Jahresrückblick: Das ist 2022 in Eimsbüttel passiert
2022 ist fast vorbei. Zeit, einen Blick auf die vergangenen Monate zu werfen. Von einem enttäuschten Olli Schulz über einen „Beach Express“ an den Elbstrand bis zum großen Katar-Boykott – es war viel los in Eimsbüttel.
Von Julia HaasDas Jahr 2022 hat viele Geschichten geschrieben – von lauten Aufregern über leise Veränderungen bis hin zu stillen Abgängen. Zum Jahresabschluss werfen wir einen Blick auf die großen und kleinen Momente, die Eimsbüttel bewegt haben.
Januar: Verbrecher und Fahrradwege
2022 startet im Januar mit einer Heldengeschichte aus der Nachbarschaft: Tim Stolze will gerade sein Fahrrad abschließen, als er eine dunkle Gestalt auf der Terrasse seines Nachbarn sieht. Der 21-Jährige ahnt, was sich an diesem Januarabend abspielt. Sechs Tage zuvor wurde Stolzes Wohnung ausgeraubt – der Täter nicht gefasst. Dieses Mal erwischt Stolze den Einbrecher auf frischer Tat – filmreife Verfolgungsjagd und Rangelei inklusive.
Weniger aufregend, aber von großem Interesse: die Verkehrssituation im Eppendorfer Weg. Anfang Januar wird bekannt, dass die Straße umgestaltet werden soll. Im Fokus steht die Sicherheit für Radfahrer und Fußgängerinnen. Außerdem soll aus der Durchfahrtsstraße ein Ort mit Aufenthaltsqualität werden. Der Bund unterstützt das Vorhaben mit 1,5 Millionen Euro.
Wie die Umsetzung aussieht, bleibt zunächst unklar.
Februar: Klimaschutz und Nazi-Vergangenheiten
Das Bezirksamt Eimsbüttel begrüßt das neue Jahr im Zeichen des Klimaschutzes. Das Konzept ist 307 Seiten dick und kündigt etwa 60 Maßnahmen an, die den Bezirk grüner machen sollen. Bezirksamtsleiter Kay Gätgens spricht im Februar von einem „Meilenstein für mehr Klimaschutz im Bezirk“. Doch: Nicht alle Maßnahmen erscheinen greifbar.
Ebenfalls im Februar: Die Geschichte um Olli Schulz und (s)einen Sportplatz beginnt. Anlass dafür gibt eine Initiative des Bezirksamts, die beabsichtigt, die Wolfgang-Meyer-Sportanlage in Stellingen umzubenennen. Wolfgang Meyer war Oberschulrat, Schulleiter – und Verfechter der Nazi-Ideologie.
Bis Ende Februar sammelt das Bezirksamt neue Namensvorschläge. In einer Folge des Podcasts „Fest & Flauschig“ bringt der Moderator Jan Böhmermann den Hamburger Musiker Olli Schulz als möglichen neuen Namensgeber ins Gespräch. Die Eimsbütteler Grünen zeigen sich begeistert: „Die Tatsache, dass er sowohl bei Grün-Weiß Eimsbüttel als auch beim ETV gespielt hat, könnte ein Vorteil gegenüber anderen Vorschlägen sein, denn beide Vereine sind Teil der Jury.“ Mit einer Entscheidung ist Mitte des Jahres zu rechnen.
März: Ukraine-Krieg und Programmfehler
Ende Februar überfällt die russische Armee die Ukraine. Zehntausende Menschen fliehen aus dem Land.
Etwa zur selben Zeit wollen die Zamikhovskas ihr Café im Eppendorfer Weg eröffnen. Doch der Krieg in ihrer Heimat verändert alles. Statt eine Neueröffnung zu feiern, organisieren sie die Evakuierung ihrer Familien aus der Ukraine. Mehrere Nachbarläden in Eimsbüttel unterstützen die Café-Inhaber. Sie verkaufen ihren Kaffee und spenden den Erlös an eine Stiftung, die der Ukraine hilft.
Im März leuchtet die Apostelkirche. Und alle fragen sich: Darf die das? Ja. Und nein. Die Lichtinstallation soll den 1977 bei einem Brand zerstörten Kirchturm symbolisch zeigen. Aber nur an bestimmten Tagen, zum Beispiel in der Adventszeit. Bei dem Lichtspektakel im März handelt es sich um einen Programmfehler.
April: Aktionen für die Ukraine
Der April steht 2022 im Zeichen des Kriegs. In Eimsbüttel organisieren sich Menschen, um Ukrainerinnen und Ukrainern zu helfen:
Das Tonali, ein Konzertsaal im Kleinen Kielort, gibt ukrainischen Kulturschaffenden eine Bühne und veranstaltet sechs Benefizkonzerte.
Das Eimsdock lädt zu einem ukrainischen Abend ein. Zwei geflüchtete Frauen aus der Ukraine kochen und singen. Der Erlös fließt in ihre Heimat.
Beiersdorf stellt für 200 Schutzsuchende eine Unterkunft in der Quickbornstraße.
Mai: Blumenbeete und ein enttäuschter Olli Schulz
Urban Gardening erfreut sich in Eimsbüttel großer Beliebtheit. Pflanzen und Grünflächen sorgen für bunte Tupfer im grauen Asphalt. Umso mehr überrascht es mehrere Anwohner, als sie im Mai Post vom Bezirksamt erhalten. Darin die Aufforderung, nicht rechtmäßige Hochbeete oder bepflanzte Blumenkübel zu entfernen.
Davon betroffen waren Anwohner in der Schwencke- und Gärtnerstraße sowie im Eppendorfer Weg. Sie vermuteten dahinter eine gezielte Kontrollaktion vom Bezirksamt. Dieses wiederum dementierte das.
Im Mai findet die Geschichte um Olli Schulz und die Sportanlage in Stellingen ihren Höhepunkt – wenn auch zur Enttäuschung von Schulz. Nachdem 62 Namensvorschläge eingereicht wurden – darunter war „Olli-Schulz-Sportanlage“ der Favorit – entscheidet die Bezirksversammlung, dass der Platz künftig „Sportpark Eimsbüttel“ heißt.
Auch wenn es keine explizite Entscheidung gegen den Sänger ist – nach Richtlinien des Senats ist es nicht erlaubt, Straßen und Plätze nach lebenden Personen zu benennen – tut dieser seine Enttäuschung im Podcast mit Jan Böhmermann kund. Dass er leer ausgeht, hat der Schauspieler und Sänger übrigens aus den Eimsbütteler Nachrichten erfahren.
Juni: Plötzlicher Tod von Grünen-Politikerin
Im Juni schockiert der plötzliche Tod von Grünen-Politikerin Katja Husen. Die ehemalige Anwärterin für die Eimsbütteler Bezirksamtsleitung verstirbt nach einem Fahrradunfall im Alter von 46 Jahren.
Überraschte Gesichter am Fanny-Mendelssohn-Platz: Der Superbiomarkt ist verschwunden, die Räume stehen leer. Bis heute ist nicht bekannt, was auf die Biomarkt-Kette in die Osterstraße 112 folgt.
Ein Thema, das die Gemüter im Juni bewegt, bringt die Eimsbütteler SPD auf die Tagesordnung. Diese fordert, dass in Eimsbütteler Schwimmbädern bald auch Frauen und nichtbinäre Personen oberkörperfrei schwimmen dürfen. Zu Recht, schreibt unsere Autorin in einem Kommentar dazu. Weniger klar dazu geäußert hat sich bislang das Hamburger Bäderland.
Juli: Ein Weltrekord und keine Möglichkeiten zu feiern
Während mancher kläglich daran scheitert, eine Weinflasche zu entkorken, hat der Eimsbütteler Johannes Leusch im Juli damit einen Weltrekord aufgestellt: 28 Flaschen in zwei Minuten. Über vier Monate hat er dafür geübt und rund 200 Flaschen entkorkt.
Im Sommer kündigt sich das Ende einer Eimsbütteler Institution an: Die Gastrokneipe Lál Pera muss ihre Räume in der Osterstraße 154 verlassen. Eine Online-Petition kann die Kündigung durch den Hauseigentümer nicht verhindern. Dieser will das Gebäude sowie die benachbarte Videothek abreißen lassen.
Für enttäuschte Gesichter sorgt auch das Osterstraßenfest, das 2022 erneut abgesagt wird. Der Grund: Die Ehrenamtlichen des Osterstraßen e.V. können die Organisation nicht alleine stemmen – das bis dahin damit beauftragte Event-Unternehmen war der Corona-Krise zum Opfer gefallen. Doch neue Termine fürs Osterstraßenfest stehen: 29. und 30. April 2023.
August: „Beach Express“ – die einen freut’s, die anderen nicht
Sommer, Sonne, Strand und Meer: Das dachte sich der HVV und hat einen „Beach Express“ für Eimsbüttel auf den Fahrplan gebracht. Durch eine Verlängerung der Linie 113 fährt seit August ein Bus von der Gärtnerstraße an den Elbstrand. Rund 30 Minuten soll die Express-Verbindung dauern.
In Eimsbüttel kommt das neue öffentliche Verkehrsangebot gut an: Mit einer gemeinsamen Fahrt weihen die Mitglieder des Kreativhauses die Buslinie ein – bunte Verkleidung und selbst komponierte Lieder inklusive.
Doch was wäre eine gute Idee ohne Neider, die sie kritisieren. Der „Beach Express“ sorgt auch für Diskussionen. Die taz findet es unfair, dass Eimsbüttel einen „Beach Express“ bekommt – und andere Stadtteile leer ausgehen. „Wirkt wie … unangebrachte Eifersüchteleien“, kommentierte unsere Autorin.
September: Gute Nachrichten und Konfliktpotenzial
Im September erwacht die Politik aus der Sommerpause – mit guten Nachrichten für das Museum am Rothenbaum (Markk). Das Museum erhält 61,5 Millionen Euro vom Bund für eine umfangreiche Modernisierung. Außerdem nimmt die im Februar angekündigte Umgestaltung des Eppendorfer Wegs Form an – eine Bürgerbeteiligung startet.
Weniger Grund zur Freude haben im September die Eimsbütteler Grünen. Diese rechnen fest mit einer Fahrradzone im Grindelviertel, bis die SPD dem Projekt den Rücken zukehrt und im Hauptausschuss dagegen stimmt. „Der Grindel ist der falsche Standort für ein riesiges Experiment“, sagt SPD-Politiker Gabor Gottlieb. Und die Grünen? „Das macht mich sprachlos“, sagt Kathrin Warnecke.
Der September ist auch der Monat der großen Immobiliengeschichten: Sowohl die Villa Lupi im Heußweg als auch die Grindelhof-Terrassen sorgen für Aufsehen.
Und: Mit drei Monaten Verspätung eröffnet Ende September nach zweieinhalb Jahren Bauzeit der Schnelsener Deckelpark. Auf dem A7-Tunnel sind Parks und Kleingärten entstanden.
Oktober: Brandstiftung an iranischer Schule
Im Herbst kommt es im Iran zu landesweiten Protesten gegen die autoritäre Regierung. In Hamburg führte das zu Diskussionen über das Islamische Zentrum, das die Blaue Moschee an der Alster betreibt. Mitte Oktober brennt die Schule der Islamischen Republik Iran in Stellingen. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Inwieweit das Feuer mit der Protestbewegung im Iran zusammenhängt, ist bislang unklar.
Im Oktober schickt die Weihnachtszeit ihre ersten Vorboten. Der Osterstraßen e.V. kündigt an, dieses Jahr auf die Weihnachtsbeleuchtung in der Osterstraße zu verzichten. Schuld daran ist die Energiekrise.
Gute Nachrichten kommen hingegen aus dem Grindelviertel: Nach zweijähriger Zwangspause kehrt der „Christgrindelmarkt“ zurück.
November: Blick in die Zukunft
Happy End fürs Lál Pera: Die Gastrokneipe hat einen neuen Standort gefunden und ist in die Bundesstraße gezogen.
In eine ungewisse Zukunft blickt währenddessen Karstadt in der Osterstraße. Seitdem sich „Galeria Karstadt Kaufhof“ im Schutzschirmverfahren befindet, ist offen, wie es mit den Hamburger Filialen weitergeht.
Ende November beginnt die 22. Fußball-Weltmeisterschaft. Vorab machen verschiedene Eimsbütteler Bars und Kneipen klar, dass sie das Sportevent, das unter fragwürdigen Bedingungen in Katar stattfindet, nicht mit öffentlichen Übertragungen unterstützen.
Dezember: Eine Frage bleibt offen
Im Dezember erhält der Eimsbütteler Dominik Bloh das Bundesverdienstkreuz. Er hat „GoBanyo“ mit gegründet – ein Projekt, das obdach- und wohnungslosen Menschen den Zugang zu Sanitäranlagen ermöglicht.
Es tut sich etwas in der Verkehrspolitik – zugunsten von Fahrradfahrern: An der Bundesstraße, Ecke Kaiser-Friedrich-Ufer, haben künftig Fußgängerinnen und Radfahrer Vorfahrt. Autos müssen an der Ampel warten. Und: Eine Geschwindigkeitssäule an der Rothenbaumchaussee soll Radlern künftig die Wartezeit an Ampeln verkürzen.
Ende des Jahres wird bekannt, dass Edeka Niemerszein an der Osterstraße wachsen soll – zumindest wenn alles nach Plan läuft.
Eine Frage bleibt zum Jahresende offen: Wie geht es mit der Bezirksamtsleitung weiter? Weil die Grünen eine Kooperation mit der SPD ablehnen, scheint eine weitere Amtszeit von Kay Gätgens ausgeschlossen. Neue Kandidaten für das Amt gibt es nicht. Sollte es dabei bleiben, wird das Bezirksamt im kommenden Jahr vorübergehend von Gätgens‘ Stellvertreterin Sonja Böseler geleitet.
Das war’s mit 2022. Wir wünschen ein frohes neues Jahr 2023.
Bis dahin!
lokal. unabhängig. unbestechlich.
Eimsbüttel+
Mit Eimsbüttel+ hast du Zugriff auf alle Plus-Inhalte der Eimsbütteler Nachrichten. Zudem erhältst du exklusive Angebote, Deals und Rabatte von unseren Partnern.