Immobilien-Rätsel mitten in Eimsbüttel: Wer wohnt in der Villa Lupi?
Die Villa Lupi am Heußweg war einmal ein „Forum für Kunst“. Heute sorgen die Bewohner für Ärger in der Nachbarschaft – und für Rätselraten, was in dem Haus vor sich geht.
Von Christiane TauerWeiße Fassade, mit Backsteinen abgesetzt, umrahmt von hohen Bäumen. Ein idyllisch gelegenes Häuschen mit niedlichem Namen: Villa Lupi.
Doch um das Gebäude am Eingang zum Henry-Vahl-Park tobt ein Streit, der jegliche Niedlichkeit vergessen lässt.
Komplizierte Gemengelage
Allein die eingeschlagenen Scheiben des leeren Schaukastens unter dem graffitibeschmierten Schild „Villa Lupi – Forum für Kunst“ lassen erahnen: Diese Immobilie in unmittelbarer Nähe zur Osterstraße hat ihre guten Zeiten hinter sich.
Die Gemengelage ist kompliziert. Eigentümer, Mieter, die Eimsbütteler Nachbarschaft, mehrere Ämter und Institutionen, sie alle sind die Beteiligten des Konflikts um die Immobilie am Heußweg 40. Diese firmiert zwar offiziell als Villa Lupi Kunstforum GmbH – von Künstlerinnen wird sie aber schon lange nicht mehr genutzt.
Fenster von innen verhängt
Eine der Leidtragenden des Konflikts ist Gesa von Staden. Wenn die Nachbarin auf der Terrasse ihrer Wohnung sitzt, blickt sie direkt auf das baufällige Gebäude. Sie könnte sogar in die Fenster hineinschauen, wenn die nicht seit einem Jahr von innen verhängt wären. „Da ging es auf einmal los“, erinnert sie sich.
Plötzlich war die Villa Lupi von einer unüberschaubaren Zahl von Männern bevölkert. Die Fenster wurden mit Vorhängen oder großen Papierstücken versehen, und wenn Licht brannte, konnte sie die Umrisse von mehreren Etagenbetten erkennen. Sie fragte sich: Wer sind die neuen Bewohner?
Lärm bis tief in die Nacht
Statt einer netten Begrüßung erhielt Gesa von Staden Grußbotschaften der anderen Art. Die neuen Nachbarn warfen Zigarettenkippen in ihren Garten, machten bis tief in die Nacht Lärm und stapelten ihren Hausmüll vor der Villa, sodass sich in den angrenzenden Gärten und im Henry-Vahl-Park Ratten breitmachten.
Gesa von Staden ist mit den Nerven am Ende. Seit mehr als 20 Jahren lebt sie in ihrer Wohnung, und jetzt sowas. Hinzukommt, dass die Kommunikation mit den Nachbarn schwierig ist, da diese kaum Deutsch sprechen.
Kontakt zum Eigentümer der Villa Lupi konnte sie bisher nicht aufnehmen. Sie erhielt weder einen Rückruf noch eine Antwort auf ihre E-Mails. Was sollte sie tun?
Eine wahre Ämterodyssee begann. Gesa von Staden alarmierte die Polizei wegen der Ruhestörung, die Schädlingsbekämpfungsstelle wegen der Ratten und das Bezirksamt wegen des Müllproblems.
Gefahr durch herabfallende Steine
Als Gebäudeteile vom baufälligen Haus herabfielen und drohten, ihren Hund im Garten zu erschlagen, schaltete Gesa von Staden einmal sogar die Feuerwehr ein.
Der Aufwand hat sich gelohnt. Mittlerweile sei es etwas ruhiger im Nachbarhaus, sagt sie. Trotzdem fragt sie sich, was es mit der Villa Lupi und ihrer Bewohnerschaft hinter den verhängten Fenstern auf sich hat.
Villa Lupi ist offiziell ungenutzt
Diese Frage beschäftigt nicht nur sie. Die Nachbarschaftsprobleme sind der nach außen hin sichtbare Teil des Konflikts. Der innere wird seit vergangenem Jahr hauptsächlich vor Gericht ausgetragen.
Die Protagonisten hier: Eigentümer Matthias Haase und sein namentlich nicht genannter Mieter – zumindest der Mieter, mit dem er einen Mietvertrag geschlossen hat. Diese Information ist insofern wichtig, als die Villa Lupi offiziell als ungenutzt gilt.
Stadt ist Grundstückseigentümer
Man könnte fragen: Was geht es die Öffentlichkeit an, wenn sich Mieter und Vermieter eines Hauses vor Gericht streiten? Hier kommt die spezielle Eigentums-Konstellation der Villa Lupi ins Spiel.
Bei dem Grundstück handelt es sich um ein „allgemeines Grundvermögen belastet mit Erbbaurecht“. Eigentlicher Eigentümer ist die Stadt Hamburg. Diese hat einen seit 1998 laufenden Erbbaurechtsvertrag mit der Villa Lupi Kunstforum GmbH geschlossen. Geschäftsführer ist Matthias Haase, Immobilienhändler mit Sitz auf Sylt.
Gebäude soll abgerissen werden
Der Erbbaurechtsvertrag endet in zehn Jahren, am 31. Juli 2032. Dann ist geplant, die Villa Lupi abzureißen und das Grundstück dem Henry-Vahl-Park zuzuschlagen.
Erbbaurecht
Erbbaurecht lässt sich umschreiben mit: „eigenes Haus auf fremdem Grund“. Das heißt, ein Eigentümer besitzt ein Haus, dessen Grundstück jemand anderem gehört. In der Regel handelt es sich dabei um eine Stadt, Gemeinde, Kirche oder Stiftung. In seltenen Fällen vergeben auch Privatpersonen Erbbaurechte an Grundstücken. Für die zeitlich begrenzte Nutzung muss der Erbbaurechtsnehmer dem Erbbaurechtsgeber einen Zins zahlen, den sogenannten Erbbauzins.
Der Erbbaurechtsvertrag sieht vor, das Gebäude als Kulturzentrum wie etwa Atelier, Werkstatt oder Veranstaltungsstätte zu nutzen – und nur zu einem kleineren Teil auch als Wohnung. Das Problem: Diese kulturelle Nutzung erfolgt seit Jahren nicht mehr.
SPD Eimsbüttel involviert
Die Eimsbütteler SPD-Fraktion hat in der Vergangenheit mehrfach auf diesen Missstand hingewiesen. Am liebsten sei ihr, die Villa Lupi könne vorzeitig an die Stadt zurückgehen, sagt Ernst-Christian Schütt. Im Erbbaurecht ist dieser sogenannte „Heimfall“ möglich, wenn eine nicht vertragskonforme Nutzung erfolgt.
Geschehen ist bislang aber nichts. Im Gegenteil: Statt dass in der Villa Lupi Künstler wirken, geht vom Gebäude eine Belästigung der Nachbarschaft aus.
Was ist rechtlich möglich?
Weil sich Gesa von Staden auch an die SPD-Fraktion wandte, um auf die Müll- und Lärmprobleme hinzuweisen, brachte diese vor der Sommerpause einen Antrag in den Hauptausschuss ein. In einer der kommenden Sitzungen solle über die „rechtliche Situation und Handhabe hinsichtlich des Grundstücks Heußweg 40“ berichtet werden, heißt es darin unter anderem.
„An sich ist die Villa von der Lage her ein Kleinod“, sagt Schütt. Umso trauriger sei der jetzige Zustand.
Wie die nach außen unsichtbare Ebene des Konflikts um die Immobilie aussieht, was der Eigentümer des Villa Lupi Kunstforums zu der Problematik sagt, und welche Hintergründe der Rechtsstreit mit seinem Mieter hat.