Villa Lupi, zweites Puzzleteil: Der Eigentümer und sein Mieter
Seit fast drei Jahren wird die Villa Lupi am Heußweg 40 illegal von wechselnden Männergruppen bewohnt. Weder Eigentümer, noch Stadt oder Polizei sind in der Lage, etwas dagegen zu tun. Warum?
Von Christiane TauerDie Männer, die die Villa Lupi bewohnen, sind das nach außen sichtbare Puzzleteil des Rätsels um die Villa Lupi. Wer aber sind die Akteure im Hintergrund, die sie ins Haus gebracht haben? Was weiß der Eigentümer?
Das Absurde daran: Sowohl der Eigentümer, Immobilienhändler Matthias Haase, und sein – mittlerweile eigentlich ehemaliger – Mieter S., der Gastrounternehmen in Hamburg betreibt, haben mehrfach über ihre Anwälte bestritten, etwas mit den Bewohnern zu tun zu haben.
Eigentümer weiß nichts über Bewohner
So stellte der Anwalt von S. bereits vor einem Jahr gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten klar: „Wir wissen nicht, wer die Bewohner sind.“ Herr S. habe sie nicht in das Haus gelassen.
Ähnlich äußerte sich Joachim Kloos, Matthias Haases Anwalt, in mehrmaligen Gesprächen. Sein Mandant habe nichts mit den Bewohnern zu tun. Auch wer Vertragspartner für Strom oder Wasser ist, sei ihm nicht ersichtlich. Allerdings: Dass Strom im Gebäude vorhanden ist, ist anhand der brennenden Lampen von außen sichtbar.
Fakt sei, so Kloos, dass jemand mit einem Schlüssel hineingekommen sein muss, denn aufgebrochen wurde das Gebäude nicht.
Einer schiebt Verantwortung auf anderen
Ist die Villa Lupi also ein besetztes Haus? Wurde sie widerrechtlich von den Männergruppen okkupiert? Und warum unternehmen weder Eigentümer noch Mieter etwas gegen die vermeintlichen Besetzer?
Bisher hat der eine die Verantwortung für die Zustände im Haus auf den anderen geschoben. Das ist jetzt nicht mehr möglich – eigentlich.
Villa Lupi: Rechtsstreit eigentlich beendet
S., der in der Villa Lupi einen Gastrobetrieb eröffnen wollte und zu diesem Zwecke mit Haase im August 2020 einen Mietvertrag schloss, ist offiziell nicht mehr Mieter der Immobilie. Ein langjähriger Rechtsstreit zwischen ihm und Haase hat im Januar 2024 vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sein Ende gefunden.
Allerdings gibt es einen Haken: Laut Joachim Kloos verweigert S. nun eine ordnungsgemäße Übergabe der Immobilie. Ein entsprechendes Schreiben sei im Februar eingegangen, teilt er gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten mit.
Deshalb, so Kloos, sei der Mieter S. in seinen Augen weiterhin Ansprechpartner für alle Angelegenheiten rund um die Villa Lupi.
Ehemaliger Mieter hat Schlüssel mehrfach zurückgeschickt
S. sieht das anders. Sein Anwalt erklärt auf Nachfrage, es sei vielmehr Haase gewesen, der mehrfach die Rücknahme des Objekts verweigert habe, indem er immer wieder die übersandten Hausschlüssel zurückschickte.
Sein Mandant S. habe mit der mehrmaligen Schlüsselübergabe jedoch deutlich gemacht, dass er den Besitz der Immobilie aufgeben wolle, damit sei er seiner Rückgabepflicht nachgekommen. Es sei also Haase, der sich mit der Rücknahme in Verzug befinde. Das habe nach Ansicht des Anwalts auch Auswirkungen auf die Überprüfung des Zustands des Gebäudes: Abgesehen davon, dass es schon vor fast vier Jahren eine „Bruchbude“ war, könne der Zustand zum Zeitpunkt des beendeten Mietvertrags jetzt nicht mehr nachträglich festgestellt werden.
Erbbaurechtsvertrag regelt Nutzung
Hintergrund des Ganzen ist der für den Heußweg 40 geltende Erbbaurechtsvertrag, den die Stadt Hamburg als Eigentümerin des Grundstücks 1998 mit der Villa Lupi Kunstforum GmbH geschlossen hat. Er regelt, dass Haase als Geschäftsführer der GmbH für das Grundstück einen jährlichen Erbbauzins an die Stadt zahlen muss.
Doch auch Inhaltliches ist in dem Erbbaurechtsvertrag festgelegt. So dürfe das Gebäude auf dem öffentlichen Grund lediglich für kulturelle Zwecke verwendet werden und zu einem kleineren Teil auch als Wohnraum. Denkbar sei ein Atelier, eine Werkstatt oder eine Veranstaltungsstätte mit Ausschank.
Bauvoranfrage nicht abgesprochen?
Letzteres bedeutet: Ein Gastrobetrieb mit Vollküche ist nicht erlaubt. Inwiefern S. das klar war, als er sich im August 2020 die Villa Lupi anschaute und den Mietvertrag mit Haase schloss, bleibt offen. Beim Bauamt des Bezirks Eimsbüttel stellte S. eine Bauvoranfrage für eine „Nutzungsänderung zum Café + Bistro Villa Lupi“ – die das Amt im März 2021 negativ beschied.
Der Mietvertrag zwischen S. und Haase galt daraufhin eigentlich als aufgelöst. Doch Haase war damit nicht einverstanden. Wie sein Anwalt Kloos im Sommer 2022 gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten schilderte, sei die Bauvoranfrage im Vorfeld nicht mit Haase abgesprochen gewesen und außerdem so unpassend formuliert worden, dass ein negativer Bescheid kein Wunder gewesen sei.
Plötzlich waren unbekannte Männer da
Haase klagte auf nachträgliche Mietzahlung. Das Landgericht Hamburg wies seine Klage am 27. Juli 2021 ab. Etwa zu dieser Zeit müssen nach Berichten aus der Nachbarschaft die ersten rätselhaften Männergruppen in die Villa Lupi gezogen sein – wie auch immer sie hineingekommen sind.
Gerichtlich war aber noch nicht das letzte Wort gesprochen. Haase legte vor dem Oberlandesgericht Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ein.
Trotz Gerichtsurteil keine Klarheit
Mehrmals wurde der Verhandlungstermin verschoben – vom August 2022 auf den Oktober, bis er am 13. Dezember desselben Jahres schließlich stattfand. In der Entscheidung änderte sich aber nichts.
Die Richterin urteilte im Januar 2023 erneut, dass der Mietvertrag mit der Ablehnung der Umbaupläne als aufgelöst gelte und keine rückwirkenden Mietzahlungen fällig seien. Dieses Urteil hat der BGH jetzt bestätigt, indem die Karlsruher Richter die sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde von Haase gegen das Hamburger Urteil zurückwiesen. „Das Urteil des Oberlandesgerichts ist damit rechtskräftig“, erklärt BGH-Pressesprecher Kai Hamdorf auf Anfrage.
Wirklich geklärt ist damit aber immer noch nichts – aufgrund der laut Eigentümer ausstehenden Übergabe der Wohnung vom Mieter an ihn zurück und der widerstreitenden Ansicht des ehemaligen Mieters in dieser Frage.
Im dritten Puzzleteil zur Villa Lupi geht es um die Rolle der Stadt Hamburg und ihrer Behörden. Warum sie sich für nicht zuständig erklärt und wer ihrer Meinung nach die „unhaltbaren Zustände“ im Gebäude beenden kann.
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