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Zaklin Nastic
Żaklin Nastić kandidiert auf Platz eins ihrer Landesliste. Foto: Alana Tongers
Bundestagswahl 2021

Żaklin Nastić im Interview: „Wir treten mit Regierungsanspruch an“

Aus Eimsbüttel in den Bundestag – wofür stehen die Eimsbütteler Direktkandidaten? Żaklin Nastić, Direktkandidatin der Linken, über soziale Gerechtigkeit in Eimsbüttel, außenpolitische Verantwortung – und die Rolle der Linken für eine mögliche Koalition.

Von Alana Tongers

Das Gespräch mit Żaklin Nastić findet im Parteibüro in der Innenstadt statt – weit weg von ihrem Stadtteil Eidelstedt, den sie immer wieder zum Thema macht. Eimsbüttel sei ein Bezirk voller Kontraste, meint Nastić.

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Sie ist seit 2017 Teil des Bundestags und menschenrechtspolitische Sprecherin der Links-Fraktion. Nastić erhofft sich einen Einzug über das Direktmandat – mit Platz 1 auf der Landesliste ihrer Partei hat sie dafür gute Chancen.


Eimsbütteler Nachrichten: Sie sind seit 2017 Teil des Bundestags – warum treten Sie wieder zur Wahl an? 

Żaklin Nastić: Ich würde meine Arbeit als menschenrechtspolitische Sprecherin gerne fortsetzen. Natürlich ist mir die menschenrechtliche Lage nicht nur im Ausland wichtig, sondern auch hier in Deutschland. Wir hatten 2019 – schon vor Corona – die höchste Armutsquote seit der Wiedervereinigung, wir sind der größte Niedriglohnsektor in Westeuropa, Hamburg ist Hauptstadt der Altersarmut, fast drei Millionen Kinder in Deutschland leben in Armut – ich denke, es braucht dringend eine starke Linke. 

Wie kann Eimsbüttel sozial gerechter werden? 

Eimsbüttel ist ein toller Bezirk, aber auch ein Bezirk der auseinanderklaffenden Schere. Ich bin in Osdorf und Eidelstedt aufgewachsen und habe die letzten Jahre in Eidelstedt gelebt. Viele Menschen sind dort trotz Arbeit arm. Ein weiteres Problem für alle Menschen in Eimsbüttel und Hamburg ist die Wohnungsfrage: die Verdrängung, die nicht mehr bezahlbaren Mieten, dass mittlerweile ein Großteil der Hamburgerinnen und Hamburger bis zu der Hälfte des Einkommens für Mieten ausgeben muss. Wir streiten gerade für den Mietendeckel.

In Eimsbüttel kämpft die Linke gegen Leerstand – Stichwort Methfesselstraße 80. Dort zeigt sich, wie durch die kaputt-gesparte Infrastruktur innerhalb der Behörden auch die Daseinsvorsorge kaputt gespart wurde. 

Warum ist es Ihnen wichtig, dass Häuser wie die Methfesselstraße 80 erhalten bleiben? 

Es stellt sich grundsätzlich die Frage, wie es sein kann, dass das Haus über Jahrzehnte verfallen konnte und nicht reagiert wurde. Spekulanten und Besitzerinnen haben eine Pflicht dafür zu sorgen, dass ihre Häuser in einem guten Zustand sind. Wir haben einen riesigen Wohnungsnotstand und dann stehen auch noch Häuser leer und werden nicht renoviert. Uns ist außerdem wichtig, dass Renovierungen nicht auf Kosten der Mieterinnen und Mieter gehen. Das haben wir im Kleinen Schäferkamp gesehen – Zwangsversteigerung, Erbschaftsstreitigkeiten. Das sorgt bei vielen Mieterinnen und Mietern für große Not, dafür, dass sie ihre Wohnung
nicht mehr bezahlen können und sie gar verlieren.

Die Linke hat ambitionierte Klimaschutz-Pläne und will, dass Deutschland bis 2035 klimaneutral wird. Wie ist das umsetzbar? 

Das ist ein vielschichtige und gesamtgesellschaftliche Aufgabe – besonders für die Politik. Es beginnt beim Wohnen, zum Beispiel bei Renovierungen und Sanierungen. Es geht aber nicht nur um eine CO2-Bepreisung, die wir sehr differenziert betrachten müssen. Wir haben die Sorge, dass das nicht sozialverträglich ist, sondern dass Menschen, die nicht wohlhabend sind, sich vieles nicht mehr leisten können und mit CO2-Preisen ärmer gemacht werden. Wir streiten auf allen Ebenen, beginnend bei der Wirtschaft. Als Beispiel: Die hundert größten Unternehmen der Welt verursachen 70 Prozent des CO2-Ausstoßes und sollten auch die Hauptlast der Klimawende tragen. Sie haben schließlich jahrelang von der Verschmutzung der Erde profitiert.

Auch Mobilität müssen wir einmal durchdeklinieren. Wenn man Menschen Anreize zum Umstieg auf den HVV geben möchte, muss man ihn besser takten, ausbauen und natürlich möglichst bezahlbar, am besten kostenfrei, machen. Hamburg darf nicht die teuerste Stadt beim ÖPNV bleiben.

Mobilität ist auch ein großes Thema in Eimsbüttel. Was wollen Sie hier vor Ort umsetzen? 

Wir unterstützen die Idee von „Superbüttel“. Solche Dinge sind wichtig, aber nur da machbar, wo das auch die Bürgerinnen und Bürger mittragen. So etwas ist möglich im Kerngebiet, aber in Eidelstedt, Niendorf und Schnelsen – also am Rande – wahrscheinlich nicht. Da muss man auf  bessere Bustaktungen und Anbindungen setzen. Wir wollen auch den Gleisausbau voranbringen. Es kann nicht sein, dass ich von Niendorf bis Eidelstedt acht Minuten mit dem Auto brauche – aber mit den öffentlichen Verkehrsmitteln eine Stunde. Wenn ich am Infostand stehe und mir ein älterer Herr im Ruhestand sagt, dass er sich nur noch einmal im Monat eine Fahrkarte leisten kann, ist das auch ein trauriges Abbild der sozialen Ungerechtigkeit in so einem wohlhabenden Land.

Die Linke steht seit Wochen in der Kritik, weil sie der Evakuierung der Ortskräfte aus Afghanistan nicht zugestimmt hat. Was entgegnen Sie? 

Es ist wirklich erstaunlich, wie versucht wird, den Bock politisch zum Gärtner zu machen. 20 Jahre haben wir darauf hingewiesen, dass der Einsatz fatal ist. Dass man nicht von außen durch Interventionskriege oder Regime-Change-Politik eine Demokratie einführen und eine Bevölkerung emanzipieren kann – das muss von innen aus der Gesellschaft selbst erfolgen. Die Erfahrung hat uns Recht gegeben. Und jetzt zu sagen, nachdem die Politik völlig versagt hat, da ist die Linke Schuld – da kann man sich leicht und billig einen schlanken Fuß draus machen. Nach dem Motto “Haltet den Dieb!”, wenn man selber beim Klauen erwischt wurde. Das funktioniert nicht und ärgert mich tierisch.

Żaklin Nastić: „Haben auch Verantwortung für Menschen außerhalb Deutschlands“

Ich fand das Mandat extrem schwierig, weil die Gruppe der zu rettenden Menschen im Vergleich zum vorherigen Mandat zusätzlich eingeschränkt wurde. Man kann ja recht und billig auf die Linke zeigen – aber es werden keine Menschen gerettet. Ich weiß auch von Menschen, die in Moria, Griechenland und überall sind, die nachweislich Papiere haben, dass sie für Deutschland gearbeitet haben. Und die bekommen hier nicht mal Zugang. Ich halte das für ein schlimmes Ablenkungsmanöver auf Kosten der Menschen. Und um die sollte es uns gehen. 

Vor allem aber bleibt die Frage: warum wurde nicht zivil evakuiert? Das wäre sicherer gewesen und man hätte über einen längeren Zeitraum viel mehr Menschen retten können. Dass eine zivile Evakuierung möglich war, hat Indien vorgemacht.

Sie sagen, an den Händen der Bundesregierung klebe Blut. Was muss sich jetzt außenpolitisch ändern? 

Schnelle, unkomplizierte Hilfe. Diese Visa-Fälle, diese Fälle, die jahrelange nicht bearbeitet werden, kennen wir auch aus Hamburg. Gerade der Familiennachzug wird extrem bürokratisiert und es passiert kaum etwas. Es müssen hier rechtzeitig Unterkünfte bereitgestellt werden. Und zwar nicht solche, wo Menschen in Containern auf Parkplätzen wohnen. Das hat man die ganze Zeit versäumt, obwohl man wusste, dass der Einsatz in Afghanistan endet. 

Wenn Sie darauf einen Einfluss haben wollen, ist der in der Opposition begrenzt. Die Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung besteht. Was bevorzugen Sie: Abstriche in den eigenen Standpunkten machen oder zu Prinzipien stehen und weiterhin in der Opposition arbeiten? 

Um das vorweg zu sagen: Für eine gut funktionierende Demokratie braucht es auch eine starke Opposition (lacht). Und ich denke, dieser Aufgabe sind wir über die letzten Jahre gut nachgekommen. Wir streiten um Veränderung für die Mehrheit der Menschen in diesem Land und selbstverständlich treten wir für den Bundestag auch mit dem Anspruch an, regieren zu können. Die ganzen Jahre zuvor hat es nicht an der Linken gelegen – es gab ja schonmal eine Mehrheit für Rot-Rot Grün – sondern die anderen haben es mit uns ausgeschlossen. 

Das ist dieses Mal anders. Ich finde es spannend, wie die Argumentationslinie aufgetan wird – zum Beispiel das Bekenntnis zur NATO. Da frag ich mich manchmal: Ist das denn ehrlich gemeint, wenn man den größtmöglichen Differenzpunkt aussucht? Da erwarte ich eher Bekenntnisse von Olaf Scholz und seiner SPD, mit wem sie den Mindestlohn erhöhen wollen. Mit einer GroKo? Oder möchten sie das etwa in einer Ampel mit der FDP, die ganz klar gesagt hat, mit ihnen ist das nicht zu machen? Mit wem möchten die Grünen einen konsequenten Klimaschutz vorantreiben? Unter Schwarz-Grün oder unter einer Ampel? Wer möchte wirklich etwas verändern? An den Linken hat es bisher nicht gelegen.

Welche Themen vermissen Sie im Wahlkampf? 

Mir ist aufgefallen, dass dieser Wahlkampf extrem personalisiert wird. Ich merke auch, dass die Fragen und die Ansprüche immer persönlicher werden – auch an mich. Da wünsche ich mir, sich wieder mehr auf Sachfragen zu beziehen. Und klarzumachen, dass wir eine Verantwortung haben, sowohl für die Menschen hier, als auch außerhalb Deutschlands. 

Was wünschen Sie sich für den Wahlkampfendspurt? 

Ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen wählen gehen. Dass gerade Menschen, die nicht wohlhabend sind, sich aufraffen – denn es geht um ihre Belange. Die, die viel Geld und viel zu verlieren haben, gehen erfahrungsgemäß wählen und wählen nicht unbedingt die Parteien, die für soziale Belange stehen. Noch immer bangen Menschen weltweit um das Recht auf freie Wahlen. Das ist kein Geschenk an uns, es ist ein hart erkämpftes Recht.

Danke für das Gespräch!


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