch entsprechend parken können. Die gleiche Frage stellt sich für diejenigen, die sehr früh oder spät arbeiten, sei es ein Bäckerlehrling oder jemand nachts in der Gastronomie. Die brauchen einen Parkplatz vor Ort. Wir müssen das ganze Thema Parken in einem größeren Zusammenhang sehen.
SPD Eimsbüttel will Begegnungsorte für alle
Ein weiteres Thema ist Kultur und Bildung. Welchen Beitrag leisten Ihrer Meinung nach Stadtteilhäuser wie das steeedt oder auch das Lißy-Haus – die ja beide saniert beziehungsweise neu geschaffen wurden – zur Verbesserung der Lebensqualität in einem Stadtteil wie Eidelstedt, der den niedrigsten Sozialindex im Bezirk hat?
In unseren Stadtteilen brauchen wir Orte, an denen wir uns treffen können, um Gemeinschaft zu leben – sei es für Sport, Kultur oder einfach nur zum Austausch. Deshalb ist es wichtig, dass wir dort attraktive, gut ausgestattete Begegnungsorte schaffen, die allen zugänglich sind. Hamburg hat große Kulturangebote, das Schauspielhaus, die Elbphilharmonie, die Hamburgische Staatsoper. Die sind alle wunderbar, aber genauso wichtig ist das kulturelle Leben in den Quartieren.
Auch Sport hat bei Ihnen im Wahlprogramm eine große Bedeutung – die SPD betont die Förderung von Vereinen oder setzt sich wie zuletzt für den Bau von Bewegungsinseln ein. Warum sind diese Angebote aus Ihrer Sicht wichtig?
Sport leistet genau wie die Stadtteilkultur einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sport fördert aber auch die Gesundheit, ist gut fürs Selbstwertgefühl und macht einfach Spaß. Neben dem klassischen Vereinssport bieten insbesondere die Bewegungsinseln eine gute Möglichkeit, Sport zu treiben. Zugleich gibt es auch viele neue Sportarten wie zum Beispiel Padel, eine Mischung aus Squash und Tennis – auch diesen neuen Entwicklungen wollen wir Raum geben.
Schulen als Treffpunkte fürs Quartier
Besonders wichtig finde ich das Thema Schwimmen. Viele Kinder können nicht mehr schwimmen und geeignete Wasserflächen zum Schwimmenlernen sind rar. Deshalb ist es wichtig, dass wir als Bezirk die Lehrschwimmbecken in einen guten Zustand versetzen. Eimsbüttel hat drei dieser Becken, der Betrieb ist sehr kostenintensiv. Hier müssen wir als Bezirk unterstützen.
Beim Thema Bildung hat der Bezirk wenig Spielraum. Bei den Schulen kann er sich nur über die Zuständigkeit für Schulgebäude einbringen. Was ist aus SPD-Sicht hier zu tun?
Was die Schülerzahlen angeht, merken wir, wie groß der Run auf die Schulen ist. Deshalb werden im Bezirk neue Schulen gebaut, in Schnelsen und Lokstedt entstehen Campusschulen, aber auch im Kerngebiet gibt es Neugründungen von Schulen. Was dabei aus meiner Sicht wichtig ist: Über den reinen Bildungsauftrag hinaus sind Schulen auch Treffpunkte. Hier finden nachmittags und abends Angebote statt, die Schulhöfe werden außerhalb der Schulzeiten von den Kindern aus dem Stadtteil als Sport- und Spielflächen genutzt, die Schulsporthallen von Sportvereinen. Deshalb ist es uns wichtig, die Schulen – und auch die Schulhöfe – als wichtige Orte für die Quartiere so ausstatten, dass man dort gerne hingeht.
Die SPD schreibt im Wahlprogramm zum Thema Sicherheit: Jede Straftat ist eine zu viel. Die SPD stehe für einen handlungsfähigen Staat. Wie sieht das in der Praxis aus, reichen gut ausgeleuchtete Gehwege?
Sicherheit ist für uns ein umfassendes Thema. Natürlich geht es dabei um Polizeipräsenz im Bezirk. Mögliche Straftaten müssen schnell verfolgt werden, Staatsanwaltschaft und Gerichte müssen schnell handeln.
Zur Sicherheit gehört auch, dass wir an bestimmten Orten für Ordnung sorgen, damit sie nicht vermüllen und der Eindruck entsteht, dass dort niemand hinschaut. Hier ist es hilfreich, wenn die Bürgerinnen und Bürger regelmäßig jemanden sehen, der sich darum kümmert und auch Ansprechpartner für die Menschen ist.
Mehr Sicherheit in den Abend- und Nachtstunden
Es geht aber auch darum, dass man sich im öffentlichen Raum sicher fühlt, vor allem auch in den Abend- und Nachtstunden, wenn man alleine unterwegs ist. Dass Wege gut ausgeleuchtet sind. Wir haben uns in diesem Zusammenhang für die Einführung von sogenannten Frauentaxis eingesetzt. Damit sollen Frauen in den Abend- und Nachtstunden die Möglichkeit haben, zu vergünstigten Tarifen mit dem Taxi von der Haltestelle nach Hause zu fahren. Dieses Angebot für mehr Sicherheit gibt es bereits in vielen anderen Städten und wäre ein guter Baustein auch für Hamburg für mehr Sicherheit.
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